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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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sie dreimal, ob die Warmhalteplatte der Kaffeemaschine auch tatsächlich ausgeschaltet war. Und wenn sie ihren Wagen irgendwo parkte, kontrollierte sie mit der Hand, ob die Türen auch wirklich abgeschlossen waren.
    Und ausgerechnet hier in der Wildnis ließ sie alle Sicherheitsbedenken sausen und verlor prompt Hab und Gut.
    Moment mal?!
    Karen spürte, wie sich die Haut hinter ihren Ohren zusammenzog. Ein Gefühl, das sich von dort aus wie eine Welle über ihren ganzen Körper ausbreitete.
    Wenn sie noch vor ein paar Minuten davon ausgegangen war, dass sich niemand außer ihr in dem stillen Waldstück aufhielt, sie sich aber ganz offensichtlich geirrt hatte, dann war es im Prinzip doch auch möglich, dass sie sich erneut täuschte, oder?
    Als dieser Gedanke in ihrem Kopf erst einmal Gestalt angenommen hatte, reichte ein leises Knacken im Unterholz, um sie auf die Füße zu treiben. Wie gehetzt stolperte sie auf die Straße zurück, fiel hin, rappelte sich auf, lief weiter, wagte nicht sich umzusehen.
    Mittlerweile warfen die Bäume lange unheimliche Schatten, die nach ihr zu greifen schienen. Erste heftige Böen warnten vor einem nahenden Gewitter.
    Karen zählte sich nicht zu den besonders ängstlichen Menschen. Aber jetzt und hier hätte sie wer weiß was dafür gegeben, mit ihrer Großmutter gemütlich vor dem Fernsehgerät zu hocken.

Vier
    Sollte Karen daran gezweifelt haben, dass ihre Pechsträhne noch steigerungsfähig war, wurde sie nun rasch eines Besseren belehrt. Das Gewitter, das sich bereits angekündigt hatte, entlud sich mit heftiger Gewalt. Obwohl es gerade erst halb neun war, hatte der Himmel sich derart verfinstert, dass Karen, fernab jeglicher Straßenbeleuchtung, kaum noch die Hand vor Augen erkennen konnte. Wie aus Kübeln prasselte der Regen auf sie herab. In Sekundenschnelle durchnässte er sie bis auf die Haut. Viel mehr jedoch fürchtete sie sich vor den Blitzen, die in unregelmäßigen Abständen aufflammten und die Landschaft in grelles Licht tauchten. Als Stadtmensch fiel es ihr schwer abzuschätzen, wie weit das Gewitter von ihrer eigenen Position noch entfernt war. Sie versuchte die Abstände zwischen Blitz und Donner zu zählen, doch weil ihr mittlerweile die Zähne vor Kälte aufeinanderschlugen, geriet sie immer wieder aus dem Rhythmus.
    Karen schöpfte Hoffnung, als sie endlich ganz in der Nähe, an einem Hang etwas unterhalb der Straße, ein Gebäude entdeckte. Es lag im Dunkeln und sah nicht überwältigend einladend aus, aber es bot ein Dach über dem Kopf, und das war mehr, als sie sich im Augenblick erträumte.
    Die Aussicht, im Trockenen abwarten zu können, bis das Gewitter vorüber war, trieb Karen den Hang hinunter. Doch das Gras war vom Regen nass und rutschig. Nach zwei Schritten legte Karen den Rest der Strecke auf dem Hintern zurück.
    »Verdammter Mist, blöder. Ich seh aus wie ein Schwein! Wenn die Polizei mich in diesem Aufzug ergreift, lande ich unter Garantie im Knast!« Um in dieser Einsamkeit wenigstens von Zeit zu Zeit eine vertraute menschliche Stimme zu hören, hatte Karen begonnen, mit sich selbst zu reden. Besser die eigene als gar keine Gesellschaft.
    »Karen Rohnert, du benimmst dich wie eine alte vertrocknete Jungfer. Aus welchem Grund sollte die Polizei dich verhaften? Noch hast du Kevin schließlich nicht umgebracht. Noch hast du ihm nicht mit seinem eigenen Brieföffner den Bauch aufgeschlitzt, seine Gedärme in der Gegend verstreut, ihn mit Stroh ausgestopft und dann auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Aber der Tag wird kommen, an dem du dich mit Genuss an seinen Qualen weiden wirst. Du wirst sein Blut aus einer goldenen Tasse trinken und es dann in hohem Bogen wieder auskotzen! Entschuldigung, Oma. Ich meine natürlich erbrechen.« Sich immer mehr in Rage redend, umkreiste Karen das Gebäude auf der Suche nach einem Eingang. Aus der Nähe betrachtet glich es allerdings mehr einem Heuschober als einem richtigen Haus.
    »Das hier ist alles deine Schuld, Kevin!«, hob sie theatralisch den Blick gen Himmel. Dabei hatte Kevin sich mit Bestimmtheit dort oben noch nicht eingefunden. Für ihren eigenen Werdegang legte sie allerdings nicht mehr sehr lange die Hand ins Feuer, wenn sie nicht bald aus dem nassen Kleid herauskam. Es war doch längst wissenschaftlich erwiesen, dass eine dauerhafte Unterkühlung zu Lungenentzündung und anderen todbringenden Krankheiten führen konnte.
    »Upsa! Das kam jetzt aber plötzlich!« Überrascht stolperte sie ins Haus, als

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