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Wer braucht denn schon Liebe

Wer braucht denn schon Liebe

Titel: Wer braucht denn schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marte Cormann
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Staatskosten in einem Hotel der gehobenen Mittelklasse am Brenner verbracht hatte. Auf sehr angenehme Art und Weise – oberflächlich betrachtet.
    Wie es unter den dunkel getönten Gläsern ihrer aus Mafiageldern finanzierten neuen Sonnenbrille aussah, ging keinen was an.
    Lorenzo.
    Ein einziges Debakel.
    Als Karen schließlich die behördliche Erlaubnis für ihre Rückkehr nach Deutschland erhielt, verkniff sie sich die Frage, weshalb sich niemand über ihre offensichtlich gefälschten Ausweispapiere wunderte.
    Bloß keine weiteren Komplikationen.
    Bloß schnell nach Hause.
    Und nun lag sie endlich auf ihrem eigenen Bett in dem Zimmer, in dem sie sich schon als Kind in den Schlaf geweint hatte, und sehnte sich einfach bloß fort.
    War das konsequent?
    Karen wälzte sich auf die Seite und wühlte in ihrer Nachttischschublade nach der Packung Aspirin plus C, die sie dort gegen Monatsschmerzen und sonstige Unpässlichkeiten deponiert hatte, nahm sie dann aber doch nicht, weil man sie in Wasser auflösen musste. Sie verspürte nicht die geringste Lust, auf dem Weg zum nächsten Wasserhahn ihrer Großmutter zu begegnen. Lieber ertrug sie den dumpfen Druck in ihrem Kopf noch etwas länger.
    Dann leide ich eben still und tapfer.
    Entsprechend unlustig griff Karen nach ihrem Handy, als ein Anruf kam.
    »Karen, bist du es?«
    »Kevin?!« Alarmiert stützte sie sich auf die Ellenbogen. »Rufst du von Italien aus an?«
    »Ehrlich gesagt nein. Es gibt da ein paar Dinge, über die ich gerne mit dir reden würde. Können wir uns sehen?«
    Karen ließ im Geiste die Liste der Geschenke Revue passieren, die er ihr im Laufe ihrer, wie sich herausgestellt hatte, nicht sehr krisenfesten Beziehung gemacht hatte. Außer einer wertvollen Armspange, die sie zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte, war eigentlich nichts Nennenswertes dabei gewesen. Ob er die zurückfordern wollte, damit er sie seiner glutäugigen Theresa schenken konnte?
    »Ich sehe eigentlich keinen Grund dafür«, reagierte sie entsprechend vorsichtig.
    »Bitte, Karen. Es ist wirklich wichtig. In einer halben Stunde bei Gschwind?« Das Restaurant Gschwind zählte zu den besten, die die Stadt zu bieten hatte. Wenn Kevin sie dorthin einlud, musste ihm das Treffen wichtig sein.
    »Also gut. Sagen wir in fünfundvierzig Minuten.« Karen unterbrach das Gespräch, bevor er noch etwas erwidern konnte. Wenn die Neugier sie nicht treiben würde, hätte sie ihm überhaupt nichts zu sagen. Aber sich mit ihm zu treffen war vermutlich allemal besser als im Selbstmitleid zu versinken.
    Sie rollte sich von ihrem Bett, ging die wenigen Schritte hinüber zu ihrem Kleiderschrank und öffnete weit beide Türen. Was sollte sie anziehen? Nichts, entschied sie zwanzig Sekunden später. Jedenfalls nichts Besonderes. Vielleicht sollte sie sogar tatsächlich nackt gehen. Schließlich hatte sie im Gegensatz zu Kevin, dem Schuft, mit dessen emotionalem Geniestreich das Schicksal erst seinen Lauf genommen hatte, nichts zu verbergen.
    Sie würde so gehen, wie sie war. In einer Jeans, einer einfachen Hemdbluse, fast ohne Make-up. Da die Zeit zu knapp war, um vorher noch die Haare zu waschen, band sie die mal wieder einfach nur im Nacken zusammen. Als sie sich mit einem kupferfarbenen Lipgloss den Mund schminkte, stellte sie zufrieden fest, dass sie genau so aussah, wie sie aussehen wollte. Natürlich, ohne das geringste Brimborium.
    Sie schnupperte, als sie die Tür zum Flur hinaus öffnete. Der Duft nach kross gebratenen Bratkartoffeln zog durch die Wohnung und stimulierte ihre Geschmacksnerven. Unbestritten ihr Lieblingsessen. Und Oma Käthes Art, um Frieden zu bitten. Doch diesmal ging es nicht um irgendeine harmlose Kleinigkeit. Diesmal stand mehr auf dem Spiel. Nämlich das Vertrauen und der Respekt zwischen Menschen, die sich liebten.
    Karen atmete tief durch, bevor sie den Kopf in die Küche steckte, wo ihre Oma wie so häufig am Tisch hockte und in einem ihrer heiß geliebten Yellowpress-Hefte blätterte.
    »Wenn man liest, was in der Welt alles so geschieht, geht es uns doch noch richtig gut«, erklärte Oma Käthe bestimmt, ohne den Kopf zu heben. »Erst stirbt die arme Queen Mum, und dann erwischt es auch noch den armen Alfonso von San Marcino. Schlaganfall.« Sie setzte eine wohl dosierte Pause, um listig hinzuzufügen: »Er ist genauso alt wie ich.«
    »Aber im Gegensatz zu ihm ist meine arme Großmutter kerngesund«, entgegnete Karen ungerührt. »Warte nicht auf mich, es kann spät

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