Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
öffnen, aus Angst, die Anstrengung könnte zu groß für ihn sein. Diego hob grüßend die Mütze, als ich eintrat und zum Apartment meiner Großmutter hinauffuhr.
»Harriet?«, rief ich, als ich in den Korridor trat, wobei meine Absätze auf dem Fischgrätparkett klapperten. »Ich bin’s, Andi.« In der Wohnung hing stets der Geruch von Murphy’s Ölseife und Fleur De Rocaille, dem Lieblingsparfum meiner Großmutter. Das mag sich nach einer reichlich merkwürdigen Kombination anhören, aber für mich war es der Geruch von Zuhause.
»Sie ist nicht da«, sagte Bernice, die im Türrahmen des Esszimmers erschien. »Sie ist heute Morgen nach Paris abgeflogen.«
»Einfach so.« Ich seufzte. Obwohl sie angekündigt hatte, dass sie abreisen wollte, hatte ich gehofft, dass sie unter diesen Umständen ausnahmsweise bleiben würde.
»Es war kein spontaner Entschluss, Andi. Man erwartet sie.«
»Ja, stimmt, aber vielleicht hätte ich sie ja auch gebraucht.« Doch es brachte nichts, meine Enttäuschung an Bernie auszulassen. »Und was machst du hier?«
»Ich räume auf. Hier herrscht jedes Mal ein heilloses Durcheinander, wenn Harriet aufbricht. Deshalb dachte ich, es wäre gut, wenn ich klar Schiff mache, damit alles in Schuss ist, wenn sie zurückkehrt. Wieso kommst du nicht in die Küche, dann mache ich dir etwas zu essen. Das wird dir guttun.«
»Ich habe bei Bethany Kekse gegessen und bin nicht sehr hungrig.«
»Kekse sind kein Essen«, tadelte sie. »Und schon gar nicht diese Zuckerbomben von Dean & DeLuca. Ich mache dir ein paar Eier. Und Muffins sollten auch noch welche da sein.«
Die Küche war wohl mein Lieblingsraum in der Wohnung meiner Großmutter. Sie war so riesig, dass sie einer Kochinsel in der Mitte Platz bot, und stets der perfekte Ort, um alle Arten von Kindheits- und Teenagertragödien hinter sich zu lassen. Von aufgeschlagenen Knien bis zum ersten Liebeskummer – diese Küche hatte alles gesehen.
Ich machte mir eine Tasse Tee und setzte mich auf den uralten gelben Tritthocker in der Ecke, während Bernie die Zutaten für ein Omelett zusammensuchte.
»Also war es kein sehr erfolgreicher Abend«, stellte sie fest und verquirlte Eier, Salz und Pfeffer.
»Nicht unbedingt mein allerbester, nein«, antwortete ich, während mir ein höchst unerfreulicher Gedanke kam. »Du wusstest nichts von all dem, oder? Von Altheas Arrangement mit Ethan, meine ich.«
»Ich hatte keine Ahnung«, erwiderte Bernie. »Du weißt doch, dass Althea nicht über Geschäftliches mit mir spricht.«
»Geschäftliches.« Ich schnaubte. »Das ist ja lachhaft. Ich bin ihre Nichte, keine Klientin, verdammt noch mal!«
»Es war eine Partnervermittlung, Andi. Damit verdient sie ihren Lebensunterhalt.«
»Das stimmt, aber normalerweise wissen beide Beteiligten Bescheid. Und ich hätte bei so etwas nie im Leben zugestimmt. Althea weiß genau, wie ich es finde, wenn sie sich in mein Leben einmischt. Ich kann kaum glauben, dass sie das getan hat.«
»Sie hat getan, was sie für das Beste hielt.« Das Fett zischte in der Pfanne, als Bernie die Eier hineingleiten ließ.
»Dann hat sie sich grundlegend geirrt. Und dank ihrer Einmischung hat sie jetzt auch noch meine Karriere zerstört.«
»Das ist wohl leicht übertrieben.«
»Kann sein«, räumte ich achselzuckend ein, »aber sie hat es geschafft, mich zum Gespött der Leute zu machen. Hast du die Zeitungen gelesen?«
»Nur die Post .« Bernie gab etwas Gruyère-Käse und Frühlingszwiebeln zu den Eiern.
»Die Daily News war genauso schlimm.«
»Und was bringt dich jetzt so auf die Palme?«, fragte Bernie. »Die Paparazzi?«
»Na ja, ich bin nicht gerade scharf darauf, öffentlich gedemütigt zu werden. Aber, nein, das ist nicht der Hauptgrund. Ich bin am Boden zerstört, weil alles an meiner Beziehung mit Ethan eine Lüge war.«
»Aber die Tatsache, dass sie eure Begegnung arrangiert hat, muss doch nicht bedeuten, dass alles eine Lüge war.«
»Doch, allerdings. Insbesondere wenn Diana recht hat und Althea ihm tatsächlich eine Belohnung für seine Dienste versprochen hat.«
»Und du bist sicher, dass Diana die Wahrheit sagt?«
»Nein. Aber ich sehe keinen Grund, weshalb sie lügen sollte.«
»Wir reden hier über Diana Merreck.«
»Stimmt, aber sie wusste ja nicht, dass ich lausche.« Wieder fühlte sich mein Herz an, als wäre es durch einen Schredder gejagt worden. »Und wenn er nur aus Mitleid eingewilligt hat, ist das Ganze trotzdem ein kranker Scherz.«
»Ich
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