Wer Braucht Schon Eine Gucci-Tasche
Fernsehliga, aber etwas Budget ist doch vorhanden. Außerdem haben wir schon zwei Teilstücke aufgezeichnet, deshalb muss ich dasselbe tragen wie letztes Mal. Und die Sachen hängen im Studio.«
»Was wohl besser so ist«, bemerkte Althea mit einem Seitenblick auf erwähntes Cocktailkleid. »Trotzdem gefällt es mir nicht, dass du so kurz nach dem Unfall wieder aufstehen willst. Der Arzt hat gesagt …«
»Zwölf Stunden«, erinnerte ich sie. »Und die sind längst vorbei.«
»Ich sollte dich begleiten«, erklärte sie seufzend, »aber wie gesagt, ich habe leider einen Termin. Vielleicht kann ich ihn ja verlegen.«
»Du brauchst nicht mitzukommen«, protestierte ich. Gerade einmal fünf Minuten wach, und schon fing es wieder an. »Ich kann ein Taxi nehmen.«
»Unsinn. Aber ich weiß, was wir machen.« Sie strahlte, als hätte sie gerade einen internationalen Rahmenvertrag unter Dach und Fach gebracht. »Wenn du darauf bestehst, ins Studio zu fahren, kann Wilson dich ja hinbringen.«
»Und wer fährt dich?« Auch wenn es unvernünftig war, bewegte sich Althea gern mit Stil fort. »Ich bestelle mir eine Limousine. Oder ein Taxi.« Sie nickte, als käme das jeden Tag vor. Was es nicht tat. »Also? Abgemacht?«
»Von mir aus«, stimmte ich zu, in der Annahme, dass es in gewisser Weise ein Kompromiss war, auch wenn ich nicht erkennen konnte, was für einer.
»Gut, dann wäre das geklärt. Wilson fährt dich ins Studio und bringt dich anschließend wieder her. Bis dahin sollte ich zurück sein, so dass wir eine Entscheidung treffen können, ob du nach Hause zurückkehren kannst oder nicht.«
Mit wir war selbstverständlich sie gemeint. Althea war keine Frau, die demokratische Entscheidungen traf. Besonders nicht im Hinblick auf mich. Doch im Moment war ich nicht in der Verfassung für eine Auseinandersetzung.
»Oh«, sagte sie, »beinahe hätte ich es vergessen. Bernice hat dir Frühstück gemacht.« Bernice Hartley war Wilsons Frau und die beste Köchin der Welt. Ehrlich. Sie zauberte die köstlichsten Blaubeermuffins auf dem gesamten Planeten, und ich versuchte schon seit Jahren, ihr das Rezept abzuluchsen.
Althea winkte, und wie von Zauberhand erschien Bernie mit einem Tablett in der Hand im Türrahmen – vermutlich hatte sie an der Tür gelauscht.
»Also«, strahlte Althea, während ich mich im Bett zurücklehnte und Bernice das Tablett über meinen Beinen abstellte. »Alles ist arrangiert. Und ich bin im Handumdrehen wieder da.« Sie beugte sich vor, um mir einen Luftkuss auf die Wange zu hauchen, dann schwebte sie zur Tür hinaus.
»Sie versteht es, sich einen Abgang zu verschaffen«, bemerkte ich, als Bernie sich zu mir auf die Bettkante setzte.
»Sie macht sich große Sorgen um dich.«
»Kann sein. So wie Althea sich eben Sorgen um andere Menschen macht.«
»Andi«, tadelte Bernie.
»Tut mir leid. Ich bin wohl ein bisschen durch den Wind.«
»Was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, was du durchgemacht hast. Wie fühlst du dich?«
»Ein bisschen mitgenommen«, gab ich zu und ließ zur Demonstration meine Schulter kreisen. »Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, hätte es schlimmer ausgehen können.«
»Ich meinte das mit Dillon«, sagte sie. Wahrscheinlich sollte ich anmerken, dass ich Bernice schon seit Teenagertagen all meine Sorgen anvertraute. Bereits vor meiner Geburt hatte sie für meine Großmutter gearbeitet, und ihre Küche war immer eine Art Zufluchtsstätte für mich gewesen. Besonders nach dem Verschwinden meiner Mutter. »Ich weiß, dass es dir sehr wehtut.«
»Es ist eher ein Gefühl der Betäubung«, sagte ich und biss in den Blaubeermuffin. »Ich hatte keine Ahnung, dass er eine andere hat.«
»Vielleicht stößt er sich ja nur die Hörner ab.«
»Ich will mir lieber nicht ausmalen, wo und wie er das tut.« Bei Diana-scheiß-Merreck. Igitt.
»Ich verstehe ja, dass du verbittert bist, aber Männer haben nun einmal größere Probleme damit, eine feste Bindung einzugehen, als Frauen.«
»Wilson aber nicht.« Wilson hatte Bernice praktisch von dem Augenblick an geliebt, als er sie sah, und Bernice war diejenige gewesen, die sich ein wenig geziert und Zeit gelassen hatte. Aber am Ende hatte auch sie sich in ihn verliebt, und die beiden waren seit über zwanzig Jahren zusammen. Von abzustoßenden Hörnern also keine Spur.
»Er war sich seiner Sache ziemlich sicher, nicht?« Sie lächelte liebevoll und tätschelte mein Bein. »Jedenfalls bin ich sicher, dass auch
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