Wer braucht schon Liebe
persönlichen Einkaufsberater von der Stylistin. Ich weiß, wem das gefallen würde. Ich lege den Gutschein für Sarah beiseite, dann gehe ich zum Mülleimer und fische auch den Gürtel für sie wieder heraus. Rachel wird es nichts ausmachen. Bei uns gibt es ein ungeschriebenes Gesetz. Alle unerwünschten Geschenke gehen an Sarah, die nicht halb so viele Sachen hat wie wir und die sich wirklich darüber freut. Vom Rockstar kriege ich einen Haufen Klamotten, einzeln verpackt, wahrscheinlich von der Stylistin ausgesucht. Das letzte Geschenk hat ein anderes Geschenkpapier als der Rest. Ich lese den Geschenkanhänger, und mein Herz beginnt zu klopfen. Ich kann nur denken: Wie? Ich versuche dahinterzukommen. Der Tag, als er vorbeigekommen ist und ich ihn nicht sehen wollte … Er muss es Marsha gegeben haben. Aber warum hat sie es mir nicht gleich gegeben, statt es zu den anderen Geschenken zu legen? Wahrscheinlich hat sie gewusst, was ich damit gemacht hätte.
Als ich es öffne und sehe, was es ist, kann ich es nicht fassen. Es ist genau die Kette, die Pat mir geschenkt hat, weil sie bemerkt hat, wie ich sie bewundere. Ich stelle mir vor, wie er in den Laden geht. Hat er um Hilfe gebeten? Oder wusste er gleich, was mir gefallen würde? Und als sich meine Augen mit Tränen füllen, weiß ich die Antwort.
Am nächsten Tag passiert etwas sehr Seltsames. Sarah passt mich in der Schule allein ab. Sie sieht verlegen aus, was gar nicht zu ihr passt.
» Es tut mir leid«, sagt sie. » Wegen David.«
» Oh. Okay. Richtig. Danke.«
Sie sieht auf ihre Dubarry-Schuhe. » Ich meine, ich weiß, dass du keine Lust auf tiefgründige Gespräche und so hast. Aber ich wollte einfach sagen, Mist. Du weißt schon.«
» Danke.«
» Ich wollte es dir schon gestern sagen, als du nach Weihnachten zurückgekommen bist, aber immer war jemand in der Nähe.«
Ich nicke.
» Alex?«
» Ja?«
Und dann beginnt sie so schnell zu reden, ohne zwischendurch Luft zu holen, als würde es ihr schon lange auf der Seele liegen. » Es tut mir so leid, dass ich damals in Bray mit David geflirtet habe. Ich habe so getan, als wäre es keine große Sache. Weil ich nicht wollte, dass eine daraus wird. Aber ich habe mit ihm geflirtet. Ich weiß nicht, warum. Ich weiß, er ist caliente, aber ich steh nicht auf ihn. Und will auf gar keinen Fall, dass du sauer bist auf mich. Ich glaube, ich war einfach so deprimiert, dass dieser Typ nicht aufgetaucht ist … Aber ich schwöre bei Gott, ich habe es nicht absichtlich getan. Ich meine, wenn ich auch nur eine Sekunde darüber nachgedacht hätte, hätte ich es nie getan. Ich schwöre.«
» Ist schon gut, Sarah. Vergiss es.«
» Bist du sicher? Weil ich mich total hasse deswegen, weißt du? Du bist meine beste Freundin, na ja, du und Rachel, ihr beide, und du bist mir so wichtig und ich wollte dich nie wütend machen. Und ich will mich für die vielen Male, die ich wegen deiner Mutter ins Fettnäpfchen getreten bin, entschuldigen. Ich weiß nicht, wieso mir das immer wieder passiert, aber es passiert, und je mehr ich versuche, es nicht zu tun, umso mehr passiert es. Und, ach, es tut mir so leid …«
Ich lächele. » Ist schon gut. Wirklich. Mach dir keine Gedanken. Okay?«
Sie nickt. Dann fragt sie noch mal, ob ich sicher bin.
» Komm her«, sage ich. Und wir umarmen uns.
32 Die nackte Kanone
Hausarrest soll eigentlich kein Zuckerschlecken sein. Aber für mich ist es das. Mir gefällt es, dass es jemanden gibt, der will, dass ich zu einer bestimmten Zeit zu Hause bin. Der tatsächlich darauf wartet, dass ich zur Tür hereinkomme. Der in der Küche steht, wenn ich heimkomme. Und mich fragt, wie mein Tag war. Wir führen jetzt gemeinsam den Hund Gassi. Ich helfe ihm beim Abendessen. Wir sehen uns zusammen Filme an. Ich sehe ihn nie arbeiten. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit bin ich gern daheim. Es gefällt mir auch, dass ich eine Entschuldigung habe, wenn jemand anruft und fragt, ob ich weggehen will. Weswegen ich beschlossen habe, dass ich weiterhin Hausarrest habe. Ich sage nichts, mache einfach nur mit meinem neuen Ablauf weiter.
Eines Tages trägt Dad die Sonnenbrille nicht mehr. Bald verschwindet auch der Bart. Dann, am Abend vor Mums Todestag, erwartet mich die dritte Überraschung: Er schlägt vor, dass wir etwas tun, damit es ein besonderer Tag wird.
Ich fühle, wie mein ganzes Gesicht aufleuchtet. » Wirklich?«
» Vielleicht können wir uns einen Film anschauen, den sie mochte – oder so
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