Wer braucht schon Liebe
dich gemacht.«
Wieder habe ich ein schlechtes Gewissen. » Es ist nur eine Erkältung.«
» Bist du im Bett?«
» Yep«, sage ich und setze mich drauf, damit ich nicht wieder lügen muss.
» Braves Mädchen. Pass auf dich auf, okay?«
» Okay. Danke, Gran.«
Wir legen auf. Und ich weine wieder.
23 Mein anderes Leben
Die restliche Woche über höre ich von niemandem mehr etwas. Darüber müsste ich eigentlich froh sein. Das ist genau das, was ich wollte. Aber ich bin nicht froh. Ich vermisse David wie verrückt. Und dabei ist er noch nicht mal weg. Der Rockstar kommt aus London zurück. Also stehe ich auf und dusche wie angekündigt. Öffne die Fenster. Ziehe mir was Frisches an. Ich gehe sogar raus. Um mit Homer Gassi zu gehen. Die kalte Luft, die mir ins Gesicht weht, weckt mich auf. Ich blinzele in die Sonnenstrahlen wie jemand, der gerade aus einer Höhle herausgetreten ist.
Ich meide den Killiney Hill. Und den Strand.
Armer Homer. Wenn ich mit ihm an der Straße Gassi gehe, muss ich ihn an die Leine nehmen. Und das hasst er. Wir hassen es beide. Er zerrt mich vorwärts, ich zerre ihn zurück. Es ist der reinste Kampf.
Es fängt an zu nieseln. Und es ist sehr kalt. Dann läuft Homer mir plötzlich vor die Füße, um einen Stock vom Straßenrand aufzuheben. Ich stolpere nach vorn.
» Homer, verdammt!«, brülle ich ihn an.
Er duckt sich.
Wir marschieren weiter und der Nieselregen verwandelt sich in richtigen Regen. Doch das ist mir egal. Ich kehre nicht um.
Das Tauziehen geht weiter.
» Ich hätte dich auf die Hundeschule schicken sollen«, sage ich zu ihm.
Er beachtet mich nicht. Dann entdeckt er einen Hund auf der anderen Seite, rennt auf die Straße und zieht mich hinter sich her.
Ich reiße ihn zurück. » Bei Fuß!«, brülle ich. Was dumm ist. Denn ich habe ihm nie beigebracht, bei Fuß zu gehen. Er hat keine Ahnung, wovon ich rede. Er sieht zu mir hoch, als würde es ihm leidtun.
» Jetzt reicht’s, Kumpel, wir gehen heim.«
Einen Tag bevor die Praktika anfangen, sollen wir in die Schule kommen, um sicherzustellen, dass alle untergebracht sind. Da der Lehrer weiß, dass ich etwas gefunden habe, gehe ich nicht hin. Ich kann niemandem unter die Augen treten. Vor allem nicht David. Aber wahrscheinlich taucht der auch nicht auf. Es sind nur noch ein paar Tage, bis er wegzieht. Er wird mich bestimmt nicht sehen wollen.
Am nächsten Tag stehe ich früh auf. Keine Spur von Marsha oder dem Rockstar. Gott sei Dank. Ich würge ein paar Cornflakes hinunter. Dann ertappe ich Barbara dabei, wie sie mich ansieht, so als hätte ich einen Rückfall erlitten. Ich zwinge mich zu einem Lächeln. Und gehe raus zu Mike. Als der mich sieht, springt er anscheinend voller Tatendrang aus dem Auto. Lächelnd hält er mir die Tür auf.
» Gut zu sehen, dass du wieder auf den Beinen bist.«
» Danke.« Diesmal ist mein Lächeln echt. Denn ich weiß, dass unsere Kommunikation damit für die restliche Zeit, die wir unterwegs sind, erschöpft ist.
Er lässt mich auf dem Parkplatz in der Nähe des Ladens raus.
Und als ich darauf zugehe, bin ich froh, dass mich hier niemand kennt. Ich trete durch die Tür und bin einfach nur eine neue Praktikantin, nicht jemand mit Problemen, Sorgen, Schwierigkeiten.
» Hey, Alex«, sagt Pat. » Herzlich willkommen.« Sie umarmt mich sogar.
Ich lächele. Als wäre ich glücklich. Als wäre alles ganz leicht. » Danke.«
» Komm. Ich arbeite dich ein, bevor es hier richtig losgeht.«
Es tut gut, sich konzentrieren zu müssen. Es tut gut, gefordert zu werden. Es tut gut, keine Zeit zum Nachdenken zu haben. Der Morgen geht vorbei wie im Flug. Ich komme gut klar mit den Kunden – drängle nicht, bin nur hilfsbereit. Mir liegt wirklich etwas daran, dass sie das Geschäft glücklich verlassen. Und das scheinen sie zu merken. Ein paar gratulieren Pat sogar zu mir. Als es Zeit ist für die Mittagspause, bin ich müde. Aber auf gute Art müde. Ich verlasse den Laden ohne bestimmtes Ziel. Also hole ich mir einen Kaffee zum Mitnehmen und gehe hinunter ans Meer.
Am Nachmittag wird es ein bisschen ruhiger im Laden. Und Pat wird leider redseliger. Ich lege es nicht darauf an, irgendjemandem etwas vorzumachen, außer vielleicht mir selbst. Es beginnt mit einem Kompliment. Pat sagt mir, dass ich gut umgehen kann mit den Leuten.
» Meine Tochter Emily geht nicht mehr mit mir einkaufen«, sagt sie wehmütig. Und ich weiß nicht, warum sie mir das erzählt. Als ich noch eine Mutter hatte,
Weitere Kostenlose Bücher