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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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zu viel verlangt.
    » Vorsicht«, sagt er und tastet sich neben mir einen Weg nach unten.
    Endlich bin ich unten. » Bis dann, Louis.«
    Um von hier wegzukommen, muss ich an seinen Kumpels vorbei. Alles, was sie sagen, ist » Hey«, aber irgendwie läuft es darauf hinaus, dass er uns einander vorstellt.
    » Das ist Alex«, sagt er fröhlich zu ihnen, als wären wir auf einer Party oder so. Zu mir sagt er: » Johnny. Rob.«
    Ich hebe das Kinn. Sie heben das Kinn. Louis streckt die Hand nach dem Flachmann aus. Rob gibt ihm die Flasche. Louis nimmt einen Schluck und gibt sie an mich weiter. Und ich denke: Alkohl betäubt den Schmerz, nicht wahr? Ich kippe ihn mir hinter die Binde. Ich habe das Gefühl, als würde ich Feuer schlucken. Wie Drachenatem spucke ich ihn wieder aus. Dann lachen sie. Ich gebe den Flachmann zurück an Louis und gehe.
    » Hey! Wo gehst du hin?«
    Ich renne die Stufen hoch.
    » Alex, halt. Warte doch.« Er kommt hinter mir her.
    » Sehe ich so aus, als wäre mir nach Feiern?«, sage ich.
    » Vielleicht siehst du so aus, als könntest du ein bisschen Feiern gebrauchen«, lächelt er. » Kann ich mal kurz dein Handy haben?«
    Ich starre ihn an.
    » Es ist ein Notfall.«
    Das bezweifele ich. Trotzdem gebe ich ihm das Telefon, denn ich weiß, je eher ich es tue, umso eher kann ich gehen. Ich verschränke die Arme, um ihm zu verstehen zu geben, dass er sich beeilen soll. Er beginnt, die Tasten zu drücken. Dann sieht er auf und gibt es mir zurück.
    » Hier!«, sagt er. » Falls du deine Meinung änderst, hast du meine Nummer.«
    Ich verdrehe die Augen. » Toller Notfall.«
    » Alex, du solltest wirklich zusehen, dass du aus diesen Klamotten rauskommst.« Merkwürdig, Louis rät zum Ablegen von Kleidung, ohne etwas Anzügliches im Sinn zu haben.
    Ich sehe an mir hinunter und stelle zum ersten Mal fest, dass ich vollkommen durchnässt bin. Und genau wie eine Comicfigur, die erst abstürzt, nachdem sie feststellt, dass sie über die Klippe hinausgelaufen ist, stelle ich jetzt fest, dass mir kalt ist. Überfallartig erfasst mich die Kälte und dringt durch bis auf die Knochen. Meine Zähne beginnen zu klappern. Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, zittere ich am ganzen Körper. Wie konnte ich nur zulassen, dass ich so nass werde?
    » Hier.« Er zieht seine Jacke aus.
    » Ich will deine Jacke nicht.«
    Er hält sie mir hin. » Nimm schon«, sagt er wie ein Erwachsener, der ein kleines Kind überreden will.
    Sie ist noch warm von seinem Körper und sie ist mir viel zu groß. Die Ärmel reichen mir über die Hände. Dann passiert etwas sehr Merkwürdiges. Er zieht mir den Reißverschluss hoch bis unter das Kinn. Und einen winzigen Augenblick lang bin ich wieder ein Kind und mein Vater beschützt mich vor der Welt.
    » Danke«, sage ich und meine Stimme klingt selbst in meinen eigenen Ohren rau.
    » Wie kommst du nach Hause?«
    Mike fällt mir wieder ein. Ich sehe auf die Uhr. » Ich werde um sechs im Ort abgeholt.«
    » Dann geh lieber.«
    » Danke für die Jacke. Ich bring sie dir zurück.«
    » Hat keine Eile.«
    Kurz vor Mike komme ich auf dem Parkplatz an. Als er mich sieht, springt er aus dem Jeep und läuft mit großen Schritten auf mich zu.
    » Was ist denn mit dir passiert?«, fragt er besorgt.
    » Ich war spazieren. Das Meer ist ziemlich wild und deswegen bin ich ein bisschen nass geworden. Können wir fahren?«
    » Natürlich. Komm.« Im Auto dreht er die Heizung an. » Wo hast du die Jacke her?« Er mustert mich eingehend im Rückspiegel.
    » Jemand, den ich kenne, hat sie mir geliehen.«
    Er kneift die Augen zusammen. » Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
    » Ja, ja, alles klar.« Ich sehe aus dem Fenster.
    Als wir nach Hause kommen, fährt er nicht wie sonst weiter, um das Auto zu parken, sondern lässt es stehen und geht mit mir hinein.
    » Zieh lieber gleich die nassen Sachen aus. Ich sage Barbara, sie soll dir eine Suppe kochen.«
    » Ich habe keinen Hunger.«
    » Alex. Hier geht es nicht um Hunger. Deine Lippen sind blau. Du zitterst am ganzen Körper.«
    Im Augenblick erscheint es mir einfacher, zu tun, was er sagt. Also gehe ich nach oben, ziehe die Jacke aus und stelle mich schnurstracks unter die Dusche, immer noch in den Kleidern. Dort bleibe ich eine Ewigkeit und versuche, mich aufzuwärmen. Irgendwann ziehe ich mich aus. Schließlich komme ich wieder raus, aber nur, weil ich weiß, dass Mike mit der Suppe wartet. Ich wickle mich warm in mehrere Schichten und gehe, immer

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