Wer braucht schon Zauberfarben?
sie zeigt es nicht in vollem Ausmaß. Sonst wär ich nämlich bereits einen Kopf kürzer. Sie hat außerdem Angst vor Beliar. Man sieht es ihr an.
„Leben wir deshalb wie Bruder und Schwester zusammen? Wegen ihr? Einer schwarzen Hexe?“, haucht sie einer Ohnmacht nahe. Okay. Scheinbar hat er sie nicht angerührt. Das Teufelchen auf meiner Schulter führt gerade einen Freudentanz auf.
Beliar schweigt dazu.
„Wenn das die Männer im Zirkel erfahren, werden sie Euch stürzen, Herr. Das ist wider der Natur“, flüstert Hope aufgebracht. „Sie ist eine Besessene. Beschwört den Teufel.“ Mann, krieg dich wieder ein.
„Soll ich ihm schöne Grüße von dir ausrichten?“, spotte ich. Sie schlägt sich die Hand vor den Mund und läuft weg. Was für ein Angsthäschen.
„Ich bin gleich zurück“, erklärt Beliar und löst sich vor meinen Augen in Luft auf.
Ich glaube, er hat vor, über sie herzufallen und ihr die Erinnerungen rauszureißen. Tja, ich kann sie verstehen, ich wär auch eifersüchtig. Okay, also, wenn er nicht mit ihr geschlafen hat, dann hat es ihn voll erwischt – ich meine, Halloooo – sie ist wunderschön.
Ich warte, aber Beliar kommt nicht zurück. Irgendwann sinke ich in einen unruhigen Schlaf, in dem mich immer wieder Hopes hasserfüllter Blick verfolgt.
Jemand rüttelt mich wach. Beliar. Er ist zurück.
„Dein Vater hat zu einer Schlacht aufgerufen. Heute bei Sonnenuntergang treffen die weißen und schwarzen Hexen aufeinander“, flüstert er. Mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Die können es ja kaum erwarten, sich die Köpfe einzuschlagen.
„Ich werde nicht gegen dich kämpfen Beliar“, verkünde ich.
„Ich fürchte, wir haben keine andere Wahl“, stößt er emotionslos aus.
„Hast du einen Plan?“, will ich wissen.
„Ich werde dich im Austausch gegen Junus an deinen Vater zurückgeben“, informiert er mich.
„Und was dann?“, hake ich nach.
„Dann kämpfen wir“, erklärt er. Erschöpft setze ich mich auf und vergrabe meine Hände in meinen Locken. Was ist denn das für ein scheiß Plan?
„Ich werde nicht gegen dich kämpfen“, stelle ich erneut fest.
„Doch, das wirst du. Sie werden dich sonst töten. Ich kann meinen Untertanen nicht befehlen, dich zu verschonen. Das weißt du“, meint er.
„Beliar?“
„Hm.“ Seine Hand streichelt nachdenklich über meine Wange.
„Werden wir uns wiedersehen? Ich meine, nachdem wir das Schlachtfeld verlassen“, will ich von ihm wissen.
Er küsst meine Stirn. „Wir finden einen Weg, um uns zu sehen, Raven.“
„Nein“, hauche ich.
„Nein?“, wiederholt er stirnrunzelnd.
„Ich sagte dir bereits, du kannst nicht beides haben. Das vorhin war … ein Moment der Schwäche, aber niemals würde ich mich heimlich mit dir treffen. Mit dir schlafen, während deine Ehefrau mit den Kindern zu Hause auf dich wartet. Mich gibt es nur ganz oder gar nicht Beliar. Das ist mir wieder klargeworden, als uns Hope erwischt hat“, stelle ich fest.
Er rauft sich angestrengt die Haare. „Mehr kann ich dir nicht anbieten“, raunt er ärgerlich.
Ich nicke, während ich meine Tränen sauber runterschlucke. „Dann trennen sich am Schlachtfeld unsere Wege“, hauche ich.
„Ich kann dich nicht gehenlassen Raven“, flüstert er mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„Ich will dich Beliar, aber wenn, dann gehörst du mir allein. Ich teile dich mit niemandem. Du
wirst
mich gehenlassen“, erkläre ich forsch.
Er verlässt die Zelle ohne mich noch einmal eines Blickes zu würdigen. Ich schließe die Augen, wappne mich für die Einsamkeit, die mich bald beherrschen wird.
Es ist ein Bild des Grauens. Zwei Fronten stehen sich gegenüber. Schwarze Hexer, die allesamt in rabenschwarze Kleider gehüllt sind, auf der einen Seite des Schlachtfeldes. Weiße Hexer, die weiße Gewänder tragen, an der anderen Front. Es müssen hunderte sein. Sie tragen keine Waffen – wozu auch.
Beliar sitzt hinter mir auf einem weißen Pferd. Er hat mir wortlos ein schwarzes Kleid gehext, bevor wir aufgebrochen sind. Jetzt weiß ich auch wieso er die Farbe gewählt hat.
Ich erkenne meinen Vater, der auf einem schwarzen Hengst thront, auf der gegenüberliegenden Seite.
Wie durch ein stilles Zeichen setzt sich Beliar mit mir in Bewegung. Mein Vater löst sich ebenfalls synchron von seinem Heer. Gleichzeitig bewegen wir uns aufeinander zu.
Mein Vater hat ein Seil in der Hand, an dem Junus‘ Handfesseln befestigt sind. Er zieht ihn daran
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