Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
flechtet mir kleine Zöpfe ins Haar, die sie kunstvoll an meinem Kopf fixiert. Sogar weiße Blumen bindet sie daran fest. Toll, so fühlt sich ein Rollbraten, wenn er mit Petersilie verziert und für die Vitrine im Fleischgeschäft hergerichtet wird.
Sie klopft mir weißes Pulver ins Gesicht. Wow, noble Blässe war wohl zu der Zeit schon in Mode. Als sie mir einen weißen Rock anzieht und meinen Oberkörper in ein Mieder schnürt, keuche ich. Das ist viel zu eng. Meine Brust wird unnatürlich oben rausgequetscht. Ich drohe bereits zu ersticken, da zieht sie es noch fester zu. Das ist Wahnsinn, ich kann kaum atmen.
„Hattest du noch nie ein Mieder an?“ Ist das nicht offensichtlich? „Mach kleine Atemzüge“, rät sie mir. Danke, darauf wäre ich nie gekommen.
Der Spiegel enthüllt dann das ganze Ausmaß dieses Alptraums. Ich sehe absolut hübsch aus. Mein Haar war noch nie so schön drapiert. Meinen Ausschnitt als freizügig zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Durch das Mieder ist meine Taille so schmal, dass ich mich sogar selbst sekundenlang anschmachte.
„Sieh nur, wie schön du aussiehst.“ Wieso wünsch ich mir in dem Moment, hässlich wie die Nacht zu sein? Auch das würde das Ladenhüter-Szenario begünstigen.
Meine Fluchtpläne verpuffen wie Seifenblasen, als die zwei halbnackten, schrankartigen Gestalten hereintreten und mich hinauseskortieren. Sie tragen breite Gürtel und Eisenschellen an den Handgelenken. Mit denen ist sicher nicht gut Kirschenessen. Die Frau hat mir obendrein noch die Handgelenke hinter dem Rücken zusammengebunden. Das minimiert die Fluchtchancen gewaltig.
Der Sklavenverkauf ist bereits in vollem Gange. Ich beobachte alles durch einen Stoff, der den hinteren Teil der Bühne verbergen soll. Die Männer werden an den Meistbietenden verkauft. Der dicke Sklaventreiber preist sie euphorisch an. Ein paar von ihnen müssen sogar große Steine heben, um ihre Kraft zu demonstrieren. Bei manchen Sklaven übertreibt der Dicke so über die Maßen, dass die Leute schon lachen, weil die ausgestellte „Ware“ absolut nicht zu seinen Worten passen will. Ist wie bei uns in der Werbung. Da wird einem auch immer alles vorgegaukelt, was sich dann nach dem Kauf als Reinfall entpuppt.
Der Sklaventreiber kündigt das nächste Verkaufsobjekt – also mich – an. „Nun kommen wir zum Höhepunkt. Eine bildschöne Jungfrau.“ Hey, das war aber anders ausgemacht – wo wir wieder bei der Werbung wären. „Haar so schwarz wie die Nacht, feste Schenkel und ein Hinterteil, das zum herzhaft Zupacken einlädt.“
Was
? Lass meinen Hintern und meine Schenkel aus dem Spiel du Idiot.
Angst steigt in mir hoch. Automatisch mache ich ein paar Schritte zurück. Die Pranke des Riesens an meinem Arm, soll mich daran erinnern, dass Widerstand zwecklos ist. Ist angekommen, Mann.
Der Typ stößt mich durch den Schlitz des Stoffes direkt auf die Bühne. Ein paar Zuschauer pfeifen wild drauflos. So fühlt sich das also an, wenn man der Menge zur kollektiven Belustigung vorgeworfen wird. Ich drehe mich im Kreis, damit ich die Gegend nach Fluchtmöglichkeiten scannen kann.
Der Sklaventreiber stoppt mich in meiner Bewegung und reißt mir blitzschnell den Rock vom Leib. „Seht nur diese Beine.“ Was fällt dir ein, mir den Rock zu klauen du Penner. Na warte. Wütend verpasse ich ihm einen Tritt in den Bauch, der ihn ins Wanken bringt und auf seinem Allerwertesten landen lässt. Die Zuschauer brechen in Gelächter aus.
Die Kolosse betreten durch den Stoff die Bühne und kommen auf mich. Okay, nichts wie weg hier. Ich lasse mich auf den Bauch fallen und fädle die Beine durch meine, am Rücken zusammengebundenen, Arme. Das klappt auf Anhieb – ist doch immer wieder praktisch, wenn man sich verbiegen kann. Kraftvoll drücke ich mich in einen Handstand, drehe meinen Körper, mache einen Salto in eine aufrechte Position und sprinte weg. Der Bühnenrand ist bald erreicht. Die Riesen sind mir dicht auf den Fersen.
Plötzlich trifft mich etwas am Arm, stoppt mich abrupt und reißt mich ruckartig von den Beinen. Die gesamte Luft wird mir auf einmal aus der Lunge gequetscht, nachdem ich hart auf den Boden aufschlage.
Bei genauerer Betrachtung erkenne ich ein ledernes Band, das um meinen Oberarm gewickelt ist – eine Peitsche. Sie wird von einem der Kolosse gehalten, der sie langsam über seinen Unterarm fädelt und mich so an sich heranzieht. Scheiße tut das weh.
Ich bin noch nicht wieder ganz bei Sinnen, als
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