Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
in dem Alter von Nick – den ich auf höchstens 20 schätze.
Ich bin ihnen noch nie direkt begegnet, denn sie haben andauernd Unterricht. Nick geht mir seit der Backpfeife aus dem Weg. Manchmal höre ich einen lauten Knall aus der Halle, aber das ist auch schon alles.
Wenn ich ihre Betten mache oder nach ihren Feuerstellen sehe, ist nie jemand da. So viel zu meinem Plan, Nick dazu zu bringen, mir den Weg zum Steinkreis zu zeigen. Ich erwische ihn nicht mal in dieser verdammten Burg.
Der Wind bläst mir durchs Haar und löst meinen Zopf. Das passiert ständig. Ein Königreich für einen Haargummi. Wenn ich den Knoten zu fest ziehe, krieg ich ihn vielleicht nicht mehr auf. Daher lockert er sich ständig von selbst. Lord Thalis hat mir gesagt, ich darf nur das am Körper tragen, was er mir aushändigt. Nicht mal mit irgendetwas, das ich hier draußen finde, darf ich mir den Zopf festbinden. Ich habs probiert – er hat mir den improvisierten Haargummiersatz gleich abgenommen. Keine Ahnung, wieso er das nicht erlaubt – es war nur ein Stück von einem biegsamen Strauch. Sein Aberglaube ist wohl sehr stark ausgeprägt oder er will einfach nur seine Macht demonstrieren, die er über sein Eigentum – also mich – hat.
Ich schließe die Augen und atme die saubere Luft ein. Das ist hier mit Abstand das Beste. Überall riecht es nach frischer Luft und Wald.
Als ich die Augen öffne, steht Lord Thalis am Fenster und bewegt die Lippen. Sogleich treten die Jungs vom Fenster zurück. An ihrer Stelle fixiert er mich nun mit starrem Blick, bevor er ebenfalls zurücktritt.
In einem unbeobachteten Moment setze ich mich an den Brunnen und starre in die Tiefe. Ein paar Tränen haben sich aus meinen Augenwinkeln gelöst. Ja, okay, vielleicht bin ich minimal verzweifelt. Immerhin bin ich hier gefangen und lebe das Leben einer einsamen Sklavin. Nicht gerade die Zukunft, die ich mir erträumt hatte.
Keinen Wimpernschlag später landet ein Rabe auf dem Platz neben mir. Er legt den Kopf genauso schief, wie es der Touristenrabe, den ich bereits kenne, immer getan hat. Irgendetwas sagt mir, dass er es tatsächlich ist. Die Art, wie er mit den Flügeln schlägt und dabei von einem Bein auf das andere hüpft, ist einzigartig. Wie kommt er hierher? Kann er vielleicht durch den Steinkreis hüpfen, wie er will? Ich lächle. Er scheint mich zu verfolgen.
Das Tier sieht mich noch einmal an und erhebt sich in die Lüfte. Lange blicke ich dem Vogel noch hinterher. Wegfliegen, das wärs jetzt.
„Hope.“ Vor Schreck wäre ich fast in den Brunnen gefallen. Lord Thalis hält mich am Arm fest, da ich fast abgestürzt wäre und runzelt die Stirn. Mann, musst du dich so anschleichen.
„Ich habe ganze viermal nach dir gerufen.“ Ach so. Und ich hab dich wohl ganze viermal überhört. Ich stehe auf. Sein Blick ist starr auf mich gerichtet.
„Komm mit. Ich brauche dich für eine Demonstration.“ Wieso klingt das absolut nicht einladend? Kannst du dir nicht ein anderes Versuchskaninchen holen?
Widerwillig folge ich ihm in die große Halle und treffe auf die Jungs. „Darf ich dir meine Schüler vorstellen. Niclas kennst du ja bereits.“ Nick winkt mir zu. Sieht so aus, als wäre er nicht mehr sauer auf mich. „Das sind Damian, Lennox, Ramon und Duncan. Ich darf euch Hope vorstellen, meine Sklavin.“ Die Jungs sind allesamt recht ansehnlich und so muskelbepackt wie Nick. Das scheint hier Standard zu sein. Sonst sind sie aber recht unterschiedlich. Damian hat schwarze kurze Haare, Lennox ist strohblond, Ramon hat rotes Haar und Duncan hat braune Locken.
„Wir haben gerade über absolute Körperbeherrschung gesprochen. Für einen Magier ist es notwendig, nicht nur seinen Geist, sondern auch seinen Körper zu kontrollieren. Ich finde, du bist dafür ein gutes Beispiel Hope.“ Was
ich
? „Niclas sagte mir, deine Bewegungen sind die eines Akrobaten. Davon konnte ich mich ja bereits am Sklavenmarkt überzeugen. Ich will, dass du mir und meinen Schülern etwas vorführst.“
Wie bitte
? Alle Augen sind erwartungsvoll auf mich gerichtet. Ich gehe zu der Tafel, an der irgendwelche kryptischen Zeichen stehen und schreibe mit der Kreide:
Nur, wenn ich eine Hose anziehen darf
darauf
.
Der Lord zieht die Augenbrauen hoch und sagt: „Also gut.“ „Moment“, Nick stellt sich zwischen uns. Er wendet sich an seinen Lehrer: „Sie hat das noch nie gesehen. Wir wollen sie doch nicht verängstigen.“ Hä? Also ich weiß, wie eine Hose aussieht oder
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