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Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Titel: Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu Pera
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Haltung meinerseits stelle ich mich ihm herausgefordert entgegen.
    „Das reicht jetzt“, unterbricht der Lord unser böses Anfunkeln und wir betreten die Burg.
    Nick zieht fluchend Leine, da sind wir noch nicht einmal richtig durch die Tür. Ich fasse es nicht, dass er mich mit dem Lord alleine zurücklässt. Was, wenn er gleich über mich herfällt?
    „Komm, ich möchte mit dir sprechen.“ Da haben wir es schon. Als ob wir beide etwas zu besprechen hätten.
    Wir betreten ein Arbeitszimmer, das aus allen Nähten platzt. Überall liegen Schriftrollen herum. Der Lord setzt sich an einen Schreibtisch. Seine Hand weist mir einen Platz ihm gegenüber zu.
    „Niclas sagte mir bereits, dass du seine Prüfung nicht bestanden hast.“ Welche Prüfung? „Das ist bedauerlich. Ich war der Meinung, das Kind gefunden zu haben, nach dem ich bereits so lange suche.“ Ich zucke unbeholfen mit den Schultern. Tut mir leid, wenn er sein Kind verloren hat, was hat das mit mir zu tun?
    „Ah, ich vergaß. Du sprichst nicht. Reichst du mir kurz deine Hand? Habe keine Angst, ich werde dir kein Leid zufügen.“ Zögerlich strecke ich sie ihm entgegen. Er zieht die Linien meiner Handinnenflächen mit dem Daumen nach. Liest er mir etwa aus der Hand? „Sieh mir in die Augen Hope“, fordert er. Seine Stimme ist gütig – er ist nett – so wie ein Opa.
    Nach einigen Sekunden wendet er sich seufzend ab. „Du bist es nicht. Natürlich hatte mein bester Schüler recht. Hope, ich weiß, dass es in deiner Zeit anders ist, aber ich habe dich als Sklavin erworben. Ich erwarte äußerten Gehorsam und Demut. Du kannst von Glück sagen, dass du hier bei mir gelandet bist. So wie dich der Sklavenhändler angepriesen hat, wärst du mit Sicherheit an Schänder verkauft worden. Du lebst jetzt hier. Dein Onkel hat dich als Tribut an diese Welt gegeben, wie es der Pakt verlangt. Das ist dein Schicksal. Es ist besser, du findest dich damit ab. Du wirst die Arbeiten erledigen, die dir zugewiesen werden. Dafür bekommst du Essen und ein Dach über den Kopf. Das ist mehr, als du dir in dieser Zeit erträumen kannst. Ich muss dich noch darüber aufklären, dass diese Burg eine Art Schule ist. Alles, was du hinter diesen Mauern siehst oder vernimmst, bleibt auch hinter diesen Mauern. Es trifft sich gut, dass du anscheinend für dich beschlossen hast, ohne Worte zu leben. Du wirst niemandem von den Geschehnissen berichten, deren Zeuge du wirst. Sonst werde ich höchstpersönlich über dich richten. Ich würde dir das gerne ersparen. In dieser Burg leben neben mir, fünf meiner Schüler und ein Koch. Das ist keine gewöhnliche Schule, hier wird Magie ausgeübt. Ich bin ein Hexer und gebe mein Wissen an meinesgleichen weiter.“ Ja und ich bin Aschenputtel. Der hat sie doch nicht mehr alle.
    „Du wirst die Burg sauber halten, die Betten machen, unsere Kleider waschen und dafür sorgen, dass das Feuer in unseren Zimmern nie ausgeht. Hast du das verstanden?“ Ich nicke eingeschüchtert. Der Mann händigt mir ein schwarzes Kleid aus und sagt, ich solle mir das Putzzeug aus der Abstellkammer nehmen. Okay, wo ist dieser verdammte Steinkreis? Ich will sofort wieder in meine Welt zurück. Wo ist Nick, ich muss ihn finden, um den Weg aus ihm rauszuquetschen. Der Opa hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.
    In der dunklen Abstellkammer lockere ich die Korsage und ziehe das Kleid über. Mann, was würde ich jetzt für einen BH geben. Das Gewand hat einen V-Ausschnitt und eine Kordel, die ich um die Taille festziehe. Mein Haar flechte ich in einen seitlichen Zopf und verknote es unten. Was soll ich machen, ich hab meinen Haargummi verloren, als sie mich hierher entführt haben.
     

    Fünf Tage später.
     

    Mit aller Kraft ziehe ich den Eimer Wasser aus dem Brunnen und fluche in Gedanken vor mich hin. Gut, dass es hier Sommer ist. Zumindest friere ich mit dem dünnen Kleid nicht. Ich schufte schon ein paar Tage am Stück für den Lord. Der Koch, ein dünner Mann mit müden Augen, den ich gleich am ersten Tag noch kennengelernt habe, spricht auch kein Wort. Ich glaube, er ist aber tatsächlich stumm. Glücklicherweise ignoriert er mich größtenteils. Wir haben ein stilles Abkommen, dass wir uns nicht gegenseitig ins Revier reinpfuschen, was ganz gut funktioniert.
    Der große Übungssaal in einem der oberen Stockwerke der Burg hat deckenhohe Fenster. An jedem einzelnen steht einer der Schüler und sieht mir dabei zu, wie ich mich hier draußen abmühe. Sie sind alle

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