Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Irland getroffen. Zu meiner absoluten Verblüffung sagte er, er sei Tätowierer und habe bereits eine Skizze von dem Tattoo für mich angefertigt. Er zeigte mir den Entwurf eines Teufels, der das Gesicht eines Mannes trug, den ich nicht kannte. Ich habe ihn gefragt, ob er den Verstand verloren hätte. Wir sind uns nie zuvor begegnet, da war ich mir sicher. Er musste mich verwechseln, denn ich habe nie eine Tätowierung von ihm angefordert. Außerdem würde ich mir nie im Leben einen Teufel in die Haut stechen lassen. Ich habe ihn sogar angeschrien. Er war vollkommen irritiert und meinte, ich hätte ihm geschrieben, dass ich das Tattoo genauso haben möchte. Selbst das Bild des Mannes und die Zahlenkombination darunter habe ich mitgeschickt. Das konnte nicht sein. Daran würde ich mich doch erinnern können. Er hat mir die Nachricht auf seinem Handy gezeigt. Sie stammte von exakt dem Tag, an dem meine Eltern starben und war eindeutig von mir verfasst. Alles stimmte, meine Nummer, mein Schreibstil. Es ist eine Angewohnheit von mir, vor und nach dem Text drei Punkte zu setzen. Auch das war bei der Nachricht der Fall. Ich dachte, das wäre Zufall, aber dann habe ich auf die Uhrzeit geschaut. Die Nachricht entstand in exakt dem Zeitraum, an den ich mich nicht mehr erinnern kann. In dieser Zeit, sind meine Eltern gestorben, da bin ich mir sicher.
Ich habe diesem Mann geschrieben, dass ich einen Teufel mit dem Gesicht dieses Mannes und der Zahlenkombination auf der Haut tragen will. Ich kann mich nicht erinnern, die Nachricht jemals verfasst zu haben. Daraufhin habe ich mein Telefon aus der Tasche gezogen und nach der gesendeten Nachricht gesucht. Ich bin fast durchgedreht. Die Nachricht war da!
Ich
habe sie verfasst. Den Mann auf der Fotografie, der das Gesicht des Teufels tragen sollte, habe ich nie zuvor gesehen, aber was ich erkannte, war der Raum, in dem er stand, der im Hintergrund des Bildes zu sehen war. Es war der Raum, den ich betreten wollte, als ich meinen Vater zum letzten Mal sprechen gehört habe, bevor er starb.
Meine Tränen brechen unkontrolliert aus und ich habe Probleme, mit dem Atmen.
„Denkst du, sein Vater hat deine Eltern umgebracht?“, flüstert Tiberius mit Blick auf Junus.
Mit zitternden Händen schreibe ich weiter.
Der Tätowierer hat mir auf der Toilette im Flughafengebäude das Bild in die Haut gestochen. Ich weiß nicht wieso ich einem Unbekannten diese Nachricht geschrieben habe. Ich weiß nicht, wieso ich mich nicht daran erinnern kann. Aber was ich weiß ist, was die Zahlen unter der Tätowierung bedeuten. Sie sind ein Code, den man ASCII nennt. Er wandelt das Alphabet in Zahlen um. Mein Vater hat ihn mir beigebracht. Wir haben uns manchmal zum Spaß kodierte Nachrichten übermittelt. Es war unsere eigene Geheimsprache. Ich glaube, ich habe mir selbst eine Nachricht hinterlassen. Damit ich nicht vergessen kann, was passiert ist. Das ist vollkommen verrückt – wie konnte ich in dem Moment wissen, dass ich es vergessen werde und warum habe ich es kodiert? Wieso habe ich die Nachricht jemandem übermittelt, den ich nicht kenne?
Ich weiß bis heute keine Antwort auf diese Fragen, aber eins weiß ich genau. Ich kenne den Code auswendig und habe die Buchstaben auf einem Blick entschlüsselt.
Meine Hand zittert unkontrolliert. Beliar greift danach und hält sie fest. „Wie lautet die Nachricht Hope“, fordert er sanft.
Ich atme tief durch und schreibe:
Moerder
Das war nicht die ganze Botschaft. Neben dem Wort stand noch das Wort „
Schweig
“, aber das behalte ich vorerst für mich.
Die Feder fällt mir aus der Hand. Ich will nicht, dass sie meinen Zusammenbruch sehen, also laufe ich ein Stück in den Wald hinein, lasse mich an einen Baum sinken und weine stille Tränen in meine Knie.
Ich weiß nicht, wie lange ich schon ins Feuer starre, aber ich kann nicht schlafen. Seitdem ich aus dem Wald zurück bin, friere ich stark. Ich glaube, deshalb fällt es mir noch schwerer einzuschlafen. Noch dazu gehen mir viel zu viele Dinge durch den Kopf. Ich habe von der Tätowierung noch nie jemandem erzählt und obwohl ich mich etwas befreiter fühle, bin ich doch innerlich so aufgewühlt, wie nie zuvor.
„Versuchst du die Flammen mit der Kraft deiner Gedanken zu bewegen?“ Beliar hat sich neben mir niedergelassen. Ich reagiere nicht.
Keinen Wimpernschlag später erheben sich brennende Vögel aus den Flammen. Das macht er. Will er mich damit etwa aufmuntern? Da muss er sich was
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