Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
meine Hände näher an sich heran, um die Linien zu studieren. „Sehr interessant“, stößt er wenig später aus.
„Inwiefern“, will Beliar wissen.
„Ich sehe … nichts“, gesteht Blondi.
„Was soll das bedeuten?“
„Nun, entweder, sie steht unter einem starken Schutzzauber oder sie wehrt sich dagegen.“
„Da ist kein Schutzzauber, das habe ich bereits überprüft“, rückt Beliar raus. Ach wirklich? Ich frage mich gerade, wie man so etwas prüfen kann. Hoffentlich hat er mir nicht irgendein Räucherstäbchen unter die Nase gehalten, als ich geschlafen habe.
„Dann ist es Letzteres. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Entspann dich“, säuselt er. Mit einem Wink wird das Licht schummrig. Wenn er jetzt ein Räucherstäbchen anzündet, gehe ich ihm an die Gurgel. Von irgendwo her höre ich ein Zischen, wie das einer Schlange. Ich hoffe inständig, es war nur eine abgebrannte Kerze. Irgendwie bin ich jetzt angespannter als vorher.
„Vielleicht solltest du uns alleinlassen“, schlägt Goldlöckchen vor. Wehe du lässt mich mit dem Spinner allein.
„Also gut. Aber pass auf, sie kann ihre Krallen ganz schön ausfahren“, meint Beliar. Wütend stehe ich auf, doch er drückt mich sofort wieder auf den Hintern zurück und geht. Ich fass es nicht. Dieser Klotz lässt mich tatsächlich mit dem Quacksalber allein.
Bratak lächelt süßlich. „Befreie deinen Geist. Lass dich fallen Schönheit.“ Was ist denn das für ein Spruch? Erneut schließt er die Augen. Könnte er sich mal beeilen? Mir ist langweilig.
Meine Aufmerksamkeit wird durch ein Geräusch am Fenster abgelenkt. Ohne auf das scheinbar kaputte „Medium“ vor mir zu achten, stehe ich auf und trete durch den Raum.
Das Windspiel am Fenster – ich kenne es. Mein Herz macht einen Satz.
„Was ist denn mit dir?“ Seine Hände greifen nach meinen Schultern, die er sanft massiert. Ich spüre die Härte, die er an mich presst. Er stöhnt sogar leise. Okay, Ausbruch.
Mein Ellbogen landet in seiner Seite, dann falle ich in einen Querspagat und reiße ihm die Beine weg. Goldlöckchen stöhnt vor Schmerz, als er hart auf den Boden aufschlägt. Eine Vase stürzt neben mir hinunter. Eins der Bruchstücke ist bereits in meinen Händen. Ich setze mich auf seine Brust. Mit zitternden Händen halte ich ihm die Scherbe an den Hals. Seine Augen sind schreckgeweitet.
Im nächsten Moment werde ich von ihm heruntergezogen. Beliar. „Bist du von Sinnen Weib?“, raunt er wild.
Bratak wuchtet sich hoch und fleht: „Ich habe sie nur sanft berührt, damit sie sich entspannt, ich schwöre es Herr.“
Herr
?
Zappelnd hänge ich in Beliars Armen. „Hör auf“, befiehlt er mir und stößt mich auf ein Lager mit Decken.
„Steh auf!“, verlangt er von Bratak, der sofort aufspringt. Dabei hält er sich eine Hand an seinen Hals. Memme, ich hab dich gar nicht erwischt.
Wütend halte ich die Scherbe abwehrend vor mich hin, während ich zum Windspiel gehe und es runterreiße.
Beliars Zornesfalte tritt hervor. „Was willst du damit
Weib
? Und lass endlich die Scherbe fallen.“ Er ist an meiner Seite und drückt meine Faust auseinander, sodass die Waffe zu Boden fällt. Ich habe mich daran geschnitten. Das Blut tropft stetig aus dem Schnitt. Toll.
„Immer wenn man dich kurz aus den Augen lässt, verletzt du dich. Ich habe etwas Besseres zu tun, als ständig auf dich aufzupassen. Man würde meinen, du wärst noch ein Kind. Ich vergaß, du bist ja auch noch ein Kind. Wenn dir das Windspiel so gefällt, wird es dir Bratak sicher zum Geschenk machen – bevor du trotzig in Tränen ausbrichst“, meint er, während er mir ein Stück seines Hemdes um die Hand bindet. Hey, was ist denn mit
dir
los? Ich bin kein Kind.
Ohne die Wunde weiter zu beachten, verlange ich nach etwas zu schreiben.
„Pergament und Feder“, fordert Beliar. Goldlöckchen überreicht es ihm, der mir beides aushändigt.
Fuchsteufelswild schreibe ich:
ES GEHÖRT MIR
und halte ihm den Zettel „trotzig“ unter die Nase.
„Was meinst du mit, es gehört dir?“ Ich rolle mit den Augen. Er ist echt schwer von Begriff.
ICH HABE ES GEMACHT
.
Seine Augenbrauen wandern nach oben. „Das ist unmöglich. Du täuschst dich.“ Mann. Ich betrachte es genauer und suche nach der richtigen Muschel. Rechthaberisch halte ich ihm die Muschel, auf der ich damals die Buchstaben HOPE draufgemalt habe, entgegen. Das scheint ihn dann endgültig überzeugt zu haben, denn er schnappt Bratak am Kragen
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