Wer bricht das Schweigen (German Edition)
schönen Beruf, Janina“, stellte Martina fest, als sie dann ihre mitgebrachten Brote verzehrten. „Ich träume auch davon, eines Tages wieder arbeiten zu gehen und mein eigenes Geld zu verdienen. Bis jetzt kommt mein Mann noch für unseren Lebensunterhalt auf.“
„ Das ist ja auch richtig“, entrüstete sich Janina. „Der Sinn einer jeden Ehe sollte doch sein, in guten und in schlechten Tagen füreinander da zu sein. Sie haben sich die Krankheit doch nicht ausgesucht. Außerdem ist Ihre Tochter noch viel zu klein, um sie schon sich selbst überlassen zu können.“
„ Sie haben ja recht, Janina. Das sagt auch Doktor Baumann immer wieder, wenn ich ihm mit meinen Sorgen komme. Aber ich möchte nicht, dass mein Mann denkt, ich wollte ihn ausnützen. Ich liebe meinen Mann noch immer, daran wird sich auch nie etwas ändern“, sagte sie überzeugt. „Eines Tages wird er zu mir zurückkommen, das weiß ich, weil auch er uns nicht vergessen kann. Nur meine Depressionen haben ihn aus dem Haus getrieben.“
Janina war weit davon entfernt, Martina zu verstehen. Wie sehr musste sie diesen Mann noch immer lieben, wenn sie für sein schäbiges Verhalten auch noch eine Entschuldigung fand.
„ In den Sommerferien werde ich mit meiner Tochter an die Nordsee gehen“, erzählte Martina, als sie sich bereits wieder dem Schulhaus näherten. „Doktor Baumann ist der Meinung, dass mir ein Aufenthalt am Meer gut bekommen müsste. Er hat uns auch den Urlaub ermöglicht. Für Regina und mich bedeutet das, dass wir zum ersten Mal das Meer sehen werden. Wir freuen uns beide schon sehr darauf.“
Hatte Michael wirklich die Möglichkeit, den beiden so einfach einen Kuraufenthalt zu verschaffen? Janina konnte es sich beim besten Willen nicht vorstellen. Sie war froh, als sie die Kinder nach Hause schicken, und sich von Martina verabschieden konnte. Nach dieser Unterhaltung gab es einiges, über das sie in Ruhe nachdenken wollte.
* * *
„Die schöne Zeit der Rosen ist schon fast wieder vorbei“, stellte die Hausbesitzerin bedauernd fest, als Bettina Sommer an dem kleinen Vorgarten vorbeiging. Mit einer Schere schnitt sie die verwelkten Blüten ab. „Mir wird immer ganz wehmütig zumute, wenn ich beobachte, wie die Natur langsam stirbt.“
„ Der nächste Frühling kommt bestimmt, Frau Köhler. Sie sollten solche trüben Gedanken erst gar nicht aufkommen lassen“, meinte ihre junge Mieterin. „Das Leben ist viel zu kurz. Finden Sie nicht auch, dass es jammerschade ist, wenn Sie sich auch nur eine Minute davon vergällen?“
„ Sie scheinen ja bester Laune zu sein, Frau Sommer“, stellte die alte Frau verwundert fest. „Was ist passiert? Oder möchten Sie lieber nicht mit mir darüber reden?“ Stöhnend richtete sie sich auf. „Mit meinem Kreuz sollte ich diese Arbeit besser gar nicht mehr machen“, meinte sie bedauernd.
„ In Zukunft dürfen Sie mich das machen lassen, Frau Köhler. Dann können Sie auch nicht mehr behaupten, dass ich nichts davon verstehen würde. Ich habe eine Anstellung in der Gärtnerei“, berichtete Bettina strahlend. „Sie sind die erste, die davon erfährt. Mein Mann hat noch keine Ahnung. Der wird Augen machen, wenn ich es ihm erzähle.“
Davon war auch Frau Köhler überzeugt. Sie befürchtete allerdings, dass seine Freude über diese Arbeit bedeutend schwächer ausfallen würde, als ihre Mieterin es sich erhoffte.
Bettina Sommer wollte gerade im Haus verschwinden, als ihr noch etwas einfiel. „Falls einmal von uns niemand da sein sollte, kann ich dann hoffen, dass Sie sich ein wenig um Natalie kümmern, Frau Köhler?“, fragte sie zögernd.
„ So lange ich noch einigermaßen auf den Beinen bin, soll es dem Kind an nichts fehlen, Frau Sommer“, versprach die alte Frau.
Bettina schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Sie sind ein Schatz, Frau Köhler“, stellte sie fest, ehe sie im Haus verschwand.
Sie spurtete die Treppen hinauf zu ihrer Wohnung. „Harald, Liebling, wo bist du?“, rief sie noch an der Tür. „Ich habe, eine grandiose Neuigkeit für dich.“
Der Mann drückte auf die Fernbedienung, ehe er sich zu ihr umwandte. „Was soll das Geschrei, meine Süße?“, fragte er amüsiert. „Die einzige Entschuldigung, die ich gelten lassen kann ist, dass wir sechs Richtige im Lotto haben.“
„ Wer denkt denn gleich an so etwas?“ Übermütig ließ sie sich auf seinem Schoß nieder. „Ganz so toll ist es natürlich
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