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Wer bricht das Schweigen (German Edition)

Wer bricht das Schweigen (German Edition)

Titel: Wer bricht das Schweigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janina Mantoni
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vorbeibringen will, das ich in seinem Trecker vergessen habe. Ich bin gleich wieder zurück.“
      Es war aber nicht der Bauer, der da vor seiner Tür stand. Eine junge, ungewöhnlich hübsche Frau mit langen kupferroten Haaren war es, die ihn mit ihren blaugrünen Augen verzweifelt anschaute. „Bitte helfen Sie mir, Herr Doktor“, bat sie leise. „Ich weiß, dass ich zu früh dran bin, aber…“
      „ Das macht nichts“, unterbrach er sie. „Bitte kommen Sie mit in mein Sprechzimmer.“ Nur flüchtig erinnerte er sich an sein Essen, von dem er nur ein paar Bissen gehabt hatte.
      „ Ich heiße Bettina Sommer“, begann die Frau, nachdem sie sich an seinem Schreibtisch gegenübersaßen. „Sie kennen mich nicht, weil ich erst seit kurzem mit meiner kleinen Tochter nach Windsheim gezogen bin.“
      Er schrieb alles mit. Dabei entging ihm aber nicht, wie sie immer wieder nervös den Schnappverschluss an ihrer Handtasche auf- und zumachte. „Und wie kann ich Ihnen nun helfen, Frau Sommer?“, fragte er, als sie schwieg.
      „ Ich habe Kopfschmerzen, Herr Doktor. Manchmal sind sie kaum auszuhalten. Natürlich weiß ich, dass es Tabletten dagegen gibt, aber die helfen immer nur kurze Zeit. Außerdem vertrage ich sie schlecht. Ich habe Angst, dass ich vor Schmerzen noch verrückt werde.“
      „ Wie häufig haben Sie diese Kopfschmerzen?“, erkundigte sich der Arzt. „Haben Sie schon irgendwelche Untersuchungen machen lassen?“
      „ Nein, noch nie. Es hat mich eine große Überwindung gekostet, heute zu Ihnen zu kommen, Herr Doktor“, versicherte ihm die Patientin. „Aber so kann es doch nicht immer weitergehen. Ich muss doch auch für mein Kind da sein.“
      Er stellte ihr Fragen, die alle darauf abzielten, dem Grund ihrer Beschwerden auf die Spur zu kommen. „Ich halte es für das Beste, wenn Sie eine Computertomographie machen lassen“, schlug er vor, als er merkte, dass er nicht weiterkam. „Wenn Sie einverstanden sind, rufe ich gleich in der Klinik an. Vielleicht kann man sie heute noch einschieben.“
      „ Ich will diese Untersuchung nicht, Herr Doktor.“ Die junge Frau sprang erregt auf.
      „ Haben Sie Angst vor dieser Untersuchung, Frau Sommer?“, fragte er verständnisvoll. „Das brauchen Sie nicht. Diese Untersuchung ist absolut schmerzlos. Auch die Strahlendosis ist äußerst gering. Ich werde Ihnen genau erklären, wie eine Computertomographie vor sich geht. Sie liegen dabei auf einem beweglichen Tisch, der sich in die runde Öffnung des Gerätes schiebt. Der Tisch wird so positioniert, dass ...“
      „ Ich will es nicht wissen, Doktor Baumann“, sagte die Patientin hysterisch. „Keine zehn Pferde bringen mich dahin.“
      „ Ohne diese Untersuchung werde ich Ihnen aber kaum helfen können, Frau Sommer. Ich kann Sie nicht behandeln, wenn ich den Grund für Ihre Beschwerden nicht kenne, das müssen Sie doch verstehen.“
      Er sah Tränen in ihren Augen. „Ich will Ihnen ja helfen, Frau Sommer“, sagte er mitleidig, „aber das kann ich nur, wenn Sie Vertrauen zu mir haben.“
      „ Das habe ich ja, Herr Doktor. Darum bin ich heute auch zu Ihnen gekommen. Ich glaube, ich kenne die Ursache für meine entsetzlichen Kopfschmerzen. Es sind meine Lebensumstände, die mich fertigmachen. Es gibt kaum eine Nacht, in der ich schlafen kann“, gestand sie. „Wenn nicht bald ein Wunder geschieht, sitze ich mit meinem Kind auf der Straße. Die Frau, bei der ich mit meiner Natalie wohne, will mich vor die Tür setzen, weil ich die Miete nicht mehr bezahlen kann.“
      Das also war der Grund für ihre Kopfschmerzen. Aber warum kam die Frau dann zu ihm? fragte sich der Arzt verwundert.
      „ Sie sind demnach eine alleinerziehende Mutter“, stellte er fest. „Dann müsste doch der Vater Ihres Kindes …“
      „ Mein Mann hat sich davongemacht“, unterbrach sie ihn. „Er war arbeitslos. Das hat ihn dazu getrieben, seine Familie im Stich zu lassen. Aber er hat versprochen, sich sofort nach einer Arbeit umzusehen. In der Stadt sind die Möglichkeiten, Arbeit zu finden, sicher besser. Sobald mein Mann Geld hat, will er es uns sofort schicken, aber das kann dauern. Meine Hauswirtin hat längst die Geduld verloren“, gestand sie verbittert. „Aber was soll ich denn tun? Hier in Windsheim gibt es doch kaum eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Vielleicht könnte ich bei einem Bauern als Magd anfangen, aber das würde bedeuten, dass ich mein Kind alleine lassen müsste.

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