Wer den Himmel berührt
seit dem Abend, an dem wir das erste Mal miteinander getanzt haben.«
Er legte sich auf sie und stützte sein Gewicht auf seine Ellbogen. Er beugte sich hinunter, um sie wieder zu küssen, und sein Körper verschmolz mit ihrem. Er rollte sich auf den Rücken und zog sie auf sich, und sein Mund fand ihre Brüste und küßte sie, während sie sich an ihn preßte und ihre Körper sich in einem Rhythmus bewegten, der die Raserei des Korrobori aufgriff. Sie bewegten sich auf und ab, aufeinander zu, und seine Hände lagen auf ihren Pobacken, als sie flüsterte: »Ich glaube, ich werde gleich …«
Er drehte sich wieder um. Als sie den Rücken durchdrückte, um sich ihm entgegenzuwölben, stieß er sich in sie und preßte sie so eng an sich, daß sie glaubte, sie seien eins.
»Oh, laß mich nicht allein«, rief sie aus.
Die Sterne über ihnen loderten wie Feuerwerkskörper; sie spürte den Ozean in sich hinein und über sich hinweg spülen, und sie flüsterte: »Hör nicht auf!«
»O mein Gott«, flüsterte sie. »Ich glaube, ich bin dabei, mich in dich zu verlieben.«
Er drückte den Rücken durch. »Du glaubst es? Du
glaubst
es?« Seine Stimme schnappte über. »Verdammt noch mal«, murmelte er und hielt vollkommen still. »Sag es mir! Sag mir, daß du mich liebst.«
»Ich liebe dich.«
Er stieß ein allerletztes Mal zu, und das Wasser spülte über sie hinweg. Als sie die Augen aufschlug, sah Cassie eine Sternschnuppe über den Himmel fliegen.
25
V on dem riesigen Felsen schaute ein stacheliger Ameisenbär auf sie herunter. In gelblichem Ocker und Weiß war ein Fisch zu sehen, der Cassie an die Fische erinnerte, die sie vor langer Zeit in der ersten Klasse gemalt hatte. Es gab primitive Strichzeichnungen von Krokodilen und dunkle Handabdrücke auf weißem Hintergrund.
»Dieses Land ist mehr als dreiundzwanzigtausend Jahre lang durchgehend bewohnt gewesen«, sagte Blake. »Das hier«, und dabei deutete er auf die Malereien auf dem gewaltigen Felsen, »sind die ältesten bekannten Kunstwerke auf Erden. Es ist die Welt der Traumzeit.«
»Traumzeit?« fragte Cassie, während sie glücklich die Wärme von Blakes Hand fühlte, der ihre Hand umfaßt hielt.
»Die Traumzeit«, sagte Blake und führte Cassie näher zu den Felsen, auf denen diese prähistorischen Gemälde prangten, »ist die Art der Aborigines zu berichten, wie ihnen zu Anbeginn der Zeit, während der Schöpfung, das Land gegeben worden ist.«
»Wie unsere Schöpfungsgeschichte?« fragte Cassie.
Blake lächelte und drückte ihre Hand. »Ziemlich ähnlich, abgesehen davon, daß sie nicht so viel von Zeugung berichten. Sie berichten, wie ihre Vorfahren in tierischer und menschlicher Gestalt aus der Erde hervorgegangen sind und die Erde in ihrer jetzigen Form erschaffen haben. Das Wort Traumzeit hat nichts mit Träumen zu tun, wie wir sie verstehen. Diese Zeichnungen erzählen die Geschichte. Möchtest du mehr darüber hören?«
»Ja, natürlich.« Cassie konnte einfach nicht glauben, daß sie Bilder ansah, die nahezu fünfundzwanzigtausend Jahre alt waren. Sie ließ ihre Hand über den gewaltigen Felsen gleiten.
»Es war einmal«, sagte Blake lächelnd. »Also, es ist so, daß die Welt, ehe die Zeit begann, keine Form hatte und formbar war. Dann ist die Warramurrungundji aus dem Meer gestiegen. Sie war eine Frau mit einem menschlichen Körper, und sie hat das Land erschaffen und menschliche Wesen geboren. Hier«, sagte er und zeigte Cassie die Stelle, »ist sie als ein weißer Felsen dargestellt. Weitere Geschöpfe kamen mit der Zeit: Marrawuti, der Seeadler – siehst du, dort ist er –, der die Seele eines Menschen an sich reißt, wenn er stirbt. Außerdem hat er Seelilien aus dem Meer gebracht und sie aus seinen Klauen fallen lassen, und so sind sie auf die Flußauen gelangt, wo sie blühen, wenn die Flüsse weit über die Ufer treten. Das Krokodil da steht für Ginga, der dieses ungestalte Äußere angenommen hat, weil er sich in einem Feuer Brandwunden zugezogen hat. Der Laubvogel hier ist Djuway, der Hüter der heiligen Initiationsriten.
Alles, was lebt«, sagte Blake, und Cassie hatte das Gefühl, daß seine Stimme einen ehrfürchtigen Tonfall annahm, »ist Teil eines Ganzen. Baum, Adler, Gras, Erde, Wasser, Mensch. Wir sind alle eins. Als die Schöpfung beendet war, haben die Wesen, von denen die Menschen abstammen, gesagt, sie hätten alles Notwendige erschaffen, und jetzt sei es Sache der Menschen, das Erschaffene für alle Zeiten zu
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