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Wer den Himmel berührt

Wer den Himmel berührt

Titel: Wer den Himmel berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Bickmore
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Jennifer auch nur den Flug überleben? »Ich werde ihr eine Spritze geben, damit sie schläft und nichts davon merkt. Aber Zeit ist im Moment der wesentlichste Faktor.«
    Steven sah Chris an, der zustimmend nickte.
    »Ich komme mit«, sagte Steven.
    »Selbstverständlich«, sagte Cassie und legte ihm eine Hand auf den Arm.
    Er drehte sich um, schlang die Arme um sie und brach in Tränen aus. »Cassie, ich kann nicht ohne sie leben.«
    »Laß uns gehen«, sagte Chris.
    Verdammt noch mal, dachte Cassie. Er kann nicht mit den Verwandten von Patienten umgehen. Er kann nicht mit Patienten umgehen, die im Sterben liegen. Warum habe ich ihn bloß mitgenommen?
    Aber Chris hatte Jennifer bereits hochgehoben und trug sie zur Tür hinaus, die Stufen der Veranda hinunter und zum Flugzeug. Er trug sie, als wöge sie nichts, als stänke die verkohlte ledrige Haut nicht widerlich, als sei die entstellte Gestalt, die er auf den Armen trug, nicht abstoßend. Vielleicht war es doch gut, daß er mitgekommen war. Weder sie noch Steven konnten sich jetzt von ihren Gefühlen distanzieren.
    Warren füllte den Tank gerade auf. Sie würden mindestens zwei Zwischenlandungen machen müssen, um Benzin nachzufüllen, ehe sie Adelaide erreicht hatten. Oh, lieber Gott, betete Cassie stumm, laß das Wetter gut sein.
    Das Wetter war gut. Sowie sie gestartet waren und die Flughöhe erreicht hatten, holte Cassie Verbände aus ihrer Arzttasche. »Gib her«, sagte Chris, »das mache ich schon.« Sachte wickelte er die Verbände um Jennifers Gesicht und um ihre Arme, damit ihre Haut geschützt war. Es war eine Wohltat, die gräßlichen Verbrennungen nicht mehr sehen zu müssen, obwohl sie sie noch riechen konnten.
    Warum, fragte sich Cassie, mußte es bloß so heiß sein? Die Temperaturen mußten um vierzig Grad liegen. Jennifer war abwechselnd von Gänsehaut und Schweiß bedeckt, und je weiter sie nach Süden flogen, desto schwerer ging ihr Atem. Es waren die längsten sieben Stunden, die Cassie je verbracht hatte. Steven sagte während des gesamten Flugs kein einziges Wort. Er saß neben Jennifers Tragbahre, berührte sie mit einer Hand und bewegte unablässig stumm die Lippen.
    Als sie über den Eyresee flogen, fast vierhundert Meilen nördlich von Adelaide, bekam Jennifer immer mehr Atemnot, und ihre Brust hob und senkte sich gewaltig. Aus ihrem halboffenen Mund kam ein gurgelndes Rasseln.
    Mit Panik in den Augen sah Steven Cassie an, die ihrerseits versuchte, einen Blick von Chris aufzufangen. Er schüttelte den Kopf. Cassie stand auf, ging zu Steven, schlang ihm die Arme um die Schultern und beugte sich zu ihm herunter, während sie beide Jennifer ansahen.
    Es war das Rasseln des Todes.
    Zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, daß Chris Steven anstarrte und vollkommen außerstande war, den Blick von dem gepeinigten Mann loszureißen.
    Das Ringen um Atem und das erstickte, keuchende Schluchzen endeten. Jennifers Brust hob und senkte sich nicht mehr. Steven warf sich auf die Tragbahre, umklammerte Jennifers Hände und schrie: »Nein, nein, nein.«

32
    S teven war untröstlich. Sowie er zu Hause angekommen war, zog er sich von der Welt zurück. Er schied aus dem Komitee der Fliegenden Ärzte aus. Er fertigte Don McLeod schroff ab. Er ließ sich nicht blicken, als Cassie auf Tookaringa ihre reguläre monatliche Sprechstunde abhielt. Cassie hatte vorgehabt, wie üblich über Nacht zu bleiben und mit ihm zu Abend zu essen, weil sie hoffte, ihn von seinem Kummer ablenken zu können. Doch er ließ sich nicht blicken, und sie, Warren und Mary flogen noch am selben Abend nach Augusta Springs zurück.
    Als Cassie das zweite Mal ihre Sprechstunde dort abhielt, erwartete er sie und drückte ihr einen Brief von Blake in die Hand. Nachdem sie den Brief gelesen hatte, nahm er ihn wieder an sich und ging in sein Arbeitszimmer, und sie bekam ihn nicht mehr zu sehen. Der Brief drückte seine Trauer über den Tod seiner Mutter aus und war voller Erinnerungen an sie. Er drückte Mitgefühl für seinen Vater aus, aber er berichtete mit keinem Wort über sich selbst oder über den Krieg, und auch Cassie erwähnte er mit keinem Wort.
    Von Fiona hörte sie drei Monate lang nichts, aber dafür bekam Cassie einen Brief von Sam.
    Lieber Doc,
    jetzt staunst Du aber, was? Ich wette, Du hast nicht damit gerechnet, etwas von mir zu hören.
    Täglich frage ich mich, was bei Euch wohl vorgeht, wer ein Baby bekommen hat oder operiert werden mußte, wer gestorben ist oder was sich

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