Wer den Himmel berührt
Lebhaftigkeit herauszuhören. Er streckte Cassie seinen Arm hin. »Faß ihn mal an.«
Unsicher streckte sie die Hand aus, und alles, was sie fühlte, war totes Plastik.
Blake war wie ein Kind mit einem neuen Spielzeug. »Innen drin sind Stromkreise verborgen – Hebel, Zahnräder und ein Schalter gleich unten am Daumen. Ich kann die Hand anstellen und abschalten. Ich kann etwas tragen, es mit der Hand festhalten und den Schalter abschalten. Die verdammte Hand läßt die Finger geschlossen und hält dieses Ding für alle Zeiten fest. Ist das nicht erstaunlich?«
Was erstaunlich war, war die Wandlung, die sich an Blake vollzogen hatte.
»Schaut mal! Die haben mir gesagt, ich soll Eier in die Hand nehmen und mich damit selbst auf die Probe stellen. Tja, also …«
»Er hat gerade schon ein paar Dutzend Eier zerbrochen«, sagte Fiona, die Kaffee, Kuchen und Tee auf die Veranda brachte.
»Seht ihr? Es ist batteriebetrieben.« Er zog seinen Ärmel hoch. »Das ärgerliche ist, daß es nach seinem eigenen Tempo arbeitet und nicht so schnell wie Gehirnströme. Trotzdem, Cassie, weißt du, nächste Woche werde ich mich wieder auf ein Pferd setzen, zum ersten Mal nach – mein Gott, können das sechs Jahre sein?«
Zum ersten Mal in all diesen Jahren sah er Cassie direkt in die Augen, und seine Stimme wurde zärtlicher. »Wie kann ich dir je dafür danken? Du hast mir und meiner Familie einen enormen Gefallen getan, Cassie. Es war an der Zeit, daß jemand böse auf mich wurde.«
Sam und er saßen auf der Veranda, während Cassie die Sprechstunde abhielt – sie konnte Gesprächsfetzen der Unterhaltung hören, vorwiegend Blakes enthusiastische Stimme. Er erzählte Sam etwas darüber, »Land aufzukaufen, einen schmalen Streifen bis hin zur Küste, mehr als tausend Meilen weit«.
»Du wirst mehr als tausend Meilen Land besitzen?« fragte Sam ungläubig.
Blake lachte. »Das klingt nach mehr, als es sein wird. Wenn diese Dürre sich fortsetzt wie bisher, werden immer mehr Leute ihr Land verkaufen wollen, und ich kann es billig erwerben. Nicht, daß ich andere ausnutzen möchte, aber durch diese Situation wird Land verfügbar sein, das jetzt nicht zum Verkauf steht. Und ich werde meine Rinder vor der Dürre herschicken. Hier wird es losgehen, nicht weit vom Mittelpunkt der Strecke. Ich werde die Herden zur Küste treiben und dabei Land unabgegrast belassen, Land, das nur auf Rinder wartet, die es durchqueren müssen. Diese Strecke kann ich jedes Jahr mit den Rindern zurücklegen, damit sie fett bleiben. Aber in Trockenzeiten kann ich sie von hier fortschaffen, ehe sie verhungern oder zu sehr abmagern, um noch in irgendeiner Form von Nutzen zu sein. Ich werde sie auf den Markt bringen, wenn die Preise hoch sind …«
Fiona lächelte Blake an. »Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, dessen Träume immer wahr werden.«
»Das kommt daher«, sagte Cassie, »daß er aktiv dafür sorgt, sie wahr werden zu lassen.«
»Mit beträchtlicher Hilfe von seiten der Frauen in meinem Leben.« Blake hob seinen Plastikarm und salutierte nicht nur vor Fiona, sondern auch vor Cassie. »Wenn sie nicht wäre«, hörte Cassie ihn zu Sam sagen, »läge ich immer noch rum und würde mich selbst bemitleiden. Sie ist eine strenge Zuchtmeisterin.« Dann fügte Blake hinzu: »Wann lernen wir eigentlich deine Frau kennen?«
Fiona sah Cassie in die Augen; glaubte sie immer noch, Cassie sei in Sam verliebt?
Sie redeten nicht über den Krieg. Es war ganz so, als hätten diese Jahre sich in Luft aufgelöst, als hätte sich das Leben überhaupt nicht verändert. Und zwischen Blake und Sam schien ein neuer Kameradschaftsgeist zu herrschen.
Auf dem Rückflug am Nachmittag streckte Sam eine Hand aus und legte sie ihr auf den Arm. »Tut mir leid, Doc. Du hast mich zum Narren gehalten.«
»Was tut dir leid?« fragte Cassie überrascht.
»Du schwärmst für ihn. Vielleicht kann er es nicht sehen, und vielleicht kann Fiona es nicht sehen, aber ich kann es ganz deutlich erkennen.«
Cassie setzte sich aufrecht hin. »Du irrst dich, Sam. Du liegst absolut daneben.«
»Es würde mich freuen, wenn es so wäre. Bei Gott, ich schwöre dir, ich möchte mich irren. Und wenn du das sagst, dann halte ich mich daran. Aber falls du jemals eine Schulter brauchst …«
»Scher dich zum Teufel, Sam.«
Er lachte. »Ah, das sieht der Cassie von früher ähnlich. Ich dachte schon, mit dir stimmt etwas nicht, und du wirst liebenswürdiger.«
»Liebenswürdig? Ich?
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