Wer den Himmel berührt
versunken.
»Machen Sie sich nichts daraus«, sagte Steven. »Jeder von uns macht Fehler.«
»Sie wird sich aber etwas daraus machen«, sagte Sam. »Und sie hat keinen Fehler gemacht. Er hat einfach aufgelegt. Ich habe es selbst gehört. Er hat sich unkooperativ verhalten. Es besteht schließlich ein Unterschied zwischen dem FDS und einem Luftrettungsdienst, verstehen Sie. Cassie muß sicher sein, daß ärztliche Soforthilfe erforderlich ist, ehe ich auch nur zulasse, daß das Flugzeug aus dem Hangar geholt wird. Die Kosten sind enorm, und außerdem wäre es Zeitverschwendung.«
O Sam, ich danke dir so sehr, hätte Cassie am liebsten gesagt. »Um mir auch nur halbwegs ein Bild zu machen, brauche ich die Krankheitsgeschichte und die Symptome des Patienten. Mr. James hat mir beides verweigert.«
Steven tätschelte Cassies Schulter. »Nehmen Sie es, wie es kommt«, riet er ihr.
Innerhalb von einer Minute kamen etliche andere Männer auf sie zu, und das ermöglichte es Steven, sie Cassie vorzustellen. Sam schlenderte zu einer Gruppe von jungen Frauen, um sich mit ihnen zu unterhalten. Nach einer Weile verlor Cassie ihn aus den Augen.
Nachdem sie sich von Ian James’ Attacke erholt hatte, merkte sie, daß es Spaß machte, von Männern umzingelt zu sein, aus denen sie sich nichts machte, sich von ihnen bewundernd ansehen zu lassen und sich ihre Anzüglichkeiten anzuhören. Sie stellte fest, daß sie ihr forsches und kühles Auftreten – ihre Rolle als Ärztin – abgelegt hatte, als sie ihr Partykleid angezogen hatte.
Als die Sonne langsam an einem zinnoberroten Himmel versank, kühlte sich die Abendluft allmählich ab, und eine ungezwungene Atmosphäre stellte sich auf der Party ein. Jennifer und Steven sorgten dafür, daß Cassie allen Anwesenden vorgestellt wurde. Sie kam zu dem Schluß, niemals derart freundlichen Menschen begegnet zu sein.
Beim Abendessen stellte sie fest, daß ihre Tischnachbarn Viehzüchter waren und daß sie drei weiteren Viehhütern gegenübersaß. Nur einer von ihnen war wirklich gewandt im Gespräch, und Cassie mußte sich krampfhaft Themen einfallen lassen, über die sie miteinander reden konnten, aber trotzdem fühlte sie sich sehr wohl.
Nach dem Abendessen, als Sterne am Himmel zu funkeln begannen, hörte sie von der Veranda die Klänge einer Geige. Kurz darauf wehte das Klagen einer Trompete durch die Nachtluft, und die Töne klangen so weich wie bei Harry James. Dann fielen etliche andere Instrumente ein, und es wurde getanzt. Die Glastüren des Wohnzimmers waren weit geöffnet worden, so daß die geräumige Veranda und das riesige Wohnzimmer zu einem Ballsaal wurden. Teppiche wurden zusammengerollt, und die frisch gewachsten Bodendielen blinkten. Über der Veranda spannten sich Schnüre mit Papierlampions, und die Band spielte schmissige amerikanische Melodien mit langsamen Foxtrott-Einlagen.
Cassie stellte fest, daß sie den ganzen Abend über von einem Mann an den anderen weitergereicht wurde und nie auch nur einen Moment Gelegenheit fand, sich auszuruhen. Sie starb fast vor Durst, als Sam sie abklatschte. Nach ein paar Minuten sagte sie: »Du kannst sehr gut tanzen.« Er blieb stumm, während sie langsam über die Tanzfläche glitten. »Und außerdem finde ich, daß du ein guter Assistenzarzt bist«, fügte sie hinzu.
Er lachte. »Gestern war ich ganz schön beeindruckend, was? Mit diesem Speer.«
Cassies Augen funkelten. »Soll ich all den jungen Mädchen dort drüben erzählen, wie toll du bist?«
Er schüttelte den Kopf und wirbelte sie im Kreis herum. »Die Mühe kannst du dir sparen, aber trotzdem vielen Dank. Sie werden es schon von allein herausfinden.«
Die Band setzte zu einem schnellen amerikanischen Jitterbug an. Die meisten Paare zogen sich von der Tanzfläche zurück.
»Traust du dich, es zu versuchen?« Sam zog die Augenbrauen hoch.
»Glaubst du etwa, ich könnte es nicht?« fragte sie spöttisch.
»Okay, Doc, dann werden wir es denen doch mal zeigen«, sagte er und begann, sich von ihr zu lösen, sie im Kreis zu drehen und ihre Hand wieder zu packen, als sie sich ihm nach der Drehung zuwandte. »Meine Güte, ich bin beeindruckt.« Und schon ging es weiter, und Cassie ließ sich von ihm führen.
Die Tanzfläche hatte sich geleert, und alle beobachteten sie und klatschten im Takt zur Musik. Cassies Rock wehte weit um sie, als sie sich um Sam drehte. Er hielt sie nur leicht, aber sicher an der Hand, und sein Gesicht strahlte vor Freude. Er war ein
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