Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
ganz allein für sich ihre Lage überdenken konnte.
Aber sie wollte auch hierbleiben, zusammen mit Troy. Denn das war das Einzige, was sich real und warm anfühlte – und vielleicht sogar eine Zukunft hatte.
Er tätschelte ihre Schulter. »Ich habe eine Idee«, flüsterte er.
»Was?«
»Lass uns schwimmen gehen.«
»Ich habe keinen Badeanzug.«
»Ohne macht es mehr Spaß.«
Die Seemöwen kreischten, als Troy in seinem Bett aufwachte. Der Platz neben ihm war leer. Er setzte sich auf und sah auf die Uhr. Es war kurz vor acht. Er blickte zur Kommode, auf der keine Waffe mehr lag. Ein kalter Schauder lief ihm über den Rücken.
Er presste seine Kiefer aufeinander. Was sollte er tun? Ohne eine Entscheidung zu fällen, zog er ein Paar Shorts an und ging in die Küche. Er sah sich um. Sie war weg. Schon wieder.
Diesmal hatte sie sich wenigstens die Mühe gemacht und Kaffee gekocht. Er goss sich eine Tasse ein, ging damit auf die Veranda und sah zum Strand, wo er vor ein paar Stunden Elaina zu einem kleinen Gesetzesbruch überredet hatte. Ihr Kaffee konnte Tote aufwecken. Er nahm noch einen Schluck.
Da entdeckte er sie. Sie lief am Strand entlang, strikt geradeaus, ohne diese Zickzackbewegungen, die viele Frauen gerne machten. Auch sie hatte wie er das Laufen am Strand gelernt. Barfuß flog sie über den festen Sand. Schnell und konzentriert bewegten sich ihre kräftigen Beine.
Sie sprintete zu seinem Haus. Dort blieb sie stehen. Sie trug nur Shorts und einen Sport- BH , der ihr passte wie eine zweite Haut. Er konnte den Blick nicht von ihr wenden, als sie die Hände in die Hüfte stützte, ihren Oberkörper nach hinten bog und tief durchatmete.
Er ging zu ihr. »Wie weit bist du gelaufen?«
Sie war erschöpft.
»Sechs Meilen«, sagte sie schnaufend.
»Nicht schlecht.«
Sie zuckte mit den Achseln.
»Wo sind deine Sachen?«
»Im Gästebadezimmer.« Mit dem Unterarm wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. »Ich wollte dir keinen Platz wegnehmen.«
Er sah sie an und das Verlangen, ihren Körper zu berühren, überfiel ihn wieder.
»Lust auf mehr?«, fragte er.
»Mehr? Ich verstehe nicht.«
»Wie wär’s mit Kampftraining?«
»Du meinst die große Kunst der Selbstverteidigung?«
Er dachte an Mexiko und an den Wahnsinnigen, der es möglicherweise auf sie abgesehen hatte. »Man sollte immer gewappnet sein.«
Sie nickte. »Wie recht du hast.«
Troy war offenbar ein Boxer. Das ließen die Gewichte und der Punchingball in seiner Garage vermuten. Er hatte sich ein Leben lang geschlagen und geprügelt. Jetzt betrieb er es nur noch als Sport.
Sie standen auf der Matte zwischen seinem Auto und den Gewichten.
»Wie oft trainierst du?«, fragte sie ihn.
»Jeden Tag.«
Er holte aus, sie stieß das rechte Knie hoch, aber er hatte sie schon im Schwitzkasten.
»Du hast gezögert«, sagte er. »Das solltest du nie. Hat man dir nicht beigebracht, dass …«
Sie stellte ihm ein Bein, er ging rückwärts zu Boden. Sie stemmte das Knie auf seine Brust, die Hand ging zu Hals und Luftröhre.
Er lächelte. Sie lockerte die Umklammerung. »Sehr gut«, sagte er. »Ich sehe gerne zu dir auf.«
Sie wollte gerade aufstehen, als er sie nach unten zog und küsste. Sie war verschwitzt, was ihn nicht störte. Im Gegenteil, er ließ nicht mehr ab von ihr. Seine glühenden Küsse hatten etwas Zügelloses, Unersättliches. Ob ihre innere Angespanntheit ihn zu solch wilder Zärtlichkeit zwang? Auch sie küsste ihn voller Gier, zerzauste sein Haar, rieb ihren Körper an seinem.
Ein Geräusch. Beide hielten inne. Elaina sah erschrocken zu dem Mann, der am Garagentor stand.
»Dad?« Sie kam wieder auf die Beine.
Die blauen Augen ihres Vaters streiften Troy mit einem eisigen Blick.
Der stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. »Mr McCord? Ich bin Troy Stockton.«
Ihr Dad stand regungslos da. Elainas Wangen liefen rot an. Nach einer quälend langen Pause gab er Troy die Hand. »Ich weiß, wer Sie sind.« Dann wandte er sich an Elaina. »Elaina, auf ein Wort.«
Sie starrte ihn an. War er tausend Meilen geflogen wegen eines Wortes ?
»Worum geht’s?«, stammelte sie.
Da war er wieder, dieser undurchdringliche Blick, der sie ihr ganzes Leben verfolgt hatte. Ihr war klar, dass er nur unter vier Augen mit ihr reden würde.
Troy schien das auch zu kapieren. Er drückte ihre Hand. »Ich lasse euch mal allein.«
Sie hörte seine Schritte auf der Treppe, aber nicht die Haustür. Er war also auf der Veranda geblieben. Ob
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