Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
ich auch kein Bügeleisen habe.«
Er zog die Augenbrauen hoch.
»Wenn ich ein Bügeleisen hätte, würde ich wohl oder übel eines Tages mit dem Bügeln anfangen.«
Er lehnte sich ans Spülbecken und beobachtete sie. Als sich ihre Blicke kurz trafen und er sofort wegsah, stellte sie zweierlei fest: Erstens, er war ein Mann, der auf Brüste stand. Das traf zwar auf viele Männer zu, aber sein interessierter Blick auf ihr gut sitzendes T-Shirt war schon etwas Besonderes gewesen. Zweitens, er hatte Manieren oder konnte sich kontrollieren. Denn er hatte sofort seinen Blick gesenkt, während eine erstaunlich hohe Anzahl von Männern sich durch nichts von ihrem Starren abhalten ließen. Deshalb trug sie im Delphi Center immer einen Kittel.
Sie holte ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Eis. »Möchtest du was trinken?«, fragte sie. »Irgendwo muss ich noch Wein haben.«
»Nein, danke. Ich kann nicht lange bleiben. Ich bin nur vorbeigekommen, um zu hören, was es Neues gibt. Du hast mich zweimal angerufen. Wahrscheinlich bist du mit den Tests fertig.«
Sie goss sich Wasser in ein Glas. »Noch nicht. Ich habe dich wegen der Kleidung der Opfer angerufen.«
Er sah sie gespannt und voller Neugier an.
Sie räusperte sich. »Unter dem Stereomikroskop habe ich ein paar interessante Entdeckungen gemacht.«
»Und die wären?«
»Ist dir aufgefallen, dass beide Blusen oben an der rechten Schulter ein Einstichloch haben?«
Er runzelte die Stirn. »Du meinst von einer Stichwunde?«
»Nein, viel kleiner. Ein Loch von der Größe einer Nadel von fünfundzwanzig Gauge Außendurchmesser. Solche Nadeln benutzt man, um Drogen zu injizieren.«
»Und das hast du bei beiden gefunden?«
»Ja.« Sie trank einen Schluck Wasser. »Und bei jeder Bluse habe ich unterhalb des Einstichs im Stoff Blutreste entdeckt. Ich werde beide überprüfen, aber ich vermute, dass sie von den Opfern stammen. Beide Frauen sind doch in der Datenbank?«
Er nickte. »Die Eltern haben vor Jahren dem Vermisstenregister DNA -Proben zur Verfügung gestellt. In der trügerischen Hoffnung, so ihre Spur zu finden.«
»Dann habe ich etwas zum DNA -Abgleich. Falls es nicht ihr Blut ist, erfährst du es als Erster.«
»Einstichlöcher.« Ric rieb sich die Wange. Er musste sich dringend rasieren. Ob er die letzte Nacht nicht zu Hause verbracht hatte? Oder gehörte er zu den Männern, deren Bart schnell wuchs?
»Ich habe in der Zeitung über den Paradieskiller gelesen«, sagte sie. Mia wollte das Gespräch in eine bestimmte Richtung lenken. »Die Ermittler vermuten, dass er seine Opfer unter Drogen setzt. Frauen sollten an der Bar ihre Drinks nicht aus dem Auge lassen.«
»Ketamin«, murmelte Ric und sah zu Boden. Er dachte über seinen Fall nach. Mia hatte viele Fälle dieser Art bearbeitet. Sie hatte Erfahrung, konnte Beziehungen herstellen und Unwesentliches ausblenden, wenn sie durch ihre Mikroskope sah.
»Ich hatte einen unserer Toxikologen gebeten, die Kleidung zu untersuchen«, sagte sie. »Und sie haben Spurenreste von Ketamin in beiden Kleidungsstücken gefunden.«
Ric verschränkte die Arme, sah sie an und sagte kein Wort. Offensichtlich war er vom Ergebnis ihrer Arbeit beeindruckt. Und auch sie war stolz auf sich – was ihr weniger gefiel.
»Gut«, sagte sie mit nervöser Stimme. Warum interessierte sie sich dafür, was dieser Mann über sie dachte? Und warum interessierte sie sein Fall so sehr?
»Ich war mir sicher, dass dich das interessiert«, sagte sie. »Die beiden vermissten Mädchen sind ein Fall. Und vielleicht gibt es auch eine Verbindung zum Paradieskiller.« Eigentlich hätte sie ihm noch mehr berichten können. Aber dazu brauchte sie noch die Bestätigung eines Kollegen aus dem Delphi Center.
Rics Augen glänzten, und ihr Herz begann – dummerweise – zu flattern.
»Weißt du, was das bedeutet?«, fragte er sie.
»Was?«
»Dank dir wird ein unaufgeklärter, abgelegter Fall wieder aufgenommen.«
15
Sie hörte Schreie.
Der Lärm drang in ihren Kopf und marterte das Gehirn.
Sie schlug die Augen auf und schloss sie sofort wieder. Wie Nadelstiche waren die Lichtstrahlen. Es war zu hell und zu laut. Das schrille Geschrei kam von draußen. Sie schielte zum Fenster.
Möwen.
Sie setzte sich auf. Elaina war in Troys Bett. Er lag ausgestreckt neben ihr, war vollkommen nackt und schlief fest. Sie sah sich um. Zerknitterte Laken, zerknautschte Jeans und ein gelber Stofffetzen, der unter dem Bett hervorlugte.
Allmählich konnte
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