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Wer einmal lügt

Wer einmal lügt

Titel: Wer einmal lügt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sollte sich lieber mit dem Teufel abgeben, den man kannte – denjenigen, den man zumindest teilweise unter Kontrolle hatte und der nicht einfach irgendwelche anständigen Bürger umbrachte und einem auch noch ein bisschen Knete rüberschob –, als mit dem, den man nicht kannte. Oder: Den Dreck aus der Stadt zu treiben war so, als wollte man das Meer mit einem Teelöffel leeren. Und so weiter … Goldberg hatte tausende solcher Weisheiten parat.
    Aber unter diesen Umständen war die Rechtfertigung sogar noch einfacher: Der Typ, der ihm einen Hunderter zugeschoben hatte, schien, zumindest bei oberflächlicher Betrachtung, auf der Seite der Guten zu stehen.
    Doch warum zögerte Goldberg dann?
    Er wählte die Nummer. Nach dem dritten Klingeln nahm jemand ab.
    »Schönen guten Tag, Mr Goldberg.«
    Der erste Grund für das Zögern: Sobald er die Stimme des Kerls hörte, bekam er eine Gänsehaut. Der Mann – er klang sehr jung – war immer höflich und betonte jeden Satz, als stünde ein Ausrufezeichen am Ende, wie bei einem altmodischen Musical. Dennoch – bei diesem Klang lief es Goldberg eiskalt über den Rücken. Aber es steckte noch mehr dahinter.
    Er hatte Gerüchte über diesen Kerl gehört. Geschichten über Bösartigkeit und Gewalt, die ihn und seine Partnerin betrafen. Geschichten, bei denen erwachsene Männer – große, kräftige, welterfahrene Männer, die, wie Goldberg, schon viel gesehen und erlebt hatten – die ganze Nacht kein Auge zu bekamen und die Decke ein ganz kleines bisschen höher zogen.
    »Ja«, sagte Goldberg. »Hallo.«
    Selbst wenn die Gerüchte übertrieben waren, selbst wenn nur ein Viertel des Getuschels der Wahrheit entsprach, war Goldberg in eine Sache hineingeraten, mit der er nichts zu tun haben wollte. Das beste Vorgehen wäre trotzdem, einfach das Geld zu nehmen und den Mund zu halten. Eigentlich hatte er ja auch keine andere Wahl. Denn wenn er jetzt ausstieg oder ankündigte, das Geld zurückzuzahlen, hätte er vielleicht die Stimme am anderen Ende der Leitung verärgert.
    Die Stimme sagte: »Was kann ich für Sie tun, Mr Goldberg?«
    Im Hintergrund hörte Goldberg ein Geräusch, bei dem ihm das Blut in den Adern gefror.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte er.
    »Oh, machen Sie sich darüber keine Gedanken, Mr Goldberg. Was wollten Sie mir sagen?«
    »Ich könnte noch eine Spur haben.«
    »Könnte?«
    »Ich bin mir einfach nicht ganz sicher.«
    »Mr Goldberg?«
    »Ja.«
    Was um alles in der Welt war das für ein Geräusch im Hintergrund?
    »Bitte erzählen Sie mir, was Sie wissen.«
    Er hatte ihnen schon alles, was er wusste, von Carlton Flynns Verschwinden erzählt. Wieso auch nicht? Er und seine Partnerin waren auch auf der Suche nach dem Vermissten – und sie zahlten wirklich verdammt gut.
    Das Letzte, was Goldberg weitergegeben hatte, war das, was er von Broome erfahren hatte: Carlton Flynn hatte eine Freundin gehabt, die als Stripperin im La Crème arbeitete.
    Er hörte ein Jaulen im Hintergrund.
    »Haben Sie einen Hund?«, fragte Goldberg.
    »Nein, Mr Goldberg. Habe ich nicht. Oh, aber als ich klein war, hatte ich einen wunderbaren Hund! Er hieß Ginger Snaps. Ein niedlicher Name, oder?«
    Goldberg antwortete nicht.
    »Sie wirken etwas verdrossen, Mr Goldberg.«
    »Das heißt Deputy Chief Goldberg.«
    »Möchten Sie, dass wir uns persönlich treffen, Deputy Chief Goldberg? Wir können dieses Thema auch bei Ihnen zu Hause besprechen, wenn Ihnen das lieber ist.«
    Goldbergs Herz setzte kurz aus. »Nein, das ist schon okay so.«
    »Also, was haben Sie mir mitzuteilen, Deputy Chief Goldberg?«
    Der Hund jaulte immer noch. Aber jetzt glaubte Goldberg noch ein anderes Geräusch zu hören. Ein anderes Jaulen vielleicht, oder etwas Schlimmeres, als Begleitung zum ersten – ein schreckliches, schmerzerfülltes Geräusch, so unmenschlich, dass es paradoxerweise nur von einem Menschen stammen konnte.
    »Deputy Chief Goldberg?«
    Er schluckte und fing an: »Kennen Sie diesen Anwalt namens Harry Sutton …«

ZEHN
    D ie Tür zu Harry Suttons Büro wurde geöffnet, und Cassie kam herein.
    Sie sah noch fast genauso aus wie früher.
    Das war Broomes erster Gedanke. Damals hatte Broome sogar etwas Kontakt zu ihr gehabt, sich im Club mit ihr unterhalten, daher erkannte er sie. Im Lauf der Jahre hatte sie ihre Haarfarbe leicht verändert – wenn er sich richtig erinnerte, war sie eher platinblond gewesen –, aber das war auch schon fast alles.
    Manche Leute mochten sich fragen, warum

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