Wer einmal lügt
wurden, behaupteten Sie, Ross Gunther nie zuvor begegnet zu sein. Stimmte das?«
»Nein.«
»Also haben Sie gleich mit einer Lüge angefangen.«
»Ja.«
»Warum?«
»Das soll jetzt ein Witz sein, oder? Ich wollte ihnen kein Motiv geben.«
»Also haben Sie gelogen?«
»Ja.«
»Sie haben der Polizei erzählt, dass Sie Gunther nicht kennen, obwohl mindestens fünf Personen gesehen haben, wie Sie ihn drei Tage vor seiner Ermordung in einer Bar angegriffen haben?«
Die Ketten klirrten, als Mannion seine kräftigen Achseln zuckte. »Ich war jung. Und dumm. Aber ich habe ihn nicht umgebracht. Das müssen Sie mir glauben.«
»Mr Mannion, das Ganze wird schneller gehen – und besser für Sie –, wenn Sie auf Ihre Proteste und die Hinweise auf Ihre Unschuld verzichten und einfach die Fragen beantworten, okay?«
»Ja, ’tschuldigung. Ist einfach so ein Reflex.«
»Sie hatten viel Zeit, über dieses Verbrechen nachzudenken, richtig? Nehmen wir mal an, ich würde Ihnen glauben. Wie ist das Blut des Opfers in Ihr Haus und Ihren Wagen gekommen?«
»Ganz einfach. Jemand hat es da reingeschmuggelt.«
»Also hat jemand Ihren Wagen aufgebrochen?«
»Wenn der Wagen in der Einfahrt stand, habe ich ihn nie abgeschlossen.«
»Und ins Haus?«
»Im Haus wurde kein Blut gefunden. Es wurde an der Waschmaschine in der Garage gefunden. Ich hatte die Garagentür offen gelassen. Machen doch viele.«
»Haben Sie irgendwelche Beweise dafür, dass das Blut hineingeschmuggelt wurde?«
Wieder lächelte Mannion. »Bei der Verhandlung hatte ich die nicht.«
»Aber jetzt haben Sie sie?«
»Genau das hab ich hier ja allen erzählt. Dass ich Beweise habe. Die meinten aber, dass es zu spät ist. Und dass sie nicht ausreichen.«
»Was sind das für Beweise, Mr Mannion?«
»Meine Hose.«
»Was ist damit?«
»Die Polizei hat in meinem Wagen doch das Blut von Gunther gefunden, stimmt’s?«
»Ja.«
»Und mein Hemd war völlig blutverschmiert. Ich habe Fotos vom Tatort gesehen. Die haben sie bei der Verhandlung gezeigt. Der Mörder hat Gunther ja fast den Kopf abgesägt. Da war alles voller Blut.«
»Stimmt. Und?«
Mannion breitete die Hände aus, so weit es ging. »Wie kommt es dann, dass an meiner Hose kein Blut gefunden wurde?«
Broome überlegte einen Moment lang. »Vielleicht haben Sie sie versteckt?«
»Also, nur, damit das klar ist: Ich hab irgendwie meine Hose versteckt – die Unterhose, die Socken und, Scheiße, es war ziemlich kalt, also auch noch meinen Parka – und hab das T-Shirt dann für die Polizei liegen lassen? Oh, und die Temperatur an dem Abend lag um den Gefrierpunkt, warum soll ich da überhaupt in einem kurzärmligen T-Shirt rumgelaufen sein? Warum war nur das voller Blut und nicht der Pullover oder das Sweatshirt?«
Gute Argumente. Sie reichten gewiss nicht, um ein Urteil aufzuheben, aber was Broome betraf, klang das alles sehr einleuchtend. Mannion sah ihn so hoffnungsvoll an. Broome, so grausam es auch erscheinen mochte, ließ sich nichts anmerken. »Was noch?«
Mannion blinzelte. »Was meinen Sie damit?«
»Mehr haben Sie nicht?«
Der Mann blinzelte schneller. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der gleich zu weinen anfangen würde. »Ich dachte, man ist unschuldig, bis die Schuld bewiesen ist?«
»Aber man hat Ihre Schuld doch schon bewiesen.«
»Ich war’s nicht. Ich mache einen Lügendetektor-Test oder sonst irgendwas.«
»Noch einmal, nehmen wir an, Sie würden die Wahrheit sagen. Wer könnte Sie denn auf dem Kieker gehabt haben?«
»Was?«
»Sie behaupten, man hätte Sie reingelegt, ja? Wer wollte Sie denn hinter Gittern sehen?«
»Ich weiß es nicht.«
»Was ist mit Stacy Paris?«
»Stacy?« Mannion verzog das Gesicht. »Sie hat mich geliebt. Sie war meine Freundin.«
»Und sie hat Sie mit Ross Gunther betrogen.«
»Das hat er behauptet.« Er verschränkte die Arme. »Es stimmte nicht.«
Broome seufzte und machte Anstalten aufzustehen.
»Warten Sie. Okay, so war’s nicht.«
»Sondern wie?«
»Stacy und ich. Wir hatten so eine Art Abmachung.«
»Was für eine Abmachung?«
»Das lief in der richtigen Welt einfach so, wissen Sie?«
»Ich weiß gar nichts, Mr Mannion. Erzählen Sie es mir doch einfach.«
Mannion versuchte, die Hände zu heben, aber die Ketten hielten ihn davon ab. »Also privat sind wir uns treu gewesen. Aber professionell – na ja, da war das in Ordnung, verstehen Sie?«
»Wollen Sie sagen, Stacy Paris war eine Prostituierte und Sie waren ihr
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