Wer fuerchtet sich vor Stephen King
den durch seine Zombie-Kultfilme NIGHT OF THE LIVING DEAD und DAWN OF THE LIVING DEAD bekannt gewordenen Regisseur George Romero ein Drehbuch schrieb, das das Flair jener EC-Comics einfangen sollte. Der Film bestand nach dem Vorbild der Comics aus fünf einzelnen Episoden, die durch eine Zeichentrick-Rahmenhandlung – eine erneute Verbeugung vor dem Verlag EC – verbunden wurden. Zwei Episoden, „The Lonesome Death of Jordy Verrill“ (als „Weeds“) und „The Crate“ (unter demselben Titel), hatte King bereits als Kurzgeschichten veröffentlicht, die drei anderen verfasste er eigens für den Film.
Als später ein „Buch zum Film“ ins Gespräch gebracht wurde, schlug King vor, ein Comic-Album zum Film zu veröffentlichen, wie es sich geziemt. Als Zeichner wurde Berni Wrightson verpflichtet, der spätestens seit seinen SWAMP THING-Heften einer der begehrtesten amerikanischen Comic-Zeichner war und für eine kongeniale Umsetzung des Films ins Medium Comics sorgte.
Ganz bewusst beschränkt sich die Bandbreite der fünf Episoden auf jenen Horror, wie EC ihn Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre pflegte: teilweise moralisierende Pointengeschichten mit stets schrecklichem Ausgang für die meisten Beteiligten. „Vatertag“ und „Wenn das Grauen dich überrollt“ beschreiben auf unterschiedliche Weise die grausame Rache von Ermordeten an ihren Mördern aus dem – trockenen oder nassen – Grab heraus, „Der einsame Tod des Jordy Verrill“ (der im Film übrigens von King gespielt wird) die Verwandlung eines tumben Bauern, der mit einem Meteor in Berührung gekommen ist, in ein grasbewachsenes Ungeheuer; „Die Kiste“ enthält ein schreckliches Ungeheuer, das ein Universitätsprofessor benutzt, um seine ungeliebte (und unerträgliche) Frau umzubringen, und „Der Wanzenhasser“ fällt ebenfalls einer fürchterlichen Rache zum Opfer – der der Küchenschaben, die er energisch und zielstrebig umgebracht hat.
Ganz bestimmt keine Geschichten, die das Genre Horror revolutionieren – aber tiefe Verbeugungen vor den Horrorcomics, die Kings Karriere schon frühzeitig und nachhaltig beeinflusst und vielleicht erst auf den Weg gebracht haben, unterhaltsame, kleine Storys, die von Wrightson grafisch brillant in Szene gesetzt wurden.
DAS JAHR DES WERWOLFS (CYCLE OF THE WEREWOLF, 1983) hat ebenfalls eine seltsame Entstehungsgeschichte, an der der Zeichner Berni Wrightson beteiligt war. Auf der World Fantasy Convention 1979 in Providence, Rhode Island, wurde King von dem Jungverleger Christopher Zavisa angesprochen, der von Wrightson ein wahrhaft prachtvolles Buch mit dessen besten Illustrationen und Comics herausgegeben hatte, ob er nicht eine Kalendergeschichte schreiben wolle: Wrightson sollte zu jedem Monat ein Bild malen und King dazu einen Text von fünfhundert Wörtern verfassen. King kam zum Schluss, dass sich dazu – wegen der zwölf Vollmonde – das Werwolf-Thema anböte, das er bislang nur kurz und andeutungsweise in seinem Roman CHRISTINE verwendet hatte, und stimmte zu.
Allerdings geriet das Projekt schnell aus den Fugen. Kings Texte wurden immer länger, und aus dem geplanten Kalender wurde ein in einer limitierten Auflage von 1200 Exemplaren schön produziertes, großformatiges Prachtbuch mit zwölf Farb- und sechsunddreißig Schwarzweißzeichnungen. Die Geschichte – eher eine Novelle als ein Roman – folgt dem typischen Werwolf-Mythos, der von den klassischen Horrorsujets – etwa im expliziten Gegensatz zum Vampir-Mythos – die wenigsten sexuellen Untertöne aufweist, sondern eher ein gequältes Wesen zum Inhalt hat, das gegen den auf ihm liegenden Fluch machtlos ist und bei Vollmond töten muss, weil es nicht anders kann: Hier geht es um die Verwandlung in ein Tier, in dessen Gestalt man seine Triebe ausleben kann, und um die Bemühung, diese Verwandlung zu beherrschen und sich als Mensch durchzusetzen. King modernisiert den Mythos natürlich – die Opfer des Werwolfs, der in der Kleinstadt Tarker’s Mills sein Unwesen treibt, haben es alle irgendwie verdient (auch auf dem idyllischen Lande wohnen mittlerweile schlechte Menschen). Und zur Strecke gebracht wird er von einem behinderten Jungen, der seine Informationen über den Umgang mit Werwölfen natürlich der Horrorliteratur verdankt. King variiert den Mythos immerhin, indem er ausgerechnet den Baptisten-Reverend des Ortes, Lowe, zum Werwolf werden lässt – undenkbar in klassischen Variationen des Themas – und ihn als
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