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Wer hat Alice umgebracht?

Wer hat Alice umgebracht?

Titel: Wer hat Alice umgebracht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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schätzen, durch die Gegend gefahren zu werden. In vielen Gegenden von Glasgow sollte man nachts nicht allein zu Fuß unterwegs sein, schon gar nicht als Frau.
    Er schloss die Beifahrertür für mich auf, und ich ließ mich auf den Sitz neben ihm fallen.
    „Das ist echt ein cooler Retro-Schlitten, Cameron.“
    „Danke für die Blumen, aber er gehört nicht mir. Ich habe mir das Auto von meinem Kumpel Ernie geliehen. Eigentlich ist es das Auto von seinem Granddad, aber der alte Herr ist einundneunzig Jahre alt und setzt sich nicht mehr ans Steuer.“
    Ich erwiderte nichts, sondern genoss einfach nur. Mit Cameron allein im Wagen zu sitzen war ein magischer Moment. Es war dunkel, nur der Tacho und die anderen Instrumente des Armaturenbretts leuchteten grünlich. Fast hätte ich mir gewünscht, dass Cameron nicht losfahren möge. Es fühlte sich einfach gut und richtig an, so nah bei ihm zu sein.
    Als er seine Hand auf die Kupplung legte, griff ich spontan nach seiner Hand.
    „Warum tust du das alles für mich, Cameron?“
    Er lachte leise. Aber es klang nicht so, als würde er sich über mich lustig machen. Und auch seine folgenden Worte sollten mich nicht veralbern. Jedenfalls fasste ich sie nicht so auf.
    „Ich bin ein edler Ritter in einer schimmernden Rüstung. Ist dir das noch nicht aufgefallen? Und wenn eine holde Jungfrau in Bedrängnis ist, dann schwinge ich mich in den Sattel meines Streitrosses.“
    „Bist du dir so sicher, dass ich eine Jungfrau bin?“, gab ich frech zurück. Da war sie wieder, meine große Klappe. Wie in meinen besten Zeiten. Eigentlich war mir ja mehr nach romantischer Zweisamkeit zumute als nach einem coolen Wortgeplänkel. Aber nachdem Cameron mich schon wegen meiner unauffälligen Klamotten unter Graue-Maus-Verdacht gestellt hatte, wollte ich lässig und selbstbewusst rüberkommen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so ein Mädel ihm gefiel. Also sollte er möglichst bald kapieren, dass ich nicht so war.
    „Weiß nicht.“ Cameron ließ den Motor an. „Auf jeden Fall gibt es bestimmt eine Menge Typen, die auf dich stehen. Und das, obwohl du dich so unnahbar gibst.“
    Er fuhr los, und wieder einmal fehlten mir die Worte. Machte ich wirklich so einen merkwürdigen Eindruck auf Typen? Vielleicht lag es ja daran, dass ich schlechte Erfahrungen mit meinem Ex gesammelt hatte. Sicher, ich ging oft mit meinen Freundinnen weg und machte gern Party. Aber wenn sich ein Mann für mich interessierte, zog ist meistens schnell die Notbremse. Ich redete mir dann immer ein, er wäre ja sowieso nicht der Richtige. Argumente, warum ein Typ nicht infrage kam, fanden sich immer erstaunlich schnell. Doch meistens ließ ich den Verehrer gar nicht nahe genug an mich heran, um ihn besser kennenzulernen.
    Und nun war plötzlich Cameron in mein Leben getreten, und bei ihm war alles anders. Ich wollte mich ihm gegenüber öffnen. Und das nicht nur, weil ich ihn schon nackt gesehen hatte.
    Während ich mich schweigend mit meinem Gefühlswirrwarr beschäftigte, lenkte Cameron den Vauxhall durch das nächtliche Glasgow. Er fuhr nicht zu schnell, sodass wir sicher nicht wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Polizei angehalten werden würden. Außerdem hatte Cameron es nicht nötig, den Formel-1-Fahrer zu spielen, um eine Frau zu beeindrucken. Ich hatte völlig die Orientierung verloren, besonders gut kannte ich mich in Glasgow immer noch nicht aus. Aber Cameron wusste anscheinend, wohin er wollte. Immerhin war er Kurierfahrer gewesen, fiel mir gerade wieder ein. Er bog in eine stille Straße ein, die Water Row hieß. Sie befand sich in der Nähe des Flusses. Am anderen Ufer stand das imposante Gebäude des Riverside Museums, das nachts angeleuchtet wurde. Aber für Architektur hatte ich in diesem Moment keinen Sinn. Cameron stellte den Motor ab und deutete auf eines der restaurierten Reihenhäuser.
    „Dort lebt Alices Freund. Und es sieht ganz so aus, als ob er daheim wäre.“
    Ja, in mehreren Räumen brannte Licht. Falls Robert Cincade nicht die Beleuchtung angelassen hatte, als er gegangen war, musste er wirklich zu Hause sein. Nun wurde es ernst. Zum ersten Mal in meinem Leben trat ich einem Mörder entgegen. Jedenfalls hielt ich Robert Cincade dafür.
    „Er wird ganz schön überrascht sein, wenn ich ihm jetzt auf die Pelle rücke“, sagte ich. Dabei klang ich hoffentlich mutiger, als ich es in Wirklichkeit war. Aber ehrlich gesagt, wollte ich nicht nur den Mörder finden, sondern auch Cameron

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