Wer hat Alice umgebracht?
zu öffnen.
„Hey, bist du ein Profi-Einbrecher?“
„Unsinn, Lindsay. Aber ich habe mich mal aus Versehen selbst in diesem Gebäude eingeschlossen. Ich habe hier auch mal trainiert, weil ich als Aktmodell die Geräte kostenlos nutzen durfte. Da hatte ich die Wahl, entweder bis zum Morgen zu warten oder irgendwie zu versuchen, das System auszutricksen. Wenn man das Prinzip verstanden hat, ist es gar nicht so schwer.“
Ich nickte nur. Eigentlich war es mir auch egal, woher Cameron diese fragwürdige Fähigkeit besaß. In diesem Moment war ich in Gedanken schon völlig bei Allison. Eine Mischung aus Wut und Enttäuschung schnürte mir die Kehle zu. Warum nur hatte meine Freundin mich mit ihrer Falschaussage ins Unglück gestürzt? Ich hoffte, auf diese Frage nun bald eine Antwort zu finden.
Als wir erst im Gebäude waren, beachtete uns niemand. Zwar kamen uns einige Studenten entgegen, aber keiner von ihnen schenkte uns Aufmerksamkeit. Das wunderte mich nicht. Wer zum Uni-Sport ging, dachte vor allem an sein eigenes Training, höchstens vielleicht noch an seine Teamkameraden. Aber nicht an ein junges Pärchen, das ebenfalls einen sehr zielgerichteten Eindruck machte. Und die Polizei würde uns hier zuallerletzt vermuten. Jedenfalls hoffte ich das.
Wir gingen an einigen Gymnastiksälen und Mehrzweckhallen vorbei. Die Geräuschkulisse bewies uns, dass dort die Basketballspieler und die Fechter zugange waren. Man hörte deutlich das Dribbeln und Aufschlagen der Bälle, das metallische Klirren der Klingen und das schrille Piepen der Trefferanzeige. Cameron und ich bewegten uns auf den Westflügel des Gebäudes zu, in dem sich der Kraftraum befand.
„Okay, ich gehe jetzt mal in die Damen-Umkleide und peile die Lage. Ich weiß noch nicht, wie ich mit Allison in Kontakt treten kann. Da muss ich mir was einfallen lassen.“
„Alles klar, Lindsay. Ich warte hier neben dem Getränkeautomaten. Wenn du meine Hilfe brauchst, musst du nur laut genug schreien.“
„Das werde ich tun. Drück mir die Daumen.“
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab Cameron einen schnellen Kuss. Dann wandte ich mich von ihm ab und betrat den weitläufigen Umkleideraum. Dort herrschte das übliche Chaos. Mein suchender Blick schweifte hin und her, aber ich konnte nirgendwo Klamotten entdecken, die meiner verräterischen Freundin gehörten. Und wenn sie momentan gar nicht trainierte?
Ich hätte natürlich die Umkleide durchqueren und in den Kraftraum hinübergehen können. Aber wenn Allison mich erblickte, schlug sie womöglich gleich Alarm. Nein, ich musste sie irgendwie allein abpassen. Aber war das überhaupt möglich? Ich musste mir eingestehen, dass ich keinen brauchbaren Plan hatte.
Da bemerkte ich ein unscheinbares blondes Mädchen, wahrscheinlich ein Erstsemester. Die Studentin zog sich gerade ihren Sport-BH an. Ansonsten war sie mit Shorts und Hallenschuhen bekleidet. Sie schlüpfte noch in ein T-Shirt, griff sich ihr Handtuch sowie ihre Trinkflasche und nickte mir zu. Offenbar wollte sie gerade zum Training gehen.
Da hatte ich eine Idee.
„Hallo. Sag mal, kennst du Allison Westley?“
„Meinst du dieses Kraftpaket? Sie studiert Kunst, nicht wahr? Und sie will an irgendwelchen Bodybuilding-Meisterschaften teilnehmen. Das erzählt sie jedenfalls jedem, der es hören will.“
Ich musste grinsen. Die Blonde gefiel mir. Und die Beschreibung passte zu Allison.
„Ja, genau die meine ich. – Kannst du mir einen Gefallen tun? Wenn du sie gleich im Kraftraum siehst, könntest du sie dann in die Umkleide schicken?“
Die Studentin zuckte mit den Schultern.
„Sicher, das könnte ich tun. Aber warum gehst du nicht selbst zu ihr?“
Mit dieser Frage hatte ich gerechnet. Und als ich jetzt wieder den Mund öffnete, ging mir die Lüge glatt über die Lippe.
„Ich will Allison überraschen. Ich bin nämlich ihre beste Freundin und studiere eigentlich in Amerika. Sie weiß noch nicht, dass ich für ein paar Tage nach Glasgow gekommen bin. Sie wird große Augen machen, wenn sie mich sieht.“
Ich zwinkerte der Blonden verschwörerisch zu und grinste.
„Ah, ich verstehe. Und was soll ich sagen, wenn Allison fragt, warum sie in die Umkleide kommen soll?“
„Du kannst ja behaupten, jemand hätte versehentlich klebrigen Saft auf ihre Klamotten geschüttet.“
Die Studentin lachte.
„Ich weiß ja gar nicht, ob sie jetzt überhaupt da ist. Aber falls nicht, dann komme ich gleich wieder und sage dir Bescheid.“
Mit
Weitere Kostenlose Bücher