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Wer hat Alice umgebracht?

Wer hat Alice umgebracht?

Titel: Wer hat Alice umgebracht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hogan
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wäre für sie sinnlos gewesen, denn dadurch bekam sie das Stipendium garantiert nicht zugesprochen. Es hätte Fiona mehr gebracht, mich zu ermorden.
    Schweigend quälte ich mich mit diesen düsteren Überlegungen. Auch Cameron war nicht gesprächig, hielt aber die ganze Zeit meine Hand, während wir im Auto saßen. Dadurch fiel etwas von der Anspannung von mir ab. Einmal wäre ich beinahe ausgeflippt, als ein Streifenwagen an einer roten Ampel direkt neben uns stand. Allison hätte einfach nur aus dem Mitsubishi Colt springen und zu den Officers hinüberlaufen müssen. Cameron und ich saßen ja hinten in der zweitürigen Karre und konnten nicht so schnell entkommen.
    Aber meine Freundin bewegte sich nicht. Sie blieb hinter dem Lenkrad sitzen. Als die Ampel auf Grün sprang, fuhr sie so vorschriftsmäßig los, als ob sie gerade eine Fahrschulprüfung ablegen würde. Wenig später bog das Polizeiauto links ab, und ich stieß erleichtert die Luft aus.
    „Hast du gedacht, ich würde euch verraten, Lindsay?“
    „Es wäre ja nicht das erste Mal“, sagte Cameron, bevor ich etwas erwidern konnte. Während der restlichen Fahrt herrschte im Auto eisiges Schweigen. Ich war hin und her gerissen. Einerseits fand ich es schade, dass Cameron und Allison sich offenbar nicht ausstehen konnten. Aber andererseits war es auch sehr schmeichelhaft für mich, dass mein Freund sich so eindeutig auf meine Seite schlug. Was immer auch passieren würde, auf Cameron konnte ich mich hundertprozentig verlassen. Daran hatte ich nicht den geringsten Zweifel.
    Endlich erreichten wir die Glasgow School of Art. Allison parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite unweit eines Seiteneingangs. Bis dorthin reichte der Radius der Überwachungskameras nicht, jedenfalls hofften wir das. Meine Bodybuilding-Freundin griff zu ihrem Handy.
    „Ich werde Fiona simsen, dass sie zu der Tür hier kommen soll“, sagte Allison. „Ich schreibe ihr, dass etwas Wichtiges geschehen ist, über das ich persönlich mit ihr sprechen will. Sobald sie erscheint, verfrachte ich Fiona in mein Auto. Und dann sehen wir weiter.“
    Sie schickte die Nachricht ab. Zwei Minuten verstrichen, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen. Wenn meine Streberfreundin Fiona nun im Seminar ihr Telefon abgeschaltet hatte? Oder wenn sie misstrauisch wurde und den Sicherheitsdienst rief? Je länger ich darüber nachdachte, desto blöder kam mir Allisons Einfall vor.
    Doch dann ertönte das Signal, dass soeben eine Textnachricht eingetroffen war.
    „Fiona schreibt, sie will runterkommen“, sagte Allison aufgeregt. „Ich fange sie ab, bevor sie es sich anders überlegt. Bis gleich.“
    Und ehe Cameron und ich etwas erwidern konnten, hatte sie ihr Auto verlassen und die Fahrbahn überquert. Wir konnten beobachten, wie sich Allison direkt neben dem Eingang auf die Lauer legte.
    Nun verhielt sich Allison ganz anders als in der Umkleidekabine. Zuerst war sie unsicher gewesen, hatte sich in Grund und Boden geschämt. Trotz ihrer körperlichen Stärke war sie mir sehr schwach vorgekommen. Doch seit meine Freundin mir ihre Hilfe angeboten hatte, wuchs ihre Entschlossenheit von Minute zu Minute. Jedenfalls war das mein Eindruck. Eine Verbündete wie Allison konnten wir jetzt gut gebrauchen.
    Nur Cameron war immer noch nicht überzeugt von ihr. Das wurde mir klar, als ich mich plötzlich mit ihm allein im Wagen befand.
    „Lindsay, willst du dich wirklich auf diese falsche Schlange verlassen? Wegen ihr bist du unter Mordverdacht geraten, ist dir das eigentlich klar?“
    „Ja, und Allison weiß es auch. Sie bereut ihren Fehler zutiefst. Alice hat sie und Fiona erpresst; so kamen die Falschaussagen überhaupt nur zustande.“
    „Ich hoffe, dass du dich auf deine Menschenkenntnis verlassen kannst. Sonst landen wir beide nämlich im Handumdrehen im Knast.“
    Mir war natürlich klar, dass Camerons Schicksal nun untrennbar mit meinem verbunden war. Die Justiz würde es gar nicht lustig finden, dass er mir bei der Flucht geholfen hatte. Konnte es einen besseren Liebesbeweis geben? Plötzlich wurde mir so richtig klar, was Cameron alles für mich riskierte. Ich wurde von einem warmen Gefühl der Zuversicht durchströmt, obwohl wir, objektiv gesehen, immer noch ziemlich in die Röhre schauten.
    „In dir habe ich mich jedenfalls nicht getäuscht“, flüsterte ich ihm ins Ohr. „Und du musst Allison einfach zugestehen, dass sie aus ihren Fehlern lernen kann.“
    Darauf erwiderte Cameron nichts.

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