Wer hat Angst vor Beowulf?
ja toll«, freute sich Held Ohtar, der schon bei ganzen Generationen von Sagenliebhabern als notorischer Verlierer von Federmessern und Stricken verschrien war. »Warum ist uns so etwas bloß selbst nie eingefallen?«
»Firlefanz nenne ich so was«, grummelte Angantyr, aber niemand beachtete ihn. Im großen und ganzen schienen die Helden mit den neuen Kleidungsstücken zufrieden zu sein – natürlich mit Ausnahme von Brynjolf, dem Verwandlungskünstler, genannt der Verwandter. Er hatte kurz einen Blick auf seinen Anzug geworfen und sich dann in sein exaktes Ebenbild verwandelt, das einen ähnlichen Anzug trug, der nur etwas schmalere Aufschläge und einen Extraknopf an den Manschetten hatte. Der Anzug des Königs paßte selbstverständlich wie angegossen. Dennoch sah er, wie alle anderen auch, eher aus wie ein skandinavischer Held im Konfirmationsanzug oder wie ein frisch entlassener Häftling.
Der König nahm Hildy beiseite und flüsterte ihr ins Ohr: »Während Ihrer Abwesenheit hat Kotkel zwei alte Freunde wiedergefunden.«
Hildy runzelte die Stirn. »Zwei alte Freunde. Meinen Sie vielleicht …«
»Kotkel!« rief der König.
Der Zauberer kam hinter einem Baum hervor. Offensichtlich hatte er keine Probleme gehabt, sich mit dem Grundkonzept von Taschen anzufreunden; seine waren bereits von kleinen Knochen und diversen Lumpen völlig ausgebeult. Er gab dem König und Hildy ein Zeichen, ihm zu folgen, und führte die beiden hinter eine kleine Erhebung, wo die anderen sie nicht sahen.
»Darf ich vorstellen? Das sind Zxerp und Prexz«, sagte der König.
Zunächst sah Hildy überhaupt nichts. Dann machte sie zwei schwache Lichtflecke über dem Gras aus, die wie reflektierende Brillengläser aussahen, nur sehr viel größer.
»Das sind sozusagen seine Hausgeister«, erklärte der König. »Sie sind anscheinend mit uns zusammen im Grabhügel eingeschlossen gewesen, und das wahrscheinlich genausolange wie wir. Die beiden sind die Diener des ›Glücks von Caithness‹.«
»Was dagegen?« warf einer der Lichtflecke ein.
»Kotkel hat mir erzählt, wie die Sache wirklich funktioniert«, fuhr der König fort, ohne auf den Zwischenruf einzugehen. »Und diese beiden haben eine ganze Menge damit zu tun. Die Spange selbst ist ein … ein … Wie nennt man das noch mal?«
Der Zauberer gab ein Geräusch wie eine Geflügelschere von sich, mit der gerade ein Kadaver zerschnitten wird. »Richtig, eine Art Störgerät. Es mischt sich in die Magie der anderen Seite ein. Um das zu können, braucht es aber ungeheure Mengen positiver Energie, und das repräsentieren praktisch diese beiden da.«
»Schön zu wissen, daß uns jemand zu schätzen weiß«, bemerkte einer der Lichtflecke.
»Aufmüpfige und wenig entgegenkommende Energie zwar«, fuhr der König mit strenger Miene fort, »aber nichtsdestotrotz Energie. Sobald Kotkel alle Einzelteile richtig zusammengebaut hat, kann er die beiden mit der Spange verbinden, und sämtliche Zauberkünste des Feindes sind nutzlos. Sobald wir das erst einmal erreicht haben, können wir uns an die eigentliche Arbeit machen. Er kann dann seine Zauberkräfte nicht mehr gegen uns einsetzen und wird nicht einmal wissen, daß wir kommen – wie damals beim erstenmal. Dann gibt es für uns nur noch die relativ leichte Aufgabe zu erledigen, ihm eins über den Schädel zu ziehen. Immer vorausgesetzt, es wird wirklich so einfach – jedenfalls werden wir die Dinge auf uns zukommen lassen.«
»Das klingt ja fabelhaft«, bemerkte Hildy mit leicht nervöser Stimme, zumal sie fürchtete, daß noch etwas folgen werde.
»Das Problem liegt offenbar darin, die richtigen Einzelteile zusammenzubekommen«, setzte der König seine Ausführungen fort. »Kotkel ist sich nicht voll und ganz sicher, was er alles brauchen wird. Er sagt, er wird es erst wissen, wenn er es sieht.« Der König schüttelte betrübt den Kopf.
»Welche Dinge braucht er denn?«
»Das ist eine sehr gute Frage.«
Hildy hatte genügend akademische Seminare besucht, um zu wissen, daß eine Frage immer dann als sehr gut erachtet wurde, wenn niemand eine Antwort darauf wußte – nach ihrem Dafürhalten ließ eine solch destruktive Form der Fragestellung nur auf ein völlig unsensibles Verhalten des Fragestellers schließen –, und sie machte ein langes Gesicht. »Und was jetzt?«
»Ich halte es für den beste Plan, wenn wir irgendwo hingehen, wo der Zauberer alle Dinge sehen kann, die er braucht. Finden Sie nicht? Und dabei wird es sich
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