Wer hat Angst vor Beowulf?
wahrscheinlich an Unterkühlung gestorben sind. Ich vermute, die klagen deshalb noch eine Entschädigung wegen des schmerzlichen Verlustes eines Mitarbeiters ein.«
»Hören Sie, ich hab nicht soviel Zeit und …«
»O nein«, unterbrach ihn der Chef. »Sie werden doch wohl nicht wieder vom Fischministerium verfolgt, oder? Ich dachte, mit dem Kram wären wir durch.«
»Es ist nicht das Fischministerium, es ist …« Danny überprüfte sich selbst. Das wichtigste war jetzt, die Nerven zu behalten. »Ich bin diesmal an einer wirklich großen Sache dran.«
»Wo auch immer Sie dran sind, legal ist es bestimmt nicht«, warf der Chef ein.
»Diese Story hat alles«, fuhr Danny fort, »multinationale Konzerne, Atomkraft, Spiritismus, Wikingergräber, einfach alles.«
»Was ist mit Tieren?«
Danny dachte an den Adler, der die Lieferwagen angegriffen hatte. »Kommen auch vor. Es gibt sogar einen eindeutigen Tierweltaspekt. Auch Ökologie und Polizeibrutalität.«
Der Chef war einen Moment lang still. »Und es hat überhaupt nichts mit Milch zu tun?«
»Das hier ist größer als Milch«, schwärmte Danny. »Es geht um ein weltumfassendes Problem.« Irgendwie hatte Danny den Eindruck, daß sein Herr und Meister nicht überzeugt war. Verzweifelt spielte er seinen letzten Trumpf aus. »Sie wollen sich diese Story doch wohl nicht entgehen lassen wie damals, als Sie die Sache mit dem Goldhamster dieses kleinen Mädchens, der in Porton Down verlorenging, nicht verfolgt haben und die Konkurrenz sich darauf gestürzt hat, oder? Am Ende wurde daraus eine eigene Serie. Erinnern Sie sich?«
»Also gut«, willigte Dannys Chef ein. »Erzählen Sie mir mehr von Ihrer Story.«
»Warum hast du so lange gebraucht?«
Die Krähe ließ sich müde vom Dach des Lieferwagens fallen und setzte sich auf das Handgelenk des Königs.
»Hab mich verflogen«, murmelte sie und faltete die regendurchnäßten Flügel zusammen. »Meine eigene Dummheit. Nächstes Mal fliege ich als Taube.« Die Krähe verschwand und wurde durch einen erschöpften Verwandter ersetzt.
»Und? Wie ist es gelaufen?« fragte der König neugierig und bot dem Verwandter die verzauberte Bierdose an. Brynjolf nahm ein paar kräftige Züge und wischte sich den Mund mit dem Ende seines Barts ab.
»Nicht so gut, fürchte ich. Ich hab zwar alle befreien können, aber es hat Komplikationen gegeben.« Er berichtete dem König in knappen Worten, was geschehen war, und fuhr dann fort: »Aber da ist noch etwas. Erinnerst du dich an diese komischen Zauberer in den Lieferwagen, die wir auf Hildys Rat hin aufhalten sollten?«
»Was ist mit denen?«
»Einer von denen, der Chefzauberer, ist wieder aufgetaucht. Anscheinend haben die Jungs ihn gefangengenommen, als er in den Bergen herumirrte. Angantyr glaubt, daß er jetzt auf unserer Seite ist.« Er machte eine Pause, damit der König seine eigenen Schlußfolgerungen ziehen konnte.
»Und? Ist er auf unserer Seite?«
»Wer weiß? Nach der Rauferei ist er rausgegangen und hat eins dieser Telefondinger benutzt. Kann sein, daß er wirklich auf unserer Seite ist, aber ich würde nicht darauf wetten.«
»Das werden wir bald wissen«, mischte sich Hildy ein und schaute auf die Uhr. »Wir müssen nur irgendwo einen Fernseher auftreiben.«
Erst im dritten Pub, das sie besuchten, gab es einen Fernseher, aber dort lief gerade eine Folge des ›Denver Clan‹. Als Hildy umschaltete, hagelte es zunächst Proteste, denen sich Brynjolf sogar anschloß. Aber als der König aufstand und den Blick durch den Schankraum schweifen ließ, schien niemand mehr auf seiner Meinung beharren zu wollen. Die Neun-Uhr-Nachrichten kamen. Hildy ergriff den Stiel ihres Glases und wartete gespannt.
Zuerst wurde ein Bericht aus dem Nahen Osten gezeigt, dann eine Reportage über das Gesundheitswesen und ein Interview mit dem zuständigen Minister (»Mensch, den kenn ich von irgendwoher!« platzte Arvarodd los und beugte sich vor. »Hat der nicht in der Nähe von Brattahlid Landwirtschaft betrieben?«). Schließlich folgten etwas längere Beiträge über die Begrenzung der durch die Regierung erhobenen Gemeindesteuer und einen kleineren Spionagefall. Dann gab es noch einen Bericht über einen gestrandeten Wal in der Nähe von Plymouth – die Wikinger leckten sich instinktiv die Lippen – und zum Schluß die Sportnachrichten. Hildy entspannte sich allmählich.
»Soeben erreicht uns noch eine aktuelle Nachricht«, sagte der Sprecher mit versteinertem Gesicht.
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