Wer hat Angst vor Jasper Jones?
halte den Mund, was sie mit Sicherheit für widerwillige Zustimmung hält, kaue den Toast, den sie mir präsentiert, und blättere uninteressiert in einer der Zeitungen, die mein Vater gerade nicht liest. Er ist auffallend ruhig heute Morgen. Mit seiner zerstreuten Art wirkt er immer ein wenig distanziert, doch heute Morgen hat er etwas von einem Geist.
Meine Mutter gibt sich beschäftigt und wischt in ihrer makellos sauberen Küche herum. Während sie aus dem Fenster schaut, wendet sie sich in strengem Tonfall an mich.
«Charlie, wenn du heute zu Jeffrey gehst, möchte ich, dass du dort bleibst oder auf der Straße, wo ich dich sehen kann.»
Ich stutze und runzle die Stirn.
«Warum?»
«Weil ich es sage. Darum.»
Ich schaue meinen Dad an, aber wie üblich kommt keine Meinungsäußerung von seiner Seite des Tisches. Ich könnte genauso gut mit einem wohlgenährten Bernhardiner am Tisch sitzen. Ich strecke die Hände aus, als würde ich darin eine unsichtbare Schüssel mit Fragen halten.
«Was soll das denn für ein Grund sein?»
«Ich bin deine Mutter. Ich brauche keinen Grund.»
«Das ist noch nicht mal logisch!», platze ich heraus, und sie wirbelt herum. Jetzt bin ich reif. Das Funkeln ist wieder da. Dieser Blick könnte Errol Flynn in einen Eunuchen verwandeln. Ich muss einfach blinzeln und den Blick abwenden. Es ist, als versuche man direkt in die Sonne zu schauen.
«Willst du mir weiter Widerworte geben oder gefälligst tun, was ich dir sage?»
Ich hasse diese rhetorische Sackgasse. Sie gibt mir keine Chance. Ich kann nie gewinnen, kann nicht einmal eine Pattsituation herstellen. Für mich gibt es drei rote Türen, auf der einen steht
Schweigen
, auf der anderen
Zustimmung
und auf der dritten
Prügel
. Sobald ich eine davon öffne, hat sie gewonnen.
In diesem Moment hasse ich meine Eltern ebenso sehr, wie ich Wespen hasse: meinen Vater für seine Verwirrtheit und Nutzlosigkeit und meine Mutter für ihre Drohgebärden.
Ich öffne die rote Tür mit der Aufschrift
Schweigen
. Die am wenigsten schmerzhafte Niederlage.
«Gut.» Meine Mutter wendet sich ab, um ihre saubere Arbeitsplatte abzuwischen.
Still vor mich hin schäumend, esse ich meinen Toast zu Ende und sitze die Zeit ab, während ich hin und wieder vorwurfsvoll zu meinem Vater hinüberblicke. Ich überfliege die Zeitungsschlagzeilen und lese, auf welche Art die Amerikaner die Vietnamesen retten und dass vielleicht bald weitere australische Truppen hinübergeschickt werden.
Das verwirrt mich, denn mein Vater hasst den Krieg. Er wollte in die Stadt fahren, um sich an den Protesten zu beteiligen, doch meine Mutter hat ihn davon abgehalten. Es sei Zeit- und Geldverschwendung, nur für einen Massenspaziergang dorthin zu fahren. Ich hatte gehofft, dass Dad sich widersetzen und trotzdem fahren würde. Vielleicht wäre ich mitgekommen. Doch er blieb hier.
Schließlich verlässt meine Mutter die Küche, um eine Ladung Wäsche zu machen, wie sie lauthals erklärt. Ich horche ihr nach, um herauszufinden, ob sie beschäftigt ist. Dann stehe ich schweigend auf und ziehe vorsichtig die Haustür hinter mir zu. Es ist das zweite Mal in zwei Tagen, dass ich mich aus dem Haus schleiche.
Hastig laufe ich zu Jeffrey hinüber, wobei ich mich ständig umsehe. Ich stelle mir vor, dass meine Mutter gerade meine Zimmertür aufreißt und dort in einen gierigen Insektenschwarm gerät, so dicht, dass er ihren Körper bedeckt wie ein Kettenpanzer und lauter brummt als eine Säge.
Die Angst vor Vergeltung treibt mich, ohne anzuhalten, durch An Lus Todesgarten. Mit einiger Dringlichkeit klopfe ich an Jeffreys Tür. Zu meiner Überraschung öffnet er selbst. Das ist noch nie vorgekommen. Sein Gesicht ist vor Enttäuschung verzerrt.
«Guten Tag, Sir», sage ich zu ihm. «Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Dschieses Kreist zu reden. Wenn Sie einen Augenblick Zeit für mich und für unseren Herrn Dschieses erübrigen könnten?»
Jeffreys Kopf schnickt zurück wie ein Pez-Spender. Seufzend schaut er nach oben.
«Der Eintritt ist verwehrt, Chuck.»
«Aber Sir! Was ist mit Dschieses Kreist?»
«Nein, wirklich», sagt Jeffrey, die Hand immer noch an der Tür. «Du darfst nicht rein. Und ich darf nicht raus.»
«Das macht nichts. Es wissen sowieso alle, dass du einen Sprung in der Schüssel hast.» Ich grinse und will eintreten.
«Halt die Klappe, du Spinner. Ich meine es ernst. Ich habe Hausarrest.»
Ich erstarre. «Ungelogen?»
«Ungelogen.»
«Wie kommt das? Was
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