Wer hat Angst vor Jasper Jones?
Jeffrey anzusehen.
Er grinst. «Zeit für ein Tuttelstündchen, Chuck!» Lachend rennt er auf seinen Steckenbeinen davon.
«Viel Glück», schicke ich ihm murmelnd hinterher und drehe mich dann langsam um.
Ich versuche mich zu sammeln und schaue nach unten. Ich bin mir nicht sicher, ob meine Beine es den Hügel hinaufschaffen werden. Ich bin unvorbereitet. Ich bin in Panik und muss mir einen geistreichen Gesprächsbeginn ausdenken.
Am Ende bringt mich eine Biene auf Trab, die ich hinter mir entdecke. Ich laufe die steilen Stufen zu Eliza hinauf und wische mir den Schweiß von den Augenbrauen. Es fühlt sich an, als wäre mein ganzer Körper in sich zusammengesackt und mir in die Füße gerutscht, während in meinem Kopf gähnende Leere herrscht.
«Hallo, Charlie!», sagt Eliza. Ich habe in den letzten beiden Wochen so oft an ihre Stimme gedacht, dass es mich ein bisschen überwältigt, sie zu hören. Sie lässt mein Rückgrat vibrieren wie eine Stimmgabel.
«Hallo», erwidere ich und stehe unbeholfen da. Soll ich mich hinsetzen? Wahrscheinlich schon. Aber wohin? Ist ihr das recht? Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob sich meine Beine überhaupt einknicken lassen.
«Komm, setz dich», sagt sie, klopft direkt neben sich ins Gras und rutscht ein wenig zur Seite.
«Gern.»
Das Erste, was mir auffällt, ist, wie dünn sie ist. Sie wirkt regelrecht zerbrechlich. Zart. Mit der Haut einer Porzellanpuppe. Ihre Haare sind denen von Audrey Hepburn unheimlich ähnlich. Außerdem kommt es mir vor, als würde sie anders sprechen. Die Konsonanten ein wenig sauberer und schärfer artikulieren. So wie es sich gehört. Sie hat fast einen britischen Akzent. Aber nur fast.
Ich setze mich. Sie riecht phantastisch. Umwerfend. Ich verstehe nicht, wie irgendjemand so riechen kann. Sie muss jeden Morgen in Lavendel, Rosenblättern und anderen ausgewählten Mädchenaromen baden und sich anschließend von Kopf bis Fuß mit einem silbernen Zerstäuber einsprühen, der das edelste Parfüm enthält, das jemals kreiert wurde. Wahrscheinlich von einem Franzosen. Was weiß ich. Auf jeden Fall macht es mich ganz schwindelig und nervös, und bei der Vorstellung, dass sie in der Badewanne sitzt, werde ich rot und muss wegschauen.
Mist. Eine geschlagene Minute später, als ich ihn gebraucht hätte, fällt mir ein Einleitungssatz ein.
Darf ich Sie um ein Autogramm bitten, Miss Hepburn?
, hätte ich sagen und mich unbefangen hinsetzen sollen, während sie lacht. Halt, nein, das wäre dumm gewesen. Lieber gar nichts sagen, würde Mark Twain empfehlen. Den Mund halten und einen dummen Eindruck zu machen ist besser, als ihn aufzumachen und jeden Zweifel zu beseitigen.
Also sitzen wir da und schweigen. Bestandteile des Alphabets wirbeln mir wie Graupelschauer durch den Kopf und weigern sich, irgendwelche sinnvollen Sätze zu bilden. Eliza lehnt sich auf den Armen zurück. Entspannt und vollkommen. Sie hat ein Taschenbuch im Schoß liegen, das wie ein Fächer aus dem flachen Graben zwischen ihren Beinen ragt.
«Was liest du da?»
Sie hält das Buch hoch.
«Franny und Zooey»
, lese ich den Titel laut vor.
«Es gefällt mir ganz gut», sagt sie, «obwohl ich noch nicht weit gekommen bin. Hast du es gelesen?»
Ich wünschte, ich könnte die Frage bejahen. Ich schüttle den Kopf.
«
New York
, Charlie. Stell dir nur mal vor. Wäre das nicht ein Traum? Hört sich das nicht an, als hätte man die ganze Welt in eine einzige Stadt gepackt?»
«Na ja, wir beide werden ja bald dort leben. Mit Fünf-Uhr-Tee im Hotel Plaza und so weiter.»
Sie sieht mich an, als hätte ich gerade etwas auf Ukrainisch von mir gegeben. Panik steigt in mir auf. Habe ich mir das ganze Gespräch etwa nur eingebildet? Doch dann erinnert sie sich und lacht, und mein Herzschlag setzt wieder ein.
«Aber natürlich! Wie konnte ich das nur vergessen?»
«Jetzt hättest du mich fast versetzt», sage ich.
«Das wäre fatal gewesen», erwidert sie, immer noch lächelnd. «Ich hätte mich zu spät daran erinnert, wäre völlig außer Atem im Plaza aufgetaucht, und an unserem Tisch hätte niemand mehr gesessen. Der Ober hätte mir gesagt, dass du da gewesen und wieder gegangen bist. Dann wäre ich dir nach Brooklyn gefolgt und hätte überall nach dir gesucht, nur um dich schließlich am Arm einer anderen jungen Schönheit mit Pelzmantel und Pillbox-Hut zu entdecken.»
«O nein, das wäre bestimmt nicht passiert», murmele ich errötend und schaue zu Boden. Wo ist bloß meine
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