Wer hat Angst vorm bösen Mann?
um etwas geschert. In unserem Platoon [9] gab es viele Homosexuelle. Vielleicht dachten unsere Vorgesetzten, dass ich homosexuell sei, und hielten es für einen Streit unter Schwulen, was da zwischen uns abging.
Auch dieser Paul hat sich von Luke immer wieder einen blasen lassen. Einmal sah ich, wie jemand zu Paul ins Zimmer ging. Luke sah das ebenfalls, war wohl eifersüchtig und klopfte an die abgeschlossene Tür. Weil er nicht hineingelassen wurde, klopfte er die ganze Nacht – er konnte es nicht aushalten, abgewiesen zu werden.»
«Hat Luke Ihnen das Essen weggenommen?», fragte ich weiter.
«Ja, ich war völlig abhängig von ihm», entgegnete Billy. «Er nahm mir meinen Schlüssel weg, schloss mich ein und ging allein in die Kantine. Wenn er wiederkam, brachte er mir etwas zum Essen mit, aber es war meistens zu wenig, sodass ich ständig Hunger hatte.»
«Kam es vor, dass Sie auf ihn gewartet und gehofft hatten, dass er zurückkommt?»
«Ich habe sehnsüchtig auf ihn gewartet, weil ich Hunger hatte», klagte Billy. «Ich durfte auch nicht auf die Toilette oder duschen, ohne ihn zu fragen. Manchmal habe ich in Tassen uriniert, weil ich nicht herauskonnte. Ich wartete auf ihn, weil er mir die Schmerzmedikamente brachte, die ich dringend für die Verletzungen brauchte, die er mir zugefügt hatte. Ich wusste auch nicht, wo mein Sold blieb. Ich sollte eigentlich jeden Monat 200 Dollar nach Hause schicken, aber ich habe nie etwas bekommen. Ich war so naiv, ich habe nichts mitgekriegt. Heute nehme ich an, dass Luke das Geld abgefangen hat.
Er schlief manchmal mit mir im Bett. Er berührte mich wie eine Frau, er streichelte meine Haut und sagte mir, dass er mich liebe. Er hielt seinen Kopf über meinen Penis, fasste ihn aber nicht an.
Luke hat mich unzählige Male vergewaltigt. Vorher hat er mich unter Medikamente gesetzt. Er hat mir etwas in die Getränke oder ins Essen getan – oder er band mich fest und gab mir eine Spritze. Als Sanitäter konnte er sich das Zeug einfach aus dem Medikamentenschrank nehmen, es hat niemanden gekümmert.»
«Haben Sie Gespräche mit ihm geführt?»
«Ja, wir haben oft lange geredet», gestand Billy. «Er hat viel gelesen, und er hat mich auch zum Lesen gebracht. Er wusste alles über Anatomie und Physiologie, und er hat mir sehr viel beigebracht. Das war sehr nützlich. Als Junge hatte er Tiere seziert, und er kannte alle Unterschiede der Anatomie zwischen Menschen und Katzen.»
«Warum sind Sie denn nicht geflohen?»
«Einmal, als Luke betrunken war, entkam ich über die Feuerleiter und übernachtete in einem Hotel. Aber dann wusste ich nicht, wo ich hingehen sollte. Ohne meinen Pass konnte ich ja nicht nach Hause fliegen, und ich hatte Angst, dass man mich als Deserteur behandelt. Ich war so jung und unsicher. Ich ging also wieder in die Kaserne zurück, keiner hatte mein Verschwinden bemerkt – außer Luke. Daraufhin hat er mich noch schlimmer behandelt. Ich habe ihn so gehasst. Ich bat ihn sogar, mich zu töten, ich war so verzweifelt.
Es ging ihm darum, mich komplett unter Kontrolle zu haben. Er konnte niemals allein sein, er brauchte immer jemanden bei sich. Vielleicht hat es mein Leben gerettet, dass ich ihn – bis auf dieses eine Mal – nicht verlassen habe.
In der Zeit, als ich in Baumholder war, gab es mehrere ungeklärte Todesfälle. Einem schwarzen Mädchen, das in der Krankenstation arbeitete, habe ich mich anvertraut, sie hat mir geglaubt. Sie ist später durch eine Autobombe gestorben, ich glaube, dass es Luke war, der sie gelegt hatte. Die deutsche Polizei behauptete später, er habe niemand umgebracht, aber das glaube ich nicht.
Einmal war er drei Tage weg. Als ich ihn wiedersah, waren seine Klamotten zerrissen, die Brille war zerbrochen, und er war von den Füßen bis zum Kinn mit Blut vollgespritzt. Er hatte überall Kratzer am Körper und im Gesicht, aber das Blut war nicht nur von ihm, dafür war es zu viel. Er versuchte, seine Uniform zu waschen, aber das Blut ging nicht raus. Es passierte mehrmals, dass er voller Blut zurückkam. Ich bin davon überzeugt, dass er damals jemanden ermordet hat.
Einer von den anderen Soldaten, Christian Davis, erzählte mir, Luke hätte auch ihn mehrfach unter Medikamente gesetzt und danach vergewaltigt. Luke überwarf sich schließlich mit dem Vorgesetzten Paul, und der sorgte wahrscheinlich dafür, dass er unehrenhaft aus der Armee entlassen wurde. Erst da war ich frei. Zwei Jahre später wurde ich
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