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Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Wer hat das Rind zur Sau gemacht?

Titel: Wer hat das Rind zur Sau gemacht? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Udo Pollmer , Andrea Fock , Monika Niehaus , Jutta Muth
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Ernährung krank machen kann, sollte darum für jede in Sachen Umweltgifte oder Ernährung geschulte Fachkraft auf der Hand liegen.
    Die Bedeutung der gebundenen Rückstände geht aber über die hier angesprochenen Risiken weit hinaus. Denn dieses pflanzliche Entsorgungsprinzip gilt nicht nur für Fremdstoffe, sondern auch für viele andere von Ernährungsfachleuten für essenziell erklärte Substanzen. Zum Beispiel liegt ein großer Teil der hochgelobten sekundären Pflanzenstoffe, von Flavonoiden bis hin zu Phytoöstrogenen, gebunden vor. 41 Logischerweise wird darum auch der Vitamingehalt von Lebensmitteln regelmäßig unterschätzt. So fanden Lebensmittelchemiker vor einigen Jahren heraus, dass die Angaben zu Folsäure völlig danebenlagen. Als man die gebundene Folsäure erfasste und hinzuaddierte, haben sich die Werte teilweise verdreifacht! 44 Unter diesem Blickwinkel kann man nur froh sein, dass viele gegen Altersflecken und Arterienverkalkung angepriesene sekundäre Pflanzenstoffe eh nicht wirken.
    Ein solcher Analysefehler ist übrigens auch für die Mär vom cholesterinfreien Pflanzenöl verantwortlich: Man wusste damals noch nicht, dass Cholesterin in Pflanzen praktisch nur in gebundener Form vorliegt. Die Gehalte sind zwar nicht sonderlich hoch – aber immerhin gibt es sie. Bei der Raffination der Pflanzenöle und Fette wird das Cholesterin aus seinen Bindungen freigesetzt, sodass sein Gehalt in der Margarine oder im Palmfett höher ist als im Rohstoff. 28

Ist Bio also doch besser?
    Auf den ersten Blick allemal. Wenn Biolandwirte keine Pestizide einsetzen, können sie in ihren Erzeugnissen auch nicht drin sein – egal, in welcher Form. Immerhin finden die Überwachungsämter bei Bioerzeugnissen etwas seltener Rückstände: Während der Pestizidreport Nordrhein-Westfalen 2010 angibt, dass in konventionellen Tomaten bei 59 Prozent aller Proben Pflanzenschutzmittelrückstände entdeckt wurden, gilt dies nur für 19 Prozent der Bioware. 42 Überschreitungen der Höchstmenge fanden sich nur bei konventionellen Tomaten, allerdings nur in 1 Prozent aller Fälle. Extrapoliert man diese Zahlen auf die Gebundenen, sind die Unterschiede zwischen den beiden Produktgruppen erheblich, sofern die Bioware wirklich echt ist.
    Das ist erfreulich, doch bei näherer Betrachtung quillt hin und wieder ein Wermutstropfen aus dem Ökogemüse. Die Pestizide sind ja nur
eine
Gruppe von unerwünschten Stoffen. Wir benötigen aber eine Gesamtbilanz, eine «ganzheitliche» Beurteilung des Lebensmittels. Zu dieser zählen nicht nur die Pestizide aus der Spritze des Landwirts, es müssen auch die natürlichen Gifte einbezogen werden. Und dann sieht es in puncto Schadstoffbelastung bei der Bioware nicht immer rosig aus.
    Denn nicht nur Pestizide entziehen sich durch die Kopplung an Ballaststoffe geschickt ihrem Nachweis, auch Schimmelpilzgifte «verschwinden» auf diese Weise. 53 Bei einer aufwendigen, gezielten Suche nach gebundenen Fumonisinen in Mais – besonders üblen Giften, die von Fusarien gebildet werden – fanden sich alarmierend hohe Gehalte, obgleich die üblichen Routinemethoden den Proben völlige Unbedenklichkeit bescheinigt hatten. 13,14,23,54 Die Belastung mit Fusariengiften ist gerade bei Biomais ein gravierendes Problem. Die konventionelle Landwirtschaft hat durch Zufall eine sehr effektive Lösung gefunden. Es zeigte sich nämlich, dass Bt-Genmais gewöhnlich nur mit einem Zehntel dessen belastet ist, was sich an Fumonisinen in herkömmlichen Maissorten tummelt. 6 Der gentechnikfreie Biomais ist dagegen ein wahres «Schimmelpilzmutterschiff» und als Nahrungsmittel vor allem in feuchteren Jahren indiskutabel.

Ruchloser Rucola
    Ein weiteres Beispiel gefällig? Als der Herbizideinsatz beim Rucola-Anbau zurückgefahren wurde, kam es zu vermehrtem Besatz der Felder mit einem altbekannten Acker- und Gartenunkraut, dem Gemeinen Greiskraut (
Senecio vulgaris
). 10 Dummerweise ähneln dessen Blätter denen der Rauke stark, sodass beim Abpacken immer wieder Greiskraut in die handelsüblichen Rucola-Schalen gelangt. Das Kraut enthält leider jede Menge Pyrrolizidin-Alkaloide. 26,57,60 Und die ruinieren die Leber gründlicher, als es Alkoholmissbrauch je könnte. 59 Einmal im Körper, bleiben einem diese Pflanzengifte, die die Pflanze ja gezielt als Abwehr gegen Fressfeinde produziert, ein ganzes Leben lang erhalten. Der populäre Verzicht auf Pflanzenschutz führte hier nicht etwa zu unbedenklicher Ware, sondern zu

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