Wer hat das Rind zur Sau gemacht?
Klärschlamm auf die Kulturen. Daneben spielt die Art der Bewässerung eine wichtige Rolle, zum Beispiel die Beregnung aus einem Bach, in den durch Regenwasser Fäkalien von Weide- oder Wildtieren gelangt sind, ebenso das Anfassen der Ware durch Erntearbeiter. Während ein Schwein oder ein Rind bei der Schlachtung nicht erkennbar krank sein darf, was durch die Fleischbeschau gewährleistet wird, besteht bei Gemüse keine sinnvolle Möglichkeit einer «Salatbeschau».
Die aber wäre vonnöten: Ein Report der US -Verbraucherschutzorganisation «Center for Science in the Public Interest» ( CSPI ) belegt, dass frisches Obst und Gemüse für deutlich mehr Salmonellenausbrüche verantwortlich sind als Geflügel. Zudem waren bei Masseninfekten durch Obst und Gemüse durchschnittlich fünfmal mehr Menschen betroffen als beispielsweise durch Meeresfrüchte. Häufigste Ursache von Ausbrüchen waren Noroviren, gefolgt von
E. coli
und Salmonellen. 17 Beim aktuellen EHEC -Ausbruch 2011 durch Sprossen in Deutschland gab es über 4000 Erkrankte.
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung hatte sich mit seiner Warnung deshalb auch nicht auf EHEC beschränkt, sondern erwähnte die ganze Palette an krankmachenden Bakterien wie
Bacillus cereus
oder Listerien, Viren wie Noroviren oder Hepatitis A, und natürlich auch Schimmelpilze, die sich auf Salat, Sprossen und rohem Gemüse ihr Stelldichein geben. Neben EHEC sind vor allem Noroviren für Todesfälle verantwortlich. Beide haben eine Gemeinsamkeit: Schon sehr wenige Keime genügen, um die Erkrankung hervorzurufen. Namentlich in Krankenhäusern, Kindergärten und Altersheimen kommt es durch Hygienemängel, besonders in der Küche, immer wieder zu schweren Ausbrüchen mit Noroviren.
Besonders problematisch sind Schnippelsalate, wie Untersuchungen des BfR zeigen; vor allem gegen Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums erreichten die Keimzahlen bedenkliche Werte. 5 Die an den Schnittstellen austretenden Nährstoffe bieten Bakterien und Schimmelpilzen ein attraktives Futter, und die Feuchtigkeit in den Plastikbeuteln begünstigt ihr Wachstum. Bei mangelhafter Kühlung fühlen sich viele Keime pudelwohl und vermehren sich prächtig. Bei Sprossen ist die Keimbelastung aufgrund der Anzucht in warmem Wasser selbstevident. Dabei ist es gleichgültig, ob dies in Gärtnereien zum Vertrieb über den Handel oder im Haushalt auf der Fensterbank geschieht – beispielsweise in Einmachgläsern mit Fliegengitter drüber, oder auch in «durchlöcherten Quarkdosen», wie es das staatliche Institut für Ernährungswirtschaft in München empfiehlt. 1
Krankheitserreger wie EHEC oder auch Salmonellen sind zudem immer wieder für Überraschungen gut. Wenn sie mit organischem Dünger auf dem Feld ausgebracht werden, bleiben sie ein halbes Jahr im Boden vital. Gelangen sie dabei auf Gemüse wie Radieschen oder Karotten, bleiben sie abermals monatelang infektiös. 8,9,15 Gleiches gilt für grüne Salate, die mit erregerhaltigem Wasser gegossen oder beregnet wurden. Speziell Blattgemüse wie Spinat nehmen Krankheitserreger wie
E. coli
oder Salmonellen über die Wurzeln auf. 18 In diesem Falle bleibt selbst gründliches Waschen mit Toilettenreiniger ohne Wirkung. 7
Da im Bioanbau nur organische Dünger erlaubt sind, handelt es sich um eine Risikotechnologie. Kanadische Mikrobiologen fanden in Biosalaten doppelt so oft Fäkalkeime wie auf konventioneller Ware. 10 In Deutschland erkrankten 14 Kinder am hämolytischen urämischen Syndrom, nachdem sie Petersilie verzehrt hatten, die mit Bioschweinemist gedüngt worden war. 19 Gegen eine Düngung von Getreide oder Kartoffeln mit Fäkalien ist hingegen wenig einzuwenden; sie werden von keinem vernünftigen Menschen roh gegessen.
Rohkost, Schnippelsalate und Sprossen bedeuten also grundsätzlich ein vermeidbares Risiko für Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser oder Altenheime. Dort werden ja auch keine rohen Eier mehr verwendet, die bekanntlich mit der gleichen Problematik behaftet sind. Wollen die Küchen Rührei anbieten, greifen sie zum sterilisierten Flüssig-Ei aus dem Tetrapak. Wer also versucht, die Verwendung frischer Eier in der Gastronomie mit rechtlichen Maßnahmen unmöglich zu machen, kann nicht gleichzeitig dem vermehrten Verzehr von Rohkost das Wort reden. Nicht umsonst kommt das Wort Gemüse von Mus – weil man es sinnvollerweise kocht.
Doch das erforderliche Minimalwissen über den sachgemäßen Umgang mit Lebensmitteln fehlt mittlerweile
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