Wer hat das Rind zur Sau gemacht?
er sich dabei die Knochen brechen kann. Er akzeptiert ein ihm wohlbekanntes Risiko, weil ihm der Wintersport Freude macht. Aber Skifahren beugt nicht Beinbrüchen vor, weil der Schnee «den Knochen stärkt». Wer frische Radieschen liebt, soll sie essen, aber sich klarmachen, dass das Risiko, ebenjene Radieschen von unten zu betrachten, ein wenig höher ist als beim Verzehr einer Portion heißer Pommes mit steril verpacktem Ketchup.
Gib EHEC keine Chance!
Das Problem mit den Keimen ist, dass wir sie nicht sehen, ja dass wir viele nicht einmal kennen. Was wir nicht kennen, kann auch kein Überwachungssystem im Vorfeld kontrollieren. Das Einzige, was davor schützt, ist Hygiene. Sie ist auch gegen unbekannte Erreger wirksam. Da Keime sich schnell an veränderte Umweltbedingungen anpassen und auch gerne mit anderen Bakterien Erbgut tauschen (ja, auch «Mutter Natur» betreibt fleißig Gentechnik, die für uns ziemlich riskant sein kann), besteht immer das Risiko einer seuchenartigen Ausbreitung – namentlich in einem dichtbesiedelten Land. Im Falle eines solchen Erregers bleibt keine Zeit für parteipolitische Komödien, Ernährungsideologien oder ärztliche Standespolitik. Dann muss die Bevölkerung die nötigen Hygienemaßnahmen kennen, um eine Katastrophe zu verhindern.
Karikatur: Karl-Ludwig Leiter
Wie wär’s mit einer öffentlichen Kampagne, um vor allem die von Rohkost am stärksten betroffene Gruppe, nämlich junge Frauen, vor einer Infektion durch Gurken oder Sprossen zu schützen? Hier böten sich Plakate mit dem Slogan an: «Gib EHEC keine Chance». Zwar nützen Kondome bei Gemüse rein gar nichts, aber «Kochtöpfe schützen».
Was bleibt?
Ausnahmsweise mal ein Verbrauchertipp in Sachen Hygiene: Waschen Sie Ihre Wäsche, vor allem Unter- und Bettwäsche, bei 60 Grad. Wer Keimen in seiner Waschmaschine bei «Körpertemperatur» zwischen 30 und 40 Grad ideale Vermehrungsbedingungen gönnt und beim Spülen auch noch ein Wassersparprogramm nutzt, rüstet seine Familienmitglieder zu Bazillenschleudern auf. Will man beim Waschen die Umwelt schonen oder Geld sparen, sollte man lieber T-Shirts und Blusen nicht alle paar Stunden wechseln.
Bei Tisch bewährt sich noch immer der alte Kinderreim: «Nach dem Klo und vor dem Essen – Händewaschen nicht vergessen.» Keine andere Maßnahme kann so effektiv Krankheiten verhindern – keine Impfung, keine Vorsorge, kein Ernährungstipp. Und noch einmal: In Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen stellen Rohkostplatten auch ohne akute Seuchengefahr ein vermeidbares Risiko dar. Wir Menschen verdanken unsere Evolution und unsere Zivilisation der Nutzung des Feuers und der Hygiene – mit Rohkost allein würden wir uns noch heute von Ast zu Ast hangeln.
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9 Super-Gau des Wahnsinns: Die BSE-Krise
Was war das für eine Aufregung mit dem Rinderwahnsinn, der bovinen spongiformen Encephalopathie, kurz BSE oder volkstümlich «Schwammhirn» genannt! Und heute? Wenn jetzt bei BSE -Tests hin und wieder ein krankes Rind auftaucht, interessiert sich kein Schwein mehr dafür. Dennoch markiert BSE eine Wende in der deutschen Verbraucherschutzpolitik.
Eine Nation von Konsumenten, die voller Gottvertrauen all das aufaßen, was die Regale, Kühltruhen und Aktionsdisplays der Supermärkte feilboten, erstarrte mit dem ersten deutschen BSE -Fall über Nacht vor sprichwörtlicher «German Angst». Als der Bürger erkennen musste, dass unsichtbare Erreger auch in deutsche Kuhställe eingedrungen waren, brach Panik aus. Bis dato hatte er im festen Glauben gelebt, der «strenge Verbraucherschutz» und die «kleinbäuerliche Landwirtschaft» würden jedwedem Erreger von Wahnsinn eine Heidenangst einjagen und ihn am Überschreiten der Staatsgrenze hindern.
Nun hatte der Verbraucher die Angst. Und wer Angst hat, kann nicht mehr logisch denken. Wenn es eines Beweises für die Richtigkeit dieses Satzes bedürfte, die BSE -Krise würde ihn liefern. Die Krankheitsursache war schnell zur allgemeinen Zufriedenheit ausgemacht: BSE war Folge der widernatürlichen Verfütterung von Tiermehl an vegetarische Rinder. Wenn man Vegetarier zu Kannibalen mache, so dozierte eine Professorin der Geisteswissenschaften (den Namen der Dame wollen wir aus Höflichkeit verschweigen) in einer Talkrunde, dann dürfe man sich nicht wundern, wenn dies zum Wahnsinn führe. Das klang so logisch, dass Beifall aufbrandete, auch der Moderator schien beeindruckt.
Doch mit dem
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