Wer hat Tims Mutter entführt?
weißt von nichts, richtest mir aber gern alles aus.“
*
Sie hatten Tims Rad unterwegs
weggeworfen und dann an dem TKKG-Häuptling ihr Mütchen gekühlt, heimtückisch und
hinterhältig, ohne ihm eine Chance zur Gegenwehr zu lassen.
Nur darum ging’s Kühnleber. Er
hätte die Tasche nicht angerührt. Aber Bremmsel — der grundsätzlich alles
klaute — nahm sie mit.
Erst im Wagen öffnete er die
Tasche.
Die Glotzer traten ihm hervor.
Er gab einen schrillen Laut von sich, klappte die Tasche zu und schloß die
Augen.
Eine Hallu... wie hieß das?
Eine Sinnestäuschung!
„Was ist drin?“ fragte
Kühnleber, der sich grinsend auf dem Beifahrersitz flegelte.
„Das... das... Guck mal!“
Dann starrten beide auf das
gebündelte Geld.
„Ist... das... echt?“
Kühnleber grapschte sich ein
paar Scheine, roch daran, hielt sie vors Innenlicht des Wagens, hätte beinahe
darauf rumgekaut.
„Echt! Mann, das ist... ein
Berg Geld. Woher hat dieser Mistkerl... Roderich, das ist der Coup unseres
Lebens. Wir sind reich.“
„Otto, ich werd’ nicht wieder.
Hättest du den so betucht eingeschätzt?“
„Nee. Wer weiß, ob ihm die
Kohle gehört.“
„Gesehen hat er uns nicht.“
„Der ahnt nicht mal, daß wir
dahinterstecken. Wie sollte er auch! Ist das ein Glückstag! Alles nach Plan —
mit der Rache, meine ich. Und jetzt als Überraschung dieser warme Regen. Man
glaubt nicht, wie sich eins aus dem andern ergibt. Hätte ich doch nie vermutet,
als ich mir an dem Wagen zu schaffen machte, in dem der Dackel war!“
Bremmsel wischte sich über die
schweißnassen Strähnhaare. „Wir müssen es zählen. Das sind ein paar
Hunderttausend. Und dann teilen. Gleich teilen. Fahren wir zu dir! In unserer
Zwei-Zimmer-Wohnung geht das nicht. Meine Alten sind zu Hause. Dein Vater ist
doch auf Tour?“
„Der fährt ‘nen Lkw nach
Sizilien, der Blödmann.“
Diesmal sprang Bremmsels
Rostlaube beim ersten Drehen des Zündschlüssels an.
Die Sperbergasse war ein enger
Schlauch, in den zu keiner Tageszeit Sonne fiel. Zwei Zeilen alter Häuser,
deren Keller feucht und deren Böden schief waren, standen sich gleichgültig
gegenüber.
Den ehemaligen Eingang von Haus
Nummer 11 hatte man zugemauert, um die straßenseitige Parterre-Wohnung zu
vergrößern. Wollte man ins Haus gelangen, mußte man jetzt über den Hof gehen,
wo die Hintertür zum Portal aufgestiegen war. Man hatte sie um 20 Zentimeter
verbreitert.
Otto Kühnleber und sein Vater
Franz, der vorbestraft war wegen Schmuggelei und schwerer Körperverletzung,
bewohnten drei zum Hof gelegene Zimmer samt Küche. Das Etagenbad und das Klo
teilten sie sich mit einer vierköpfigen Familie, den — gehaßten — Nachbarn.
In der Sperbergasse war
Parkverbot. Also stellte Bremmsel seine Rostlaube in der Schützenstraße ab.
Kühnleber trug die Tasche.
Sie kamen an der Eckkneipe
vorbei, die sich BEI GUSTAV nannte. Durch ein geöffnetes Fenster entströmte der
Mief verschütteten Bieres.
Sie konnten nicht widerstehen.
„Wir lassen uns nicht
vollaufen“, bestimmte Kühnleber. „Aber ein Bier ziehen wir uns rein. Wäre ja
stillos, diesen Glücksfall nicht gleich zu begießen.“
Die Kneipe war leer. Der
schmerbäuchige Gustav hinter seiner Theke durfte ein Glas mittrinken. Daß der
Stammgast Kühnleber ihn einlud, war noch nie dagewesen.
Sie tranken ein zweites Glas.
Doch zu mehr ließen sie sich nicht verleiten. Zu sehr lockte das Geld. Zählen
wollten sie, teilen, Gewißheit haben, daß jetzt goldene Zeiten anbrachen.
Nach etwa zehn Minuten
verließen sie die Kneipe, marschierten die Sperbergasse hinauf und drängten
sich durch die schmale Einfahrt auf den Hof.
Dort warteten Tim, Karl und
Klößchen.
21. Hartes Gefecht
Die beiden Jung-Ganoven
begriffen sofort, was Sache war. Kühnleber warf die Tasche hinter sich, um
beide Hände frei zu haben. Er war bereit, das geraubte Geld mit allen Mitteln
zu verteidigen.
Bremmsel klappte bereits sein
Messer auf. Ohne ein Wort, aber wild entschlossen, ging er auf Tim los.
Karl und Klößchen hatten sich
mit Knüppeln bewaffnet, standen aber auf der anderen Seite, Kühnleber
zugewandt.
„Angriff mit dem Messer“, sagte
Tim. „Du mußt nicht ganz dicht sein. Willst du die Jahrtausendwende hinter
Gittern verleben?“
Bremmsel säbelte durch die
Luft, als wollte er Tims linken Arm abtrennen. Fast im selben Moment klirrte
das Messer auf den Betonboden. Bremmsel schrie auf. Sein Schultergelenk schien
zu
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