Wer heimlich küsst, dem glaubt man nicht (German Edition)
kümmern«, sagte ich zu Tommy. »Und du musst aufstehen. Jetzt mal im Ernst … du kannst hier nicht sitzen.«
»Und ob ich das kann«, entgegnete Tommy. »Wie du siehst, sitze ich hier sogar sehr gut«
»Oh Gott, Tommy.« Ich schüttelte den Kopf, weil ich nicht fassen konnte, dass das alles gerade wirklich passierte. »Was willst du hier? Ganz ehrlich?«
»Ganz ehrlich? Ich will nur mit dir reden«, sagte er. »Dein Bruder hat mir erzählt, dass du hier arbeitest, und ich dachte, dass das wahrscheinlich der beste Ort ist, um dich allein zu treffen, ohne dass dein Freund dabei ist … Oder sollte ich lieber sagen: einer deiner Freunde?«
Alles Blut wich aus meinem Gesicht. Wieder musste ich mich an der Tischkannte festhalten.
Er wusste es. Er wusste also von Eric.
Aber … woher? Liam konnte es ihm nicht gesagt haben, weil Liam nichts davon weiß. Da bin ich mir ganz sicher. Liam ist nämlich ein großer Bewunderer von Seth und hätte mich sofort zur Rede gestellt, wenn er mitbekommen hätte, dass ich hinter Seths Rücken mit einem anderen knutsche …
Aber woher wusste es Tommy dann?
Die Erkenntnis traf mich wie ein Hammerschlag. Erst die Begegnung am Strand und jetzt diese Bemerkung … Ja klar, es war offensichtlich!
»Spionierst du mir etwa nach?«, fragte ich empört.
»Spionieren hört sich so nach Heimlichtuerei an«, sagte Tommy milde. »Aber das ist eher dein Spezialgebiet und nicht meins. Wobei du vielleicht wissen solltest, dass jeder, der seinen Wagen auf diesem Parkplatz wendet, einen perfekten Blick auf das hat, was hinter dem Schuppen beim Fahrradständer passiert.«
Oh mein Gott! Tommy Sullivan hatte einen perfekten Blick auf mich und Eric Fluteley gehabt.
Ich wäre beinahe in Ohnmacht gefallen. Nicht dass ich schon jemals in Ohnmacht gefallen war, aber ich war mir sicher, dass es sich so anfühlte. Mir wurde plötzlich am ganzen Körper heiß und ich bekam einen trockenen Mund. Das Gefühl war extrem unangenehm.
»Hier können wir nicht reden«, hörte ich mich murmeln, nachdem ich mich wieder halbwegs erholt hatte.
»Okay«, sagte Tommy ruhig. »Wo dann?«
Gute Frage. Wo gab es einen Ort, an dem uns weder Seth noch sonst jemand aus Eastport zusammen sehen konnte? Das Duckpin Lanes oder irgendeines der üblichen Cafés schieden aus naheliegenden Gründen natürlich aus. Bei mir zu Hause? Auf gar keinen Fall. Bei Tommys Großeltern? Nein. Viel zu gefährlich. Was, wenn jemand vorbeifuhr und uns beide sah – die vielleicht künftige Quahog-Prinzessin und Tommy Sullivan? Ein Skandal!
Oh Gott, es war schrecklich. Mir war speiübel. Was wollte er von mir? Was um alles in der Welt konnte Tommy Sullivan von mir wollen?
»Wie wäre es mit dem Boot deines Vaters?«, fragte Tommy. »Hat er das noch?«
Das Motorboot? Ja, das war tatsächlich eine Idee.
Das Boot liegt immer in einer kleinen Bucht in der Nähe unseres Hauses vertäut, weil mein Vater keine Lust hat, einen teuren Liegeplatz am Yachthafen zu bezahlen. Abgesehen von ein paar alten Männern, die nachts angeln, geht dort abends nie jemand hin. Dort würde uns niemand sehen. Jedenfalls niemand Wichtiges.
»Ja, okay«, sagte ich zögernd. »Das Boot liegt an der Mole in der Anglerbucht.«
»Na bitte. Das ist doch perfekt«, sagte Tommy und stand auf. Ich konnte es kaum glauben, aber er schien wirklich bereit, zu gehen. Es war wie ein Wunder! »Okay, dann treffen wir uns dort nach deiner Schicht. Wann hast du Schluss? Die machen hier unter der Woche um zehn immer dicht, oder?«
Mein Glücksgefühl darüber, dass er ging, verpuffte.
»Äh, Moment mal«, stammelte ich. »Heute Abend? Du willst dich noch heute mit mir treffen?«
»Warum nicht? Ist das ein Problem?«, fragte Tommy. Nachdem er aufgestanden war, überragte er mich so sehr, dass ich den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen zu sehen. Sie waren jetzt, wo er nicht mehr unter der Lampe saß, übrigens wieder bernsteinfarben. »Ansonsten könnten wir uns vielleicht morgen Vormittag dort treffen. Aber tagsüber ist das Risiko größer, dass uns jemand sieht und …«
»Nein, nein, schon gut«, sagte ich hastig. »Ich komme hin, sobald ich hier fertig bin, ja? Kurz nach zehn.«
Tommy lächelte. »Komm nicht zu spät.«
Damit schlenderte er davon. Inmitten der eher teigigen, weißhäutigen Touristen, die an ihren Tischen saßen, am Eingang warteten oder vor der Merchandise-Vitrine standen (in der vom Sweatshirt bis zur Boxershorts alle möglichen
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