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Wer im Trueben fischt

Wer im Trueben fischt

Titel: Wer im Trueben fischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechthild Lanfermann
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direkt neben dem Brief vom Sender. Natürlich war die Sekretärin dabei gewesen, dachte sie, wer sollte denn sonst den Kaffee kochen. Sie sagte danke, aber der Kellner schien sie nicht zu hören. Er starrte auf Idas Geschenk. Emma zog den Kaffee vorsichtig über den Tisch und nahm einen Schluck aus der Tasse. Bei dem Geräusch schaute der Kellner hoch. Er grinste. Seine Augen wurden noch schmaler. Er zeigte mit dem Kinn auf die Knochen.
    »Wenn du antworten willst, davon haben wir reichlich.«
    Er klemmte sein Tablett unter den Arm und drehte sich um. Emma legte die Hand auf den Brief vom Sender.
    »Warte mal bitte …«
    Der Asiat blieb stehen und warf ihr einen Blick über die Schulter zu.
    Sie hob den Brief hoch.
    »Kannst du den aufmachen und mir vorlesen?«
    Der Junge kam zurück. Er nahm ihr den Brief aus der Hand und besah ihn sich von allen Seiten. Dann schaute er Emma an.
    »Bist du blind oder Analphabetin oder so was?«
    Emma fiel ein, dass sie mal gedacht hatte, er wäre taub. Sie lachte.
    »Nein.«
    Er blieb ernst.
    »Hast du Schiss?«
    Sie nickte. Er senkte den Kopf, nahm den Brief und schlitzte ihn mit einer schnellen Bewegung auf. Emma zwang sich, nichts zu tun. Er faltete den Brief auf und überflog ihn. Dann sah er hoch.
    »Die schreiben was von einer Rüge.«
    Sie implodierte. Ihr Blick wurde starr. Jenni, dachte sie, Jenni. Es geschieht mir recht.
    »Wir sehen davon ab, und so weiter.«
    »Was?«
    Er reichte ihr den Brief.
    »Ist das nun gut oder schlecht?«
    Emma hetzte durch die Zeilen. Sie schaute hoch, sie lachte.
    »Es ist gut.«
    »Na dann hol ich den Eierreis.«
    Emma hatte jetzt Hunger, einen Riesenhunger. Ihre Hand zitterte so, dass ihr der Reis von der Gabel fiel. So fühlt sich das an, dachte sie, wenn es gerade noch mal gut geht. Aber warum hat mich gestern niemand angerufen?
    Sie sah sich wieder an ihrem letzten Tag. Wie sie allein im Aufenthaltsraum gesessen hatte und die Kollegen mit gesenktem Kopf an der Tür vorbeigegangen waren. Der Pförtner hatte sich über den Kuchen gefreut. Ich kann nicht zurück, Helene, dachte sie. Jetzt nicht und wohl nie mehr.
    Am Tresen bezahlte sie ihr Essen. Der Junge reichte ihr das Wechselgeld. Er sagte:
    »Das wird ein guter Tag.«
    Sie nickte.
    »Ja.«
    »Wie heißt du?«
    »Emma. Und du?«
    »Khoy.«
    Sie steckte das Geld ein.
    »Und woher kommst du?«
    »Aus Lichtenberg, und du?«
    Sie wurde rot.
    »Oh.«
    »Meine Oma kommt aus Kambodscha.«
    Emma nahm ihre Tasche.
    »Also dann. Bis morgen.«
    »Ja. Bis morgen, Emma.«

S ie war spät dran, aber es war ihr egal. Sie hatte ihr Fahrrad in die Werkstatt gebracht und danebengesessen. Jetzt fuhr sie durch den Tiergarten. Es war immer noch windig.
    Im Funkhaus lachte sie den Pförtner an, bis er misstrauisch wurde und ihren Presseausweis sehen wollte.
    Die Morgensitzung war vorbei, am Regiepult saß die Redakteurin vom Vormittag. Emma klopfte an Schneiders Tür und drückte die Klinke runter. Das Zimmer war leer. Sie fand ihn im Großraumbüro. Er durchblätterte einen Stapel alte Zeitungen.
    Sie ging direkt auf ihn zu.
    »Ich war bei Bohmann.«
    »Wieso, da war doch Ingrid.«
    Schneider drehte sich um und rief über sie hinweg in den Raum.
    »Wo ist diese verdammte Fernbedienung?«
    »Ich hab mit ihm geredet. Über Rosenberg.«
    Schneider ging zwei Schritte zu Sebastians Schreibtisch und riss die Schubladen des Redaktionssekretärs auf.
    »So?«
    »Ja, ich …«
    »Manfred«, der Mann von den Nachrichten rollte mit seinem Stuhl vom Schreibtisch weg und drehte sich zu Schneider um, »der Aufsager vom Gericht ist da.«
    »Na endlich.«
    Schneider setzte sich an Sebastians Tisch und klickte auf Eingang Überspielungen. Die Stimme des Gerichtsreporters füllte den Raum. Ein paar Kollegen standen auf und stellten sich um den Tisch. Bente hörte auf zu tippen und sah hoch.
    »… alle drei Haftbefehle wieder aufgehoben. Die Männer befanden sich zur Tatzeit auf einem Bau in Cottbus, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Sie erwarte eine Klage wegen Verwendens von verfassungsfeindlichen Kennzeichen. Ein Zusammenhang mit dem Mord sei aber nicht nachweisbar.«
    »Die Fernbedienung!«, brüllte Schneider durch den Raum. Bente stand auf. Sie ging zum Fernseher, der über der Nachrichteninsel schwebte, stieg auf einen Stuhl, zog die Klappe von den Einstellungsknöpfen herunter und drückte darauf. Auf dem Bildschirm erschien das Logo vom Berliner Frühstücksfernsehen.
    »Lass den Mitschnitt laufen«,

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