Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
nicht, saufe kaum, spiele nicht und ich verdiene anständig. Dafür, dass ich kein Italiener bin, kann ich ja wohl nichts.
Immerhin wurde ich laut meiner Mutter in Italien gezeugt. Auf einem Campingplatz bei Bibione. Ich weiß, für einen Süditaliener ist Bibione fast Deutschland. Aber besser als nichts. Vielleicht sollte ich meinen Eltern auch mal Bescheid geben wegen der Hochzeit. Aber erst bringe ich Südtirol hinter mich, dann das andere, sage ich mir und schlafe ein.
Als ich aufwache, ist Luisa schon weg.
Luisa
Mit einer neuen Freundin ist es nicht so viel anders als mit einem neuen Mann: Erst mal muss man das vergangene Beziehungsleben durchhecheln. Nur, dass man sich bei einem Mann total vorsichtig anstellen und das alles nach und nach rausbekommen muss. Eine Freundin kann man einfach fragen. »Warum hast du dich eigentlich scheiden lassen?«
Lilly schaut von ihrem Rührei auf.
»Das lässt sich vielleicht am besten verstehen, wenn ich dir erzähle, was mein Exmann in unseren Prä-Trennungs-Gesprächen immer gesagt hat.«
»Nämlich?«
»Er sagte: ›Also, ich bin zufrieden. Aber wenn wir uns trennen, behalte ich den Hund.‹«
»Oh, er hat offenbar einen ganz tollen Zugang zu seinen Gefühlen.«
»Hat er. Aber nur zu seinen Gefühlen in Bezug auf Geld.« Lilly verzieht das Gesicht und nimmt einen Schluck von ihrem Ginger Ale, das sie sich perverserweise zum Frühstück bestellt hat. »Ich habe daraufhin angefangen zu sammeln. Die dämlichsten Sätze, die Männer bei Trennungen sagen. Hast du auch einen?«
»Hm. Einer hat gequengelt: ›Und was soll ich jetzt meinen Freunden sagen, warum wir uns getrennt haben?‹ Und ich Schaf habe auch noch geantwortet: ›Sag ihnen, es liegt an mir.‹ Erst danach verspürte ich den Impuls, ihn für diesen Quatsch zu ohrfeigen.«
»Du warst einfach zu faul, dich mit ihm rumzustreiten!« Lilly lacht. »Aber du hast es noch gut erwischt. Eine Freundin von mir wurde nach acht Jahren von ihrem Freund verlassen, und als sie einen Grund wissen wollte, fiel ihm nur ein: ›Du hast immer so schlechte Laune beim Putzen.‹«
Ich habe dummerweise gerade einen Schluck Kaffee genommen, der den direkten Ausweg durch meine Nase plant, weil ich so lachen muss.«Was für ein reizendes Kerlchen. Ist das deine Nummer eins in der Liste?«
»Das ist zumindest ziemlich weit vorne mit dabei.«
»Zu Barnie hat übrigens mal eine Frau gesagt: ›Aber mit mir hat noch nie jemand Schluss gemacht!‹«
»Schlagendes Argument!«, ruft Lilly und klatscht grinsend die flache Hand auf den Tisch.
»Absolut. Aber sie hat nicht bedacht, dass Männer in manchen Dingen gerne die Ersten sind. Wie läuft es eigentlich mit euch beiden?«
»Keine Ahnung. Ich bin mir nicht mal sicher, was mit uns so läuft.« Lilly zieht die Schultern hoch und sieht plötzlich ein bisschen einsam aus.
»Du wohnst praktisch bei ihm. Klingt mir nach fester Beziehung.«
»Na ja, wir bekommen halt das Kind zusammen. Er möchte etwas mitbekommen von der Schwangerschaft. Und ich bin gerne bei ihm.«
»Du bist gerne bei ihm«, wiederhole ich grinsend. »Aber natürlich kein bisschen in ihn verliebt.«
Lilly wird rosa. »Doch, bin ich. Aber das sage ich ihm lieber nicht. Barnie denkt sowieso, dass alle Frauen diesseits der neunzig in ihn verliebt sind.«
»Habt ihr Sex?«
Ihre Gesichtsfarbe wandelt sich in Richtung Pink. Dass sie ein bisschen schüchtern ist, hätte ich nie gedacht.
»Nicht so oft«, sagt Lilly schnell.
»Alles klar. Dann habt ihr eine Beziehung«, schlussfolgere ich messerscharf.
»Ich dachte, es ist nur dann eine Beziehung, wenn beide davon wissen.«
»Vielleicht solltet ihr doch mal darüber reden.«
»Auf keinen Fall. Ich werde sicher nicht davon anfangen. So ein ›Du, ich empfinde mehr für dich‹-Gespräch? Nein, danke.« Lilly schüttelt energisch den Kopf.
»Aber es ist doch so.«
»Trotzdem warte ich lieber, bis Barnie etwas sagt. Wir müssen sowieso bald überlegen, wie es nach der Geburt weitergehen soll. Ob wir dem Kind zwei Kinderzimmer einrichten, ob einer von uns näher zum anderen zieht … Momentan müssen wir immer durch die halbe Stadt fahren.«
»Will er eigentlich bei der Geburt dabei sein?«
»Im Hechelkurs wurde gefragt, wer das will, und er hat sofort die Hand gehoben. Ich war erstaunt. Dachte eigentlich, Psychotherapeuten sind deshalb Psychotherapeuten geworden, weil sie kein Blut sehen können.«
»Er kann sich ja vorher selbst hypnotisieren und sich einreden,
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