Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
Vom Netzwerk:
schmissiger und das laute Brummen übertönender Musik mit dem Staubsauger durch die Wohnung zu fegen, im Bad großzügig Antikal zu verteilen und abzuspülen («ohne Nachwischen» steht auf der Packung) und das dreckige Geschirr der letzten Woche in die Spülmaschine zu räumen. Diese Meinung behielt ich bei, bis Vroni in ihre neue Wohnung zwei Straßen weiter zog und ich mich bereit erklärte, ihr beim Umzug zu helfen. Ich kam also in ihre noch leere Wohnung, stemmte die Hände in die Hüften und fragte:
    «Und, was soll ich machen?»
    «Wenn du willst, kannst du putzen!», sagte Vroni und drückte mir einen Eimer und Putzlappen in die Hand.
    «Okay   …» Ich nahm das Putzzeug und sah mich nach meinem Gegner um. Wo war der Schmutz? Bei mir zu Hause drängte er sich unübersehbar ständig auf, aber hier? Alles glänzte vor Sauberkeit.
    «Äh, Vroni?»
    «Ja?», kam es aus der Billy-Verpackung.
    «Wo genau, meinst du, soll ich putzen?»
    «Fang einfach mit den Türen an, okay?»
    «Türen. Okay.» TÜREN??? Seit wann putzt man Türen? Kann man Türen überhaupt putzen? Muss man Türen putzen? Wollen Türen geputzt werden? Wie putzt man Türen? Ich war höchst erstaunt. Auf diese Idee wäre ich nie gekommen. Ich nähertemich der nächstliegenden Tür, es war die zur Küche, bis mein Gesicht nur noch Zentimeter von ihr entfernt war. Immer noch kein Dreck. Aber gut. Ich putzte mal los. Am Ende lag ich rücklings auf dem Küchenboden und entfernte mit einem angefeuchteten Q-Tip den Staub aus den Lamellen der Luftschlitze in der Küchentür.
     
    Seitdem weiß ich, was für eine hinterhältige Spezies der gemeine Hausstaub ist und wo man ihn überall finden kann, wenn man nur nach ihm sucht. Und heute tue ich das. Staub, komm raus, ich kriege dich.
    Als eine ganze Weile später meine 50   Quadratmeter glänzen, blinken und nach Frosch Allzweckreiniger duften wie sieben südspanische Orangenhaine, kommt der intellektuell anspruchsvollere Part des Projekts, meine Wohnung auf Pauls Besuch vorzubereiten. Aufräumen. Nein, nicht direkt. Eher strategisch weg- und wieder hinräumen. Geliebte Stofftiere, ihr müsst leider bis übermorgen in die Sockenschublade. Tut mir echt Leid. Schaut mich nicht so vorwurfsvoll an, Pinguin, Elefant und Frosch, und auch du nicht, Gromit! Nein, ihr lebt nicht, und ihr wisst das. Aber was, wenn Paul beim DV D-Gucken neben mir auf dem Sofa Lust bekommt, nicht nur an den Tortillachips, sondern auch ein bisschen an mir herumzuknabbern? Und was, wenn er sich dann von euch beobachtet fühlt und die Lust verliert? Sorry. Ihr versteht das doch. Schublade zu. Am Freitag dürft ihr wieder raus!
    Mit schlechtem Gewissen (hoffentlich fürchten sie sich nicht im Dunkeln!) mache ich weiter. Jetzt sind meine Videos und DVDs dran. Sind sowieso nicht viele, aber gut zu sehen vom Sofa aus. «Casablanca»: ein Klassiker. Genehmigt. «Trainspotting»? Sehr subversiv-revolutionär und britisch. Paul mag England. Kann bleiben. «Jenseits von Afrika»? Einer meiner Lieblingsfilme, aber vielleicht ein bisschen zu schmalzig   … Weg damit. Obwohl – diese Szene, in der Robert Redford Meryl Streep zumzweiten Satz von Mozarts Hornkonzert die Haare wäscht   … Oder dieser Dialog: «Wann hast du Fliegen gelernt?» – «Gestern!» Wunderbar. Ich glaube, er darf doch bleiben. Außerdem kann ich den Anfangssatz perfekt nachmachen. «Ich hatte eine Farm in Afrika   … Am Fuße der Ngong-Berge.» Und ein Schuss Sentimentalität ist doch sympathisch. Dann: «Wallace and Gromit». Entweder man liebt sie, oder man kennt sie nicht. Da Paul ja Großbritannien mag, kann es gut sein, dass er die Filme kennt, dann haben wir schon wieder etwas gemeinsam. Sehr gut. Das nächste, bitte. «Abgeschminkt». Herrlich! Kennt jemand die Szene, in der Maischa bei ihrem ONS im Bad steht und den Allibert öffnet, in dem die Kondome aufgereiht sind? «Aha. Vanille, Erdbeere, Banane, Kümmel   … KÜMMEL???» Vroni, Marlene und ich können uns auch in der siebenundzwanzigsten Wiederholung darüber scheckig lachen. Darf trotzdem nicht bleiben. Zu emanzig. Sicher ist sicher. Nächste DVD. Die komplette erste Staffel von «Sex and the City». Ganz nach vorne. Gehört in jeden anständigen Haushalt, und außerdem ist es die Originalfassung auf Englisch. Wirkt gebildet und kosmopolitisch. Und ich weiß, dass Paul «SatC» auch mag. Abso-fucking-lutely. Als ich ihm das erste Mal davon erzählte, wusste er nicht, wovon ich sprach, aber bei

Weitere Kostenlose Bücher