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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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unserem nächsten Treffen erwähnte er, dass er sich die Serie jetzt auch immer ansehe und begeistert sei. Hurra, Paul ändert meinetwegen seine T V-Gewohnheiten ! Weiter. «Herr der Gezeiten» mit Nick Nolte und Barbra Streisand. Schwülstiges Psychodrama mit viel Liebe und vielen Problemen, aber mit einem herrlichen Happy End, das keines ist. Zu diesem Thema ein andermal mehr. Eines meiner Lieblingsthemen. Das Video darf jedenfalls bleiben. Nächstes. «Titanic». Ein Grenzfall. Ob Paul den Film wohl mochte? Könnte ich mir schon vorstellen. Aber er war sicher nicht so bescheuert, ihn sich viermal im Kino anzusehen und dann auch noch das Video zu kaufen. Also lieber weg damit. Es bleiben noch akzeptable Filme wie «Einer flog übers Kuckucksnest»,«Thelma und Louise» und «Die fabelhafte Welt der Amélie».
     
    Weiter geht’s bei den Büchern. Die komplette obere Reihe meines riesigen Bücherregals gehört in den Keller. Paul denkt doch, ich hätte mich emotional nie von meiner Kindheit gelöst, wenn er «Hanni und Nanni», «Dolly» 1   –   20, alle Bände von «Bille und Zottel» und die gesammelten Abenteuer der «Fünf Freunde» entdeckt. Ganz zu schweigen von «Pumuckl». Und die «Lurchi»-Bücher müssen ebenfalls weg, auch wenn ich sie als Kind so sehr geliebt habe. Ich bin jetzt 28 und erwachsen. Ich packe auch gleich noch die gesamte Reihe an dtv-Junior-Bänden mit in die Kellerkiste. Kann mich noch an jede einzelne der pädagogisch wertvollen Problemgeschichten erinnern, aber das tut nichts zur Sache.
    Die große Lücke in meiner Bücherwand fülle ich mit meinen Uni-Büchern, die sich normalerweise in Stapeln rund um meinen Arbeitsplatz im Schlafzimmer türmen. «Prototypensemantik», das hört sich doch intellektuell an, «Geschichte der Deutschen Literatur» ebenfalls, und die rororo-Monographien von Kafka, Kleist, Hesse, Goethe, Heine und so weiter machen sich auch ganz gut. Nicht, dass ich sie alle gelesen hätte, aber das spielt keine Rolle   … Einen halben Meter Regal kann ich mit gelben Reclam-Heftchen füllen. Sehr gut. Dann noch die Reisebücher. Sieht aus, als wäre ich schon weit rumgekommen: Fast ganz Europa ist vertreten, außerdem Australien, Neuseeland, Südamerika, Thailand und Alaska. Die letzten fünf sind ausschließlich Wunschziele von mir, sollte mein Kontostand mal mehr als drei Tage lang die 100 0-Euro -Grenze überschreiten oder ich endlich mit dem Studium fertig sein. Bin gespannt, was zuerst eintritt.
     
    Als die Bücheranordnung geklärt ist, verteile ich noch einige ausgesuchte Souvenirs im Wohnzimmer: eine leere Dose Krefelder,meine Mini-Whisky-Sammlung aus Schottland, die antike englische Silberteekanne (Paul liebt England, erwähnte ich das bereits?) und das wertvolle Schachbrett samt Figuren, das mir mein Opa zu meinem zehnten Geburtstag schenkte. Bisher habe ich es immer als Untersetzer für meine Sammlung diverser hochprozentiger Alkoholika verwendet. Die verschwinden bis auf eine Flasche Wodka Absolut und einen teuren Portwein ebenfalls im Keller. Paul soll ja nicht denken, ich hätte ein Alkoholproblem.
    Ganz am Schluss platziere ich die 1000   Seiten dicke Biographie von Thomas Mann wie zufällig auf dem Couchtisch und betrachte mein Werk. Perfekt. Fast. Die Biographie sieht definitiv zu ungelesen aus. Also Hände eincremen, Buch ein paar Mal kräftig durchblättern. Eselsohren hineinmachen und wieder glätten. Und dann den Einmerker auf Seite 780.   Super. Stopp – ich habe die CDs vergessen. Auch sehr wichtig. Hier beschränke ich mich aufs Ausmisten, entferne sämtliche Bravo-Hits aus dem Regal, ebenso müssen Kuschelrock, Heart Rock und die «Leichte Klassik» dran glauben. Alles andere ist vertretbar.
     
    Während ich mein perfekt vorbereitetes Wohnzimmer so betrachte, beschleicht mich der Gedanke, dass ich vielleicht durch das Entfernen diverser Stofftiere, DVDs, Bücher, Flaschen und CDs eine falsche Persönlichkeit suggerieren könnte. Ich bin halt so, ich spreche mit meinen Plüschtieren, ich liebe «Titanic», hänge an meinen Kinder-Pferdebüchern und habe sie gerne um mich, ich trinke öfter mal Alkohol und höre nicht nur coole, intelligente, zeitgemäße Musik. Wenn Paul mich nicht so mag, wie ich bin, ist das dann eine gesunde Basis für eine Beziehung? Doch ich schiebe den Gedanken schnell wieder beiseite. Es geht hier (noch?) nicht um eine Beziehung, sondern erst mal um einen schönen Abend zu zweit und eine lange, heiße Nacht. Oh,

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