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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
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endlich eine ganze Nacht. Was ich alles mit ihm anstellen werde in dieser Nacht. Bin ich eigentlich pervers, weil ich so oft –beim U-Bahn -Fahren, im Auto, abends vor dem Einschlafen, im Hörsaal (ähem) oder wenn Stefan Raab mal wieder nicht wirklich witzig ist und Harald Schmidt noch nicht angefangen hat – an Paul und den Sex mit ihm denke? Ein klein wenig besessen vielleicht? Am meisten liebe ich diesen Moment, wenn wir noch im Flur stehen und uns küssen, atemlos, wie verdurstend. Wenn ich seinen Pulsschlag hören kann und seinen fast verwunderten Gesichtsausdruck sehe. Wenn ich nicht weiß, wohin mit meinen Händen, weil ich ihn am liebsten überall gleichzeitig anfassen würde. Wenn ich dann meine Hände unter sein T-Shirt schiebe und merke, wie er die Luft anhält, während ich seine Haut berühre. Wenn ich weiß, dass er mir jetzt am liebsten die Kleider vom Leib reißen und mich auf der Stelle auf der Kommode im Flur nehmen würde, sich aber zurückhält, weil dieser Moment so schön ist. Wenn ich mich an ihn dränge und spüre, wie hart er schon ist   … Stopp. Wenn ich so weiterträume, halte ich es nicht mehr bis morgen Abend aus!
     
    Hilfe! Es ist schon 14   Uhr, und ich muss noch in die StaBi, mich auf das Gespräch mit meiner Professorin vorbereiten! Bin schon unterwegs.
     
    Auf dem Weg ins Uni-Viertel muss ich an meinen «Mantel ohne was drunter»-Test denken. Hm, ich habe das kein zweites Mal probiert. Ob Paul darauf abfährt? Immerhin hat mir dieser Test damals ein Kaffee-Date mit Stefan (genau: einsneunzig groß, H& M-Model -Typ, wuschelige Haare und ein sehr freches Grinsen) versaut. Für irgendetwas muss dieser Selbstversuch doch gut gewesen sein. Sollte ich es wagen und Paul morgen im Mantel, nur im Mantel, die Tür öffnen? Er könnte mich allerdings für bekloppt halten, wenn ich in meiner gut geheizten Wohnung Winterkleidung trage. Vielleicht kommt es dann gar nicht dazu, dass er herausfindet, wie wenig ich darunter anhabe, weil er vorher «Ichglaubichhabdieherdplatteangelassen»murmelnd das Weite sucht. Ich warte doch lieber noch ein bisschen damit. Dann habe ich wenigstens einen Grund, mir einen hübschen Sommermantel zu kaufen.
     
    Schade, Stefan war heute gar nicht da. Und das, wo ich anständige Unterwäsche trage! Obwohl   … Wenn ich mich recht erinnere, habe ich heute in der mir eigenen Stilsicherheit einen rosa geblümten Slip, den ich aus Versehen mal mit einer neuen dunkelblauen Jeans zusammen gewaschen habe, mit einem grautransparenten BH kombiniert. Aber woher weiß Stefan das?
    Ich habe ein paar weiterführende Bücher für meine Magisterarbeit gefunden und mir eine Menge wichtig aussehender Notizen gemacht. Auf zu Frau Professor.

DONNERSTAG, 16.   JANUAR 2003 – SECHS WÖRTER STATT SEXY WORTEN ODER WARUM ICH WIEN HASSE
    Mist. Verdammter Mist. Ich befinde mich in der blödesten Situation, in der eine bis über beide Ohren verliebte Frau sich befinden kann. Ich habe ein Date mit dem Mann meiner Träume, meine Wohnung ist perfekt auf sein Kommen vorbereitet, das Bett ist frisch bezogen – und es sind da zwei kleine Probleme aufgetreten.
    Problem Nummer eins: meine Magisterarbeit. Unmissverständlich machte mir meine Professorin gestern klar, dass sie bis morgen Vormittag das fertige Exposé meiner Arbeit auf ihrem Tisch haben will. Ansonsten könne sie mir nicht garantieren, meine Arbeit weiter zu betreuen.
     
    «Wie stellen Sie sich das vor, Frau Sandmann?», wollte sie wissen. Ihr Tonfall klang nicht besonders kooperativ. «Wir haben Mitte Januar. Abgabetermin ist Ende März, und Sie haben bisher…» Sie blätterte kurz in ihren Notizen. Als wüsste sie nicht auswendig, wie viel ich bisher geschrieben habe. «…   Sie haben bisher ganze sieben Seiten zu Papier gebracht.» Immerhin, wollte ich aufmucken, doch sie kam mir zuvor: «Sieben Seiten Literaturangaben. Sieben Seiten   – Sekundärliteratur.» Hörte ich da einen leichten Vorwurf aus ihrer Stimme? Ich schlürfte einen Schluck bitteren, kalten Kaffee aus der Diddl-Tasse «Beste Kollegin der Welt». Ich hasse Diddl-Tassen. Ich hasse dieses verstaubte, altmodische Institut für Literaturwissenschaften. Ich hasse das Büro meiner Professorin, in dem es immer kalt ist und nach alten Büchern muffelt. Ich hasse mich und meine Schlamperei, weil ich diese verflixte Magisterarbeit nicht gebacken kriege. Mit 28   Jahren haben andere Frauen schon zwei Studiengänge abgeschlossen, drei Jahre lang gearbeitet,

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