Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anette Göttlicher
Vom Netzwerk:
Quality-Street-Bonbondose vor ihm zu verstecken, du würdest nicht mehr jeden Tag einen hübschen Slip anziehen, sondern wieder auf die ausgeleierten Liebestöter aus deiner Teenagerzeit zurückgreifen, weil die leichter zu waschen sind.
     
    «Hey, Marie, ich hab dich was gefragt!», unterbricht Vroni meine trüben, aber beruhigenden Gedanken.
    «Äh, ’tschuldige, ich habe gerade nicht zugehört   …»
    «Sollen wir Fußball hören? Dann such doch mal bitte Bayern 1, wir sind gleich an der Grenze, müssten wir schon reinkriegen.»
    Hurra. Eine Aufgabe. Ich liebe es, am frühen Samstagnachmittag Fußball zu hören. Ein Relikt aus meiner Beziehung zu Max. Überall hatte er sein kleines Twix-Radio dabei, das ich mal als Werbegeschenk bekommen hatte. Und wenn wir uns Samstag ab 15   Uhr 30 zufällig im Auto befanden, konnte ich Musikhören vergessen und lauschte stattdessen aufgeregten Kommentatoren aus dem Olympiastadion oder dem Betzenberg. Mit der Zeit fand ich Gefallen daran, und heute höre ich freiwillig die Samstagsspiele im Radio. Auch ohne Max.
     
    «Wiesinger von links außen auf Lauth, schööööööööne Flanke, Lauth alleine vor dem Tor der Wolfsburger, könnte schießen, wo ist denn der Verteidiger? Könnte immer noch schießen, schiiiiießt – ouuuuuh, knapp drüber, das waren höchstens fünf Meter! Ah, ich höre gerade – Tor in München! Wir schalten live in die Landeshauptstadt!», tönt es aus dem Autoradio. Wir lauschen dem Spielgeschehen und diskutieren die Meisterchancen der Bayern, die Abstiegsgefahr für Nürnberg und sind uns einig, dass Jens Lehmann von Dortmund ein unsympathischer Schönling ist. Mädels, ich sag’s euch, Fußball macht richtig Spaß. Angenehmer Nebeneffekt: Im Gegensatz zu Studieninhalten, Abfahrtszeiten der U-Bahn , Geburtstagen von Freunden oder sonstigen Dingen von Bedeutung bleiben fußballerische Inhalte mühelos in weiblichen Gehirnen hängen. In meinem zumindest. Und mit nichts kann man Männer mehr beeindrucken als mit beiläufig eingestreutem Fußballwissen. «Kurt Jara, klar, aber der ist ja auch schon seit dem 4.   Oktober 2001 beim HSV   …» – «Ich glaube schon, dass Haching dieses Jahr wieder aufsteigt. Sie haben ja jetzt schon acht Punkte Abstand zum Tabellendritten.» Und so weiter. Okay, es funktioniert nur bei Männern, die sich für Fußball interessieren. Aber lasst euch eines gesagt sein – Männern, die Fußball langweilig und doof finden, sollte man mit dem gleichen Misstrauen begegnen wie denen, die nicht gerne Bier trinken. Meistens ist irgendwas faul an ihnen. Ich spreche aus Erfahrung.
     
    Gegen 18   Uhr, alle Fußballspiele sind längst abgepfiffen und die Ergebnisse zufrieden stellend (Bayern gewinnt, Sechzig spielt nur unentschieden), kommen wir wieder in Neuhausen an. «Tja dann, schön war’s, bis morgen!», sage ich und freue mich a) auf meine Badewanne mit Wella-Himbeerkugeln, b) auf einen Teller Nudeln mit Thunfischsauce und c) auf ein gemütliches Wegdämmern vor dem Fernseher. Doch ich habe meine Rechnung ohne Vroni gemacht.
    «Nix da, der Abend ist noch jung. Du holst mich um 20   Uhr ab, und dann probieren wir diese neue Kneipe um die Ecke aus, okay?»
    «Aber ich bin so müde   …»
    «Jetzt stell dich nicht an. Du willst doch nicht, dass ich heute Abend depressiv vor der Glotze sitze? Denk dran – in violetten Sitzgruppen   …»
    «…   bringen sich die Leute um, ja, ja!» Loriot kommt mir jetzt gar nicht gelegen. Das ist emotionale Erpressung. Aber gut. Lebt wohl, Himbeerkugeln, adieu, Thunfischsauce, ein andermal, Fernseher.

SAMSTAG, 25.   JANUAR 2003 – HIP JEANS
    Mal wieder richtig ausgehen. Von Kneipe zu Kneipe ziehen, trinken, lachen, tanzen, Spaß haben. Hört sich gut an – und sollte mir helfen, nicht andauernd über Paul, Paul-der-sich-seit-neun-Tagen-nicht-gemeldet-hat, nachzugrübeln, denke ich mir an diesem schönen Samstagnachmittag und stimme begeistert zu. Beate, Vroni, Marlene und ich wollen heute einen draufmachen. Wenn sich schon in punkto Männern nichts tut (Beate hat momentan kaum Streit mit ihrem Herzblatt und langweilt sich ein bisschen in ihrer Beziehung), wollen wir uns wenigstens ablenken und so tun, als würden wir das Leben genießen. Vielleicht lässt sich die Stimmung von dieser Täuschung ja überlisten, und es wird tatsächlich ein schöner Abend.
    Ich muss nur noch schnell einen Text fertig schreiben, ein bisschen aufräumen, mir etwas zu essen kochen, meine Mutter

Weitere Kostenlose Bücher