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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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obwohl du ebensogut weißt wie ich, daß nur einer von ihnen durchtrieben genug ist, einen so teuflischen Plan zu ersinnen. Ransome ist ein Handlanger, aber er ist kein Bösewicht.«
    »Wenn du das veröffentlichst, wird dann mein Onkel angeklagt werden?« Diese Möglichkeit erfüllte sie mit neuem Entsetzen. »Es ist alles so unglaublich scheußlich!«
    Raventhorne lachte. »Du mußt noch viel lernen, meine naive Amerikanerin! Du mußt zum Beispiel lernen, wie die blinde Gerechtigkeit in Indien funktioniert! Bei Verbrechen können nur englische Richter das Urteil sprechen – und kein Engländer, sei er nun Richter oder Polizeibeamter, wird zulassen, daß die Ungeheuerlichkeit eines Gerichtsverfahrens einem Mitglied seines Clubs zugemutet wird. Slocum wird mit Zustimmung der gesamten europäischen Gemeinschaft alles tun, um die Angelegenheit so diskret wie möglich zu vertuschen. Es wird nur noch darum gehen, einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, und dein Onkel genießt dabei das uneingeschränkte Wohlwollen bei denen, auf die es ankommt. Wenn notwendig, wird der Gouverneur aufgefordert, zu intervenieren. Das Prinzip der Gerechtigkeit wird nicht verletzt, sondern nur in Kanäle geleitet, die die Gemeinschaft akzeptieren kann. Das Geständnis von Das wird man verächtlich abtun, als Fälschung proklamieren und schließlich zu den Akten legen. Alle werden sich darin einig sein, daß Kashinath Das schließlich nur ein schmutziger, einheimischer Opportunist und ein Lügner war, den man bestechen konnte, um dem in die Hand zu beißen, der ihn so lange gefüttert hat. Und man wird froh sein, daß Kalkutta von ihm befreit ist. Und falls man die Leiche findet, werden alle in Kalkutta erleichtert aufatmen und in der darauffolgenden Nacht besser schlafen, denn selbst schmutzige einheimische Opportunisten und Lügner sind durchtrieben genug, um aus dem Grab noch zu sprechen. Sie werden mich keineswegs verfolgen, sondern womöglich diskret loben. ›Endlich hat der infernalische Kala Kanta einmal etwas getan, um seine widerwärtige Existenz zu rechtfertigen‹, werden die Engländer hinter vorgehaltener Hand auf ihren Abenden bei Brandy und Zigarren flüstern. ›Trinken wir auf den Bastard, auch wenn er für seine Kragenweite etwas zu groß geworden ist.‹« Er holte tief Luft und legte den Kopf auf die Stuhllehne. Er war erschöpft. Müde schloß er die Augen. »Um deinen Onkel mußt du dir keine Sorgen machen. Ich werde das Geständnis auch nicht veröffentlichen.«
    Zum ersten Mal hatte er so lange und so offen über etwas mit ihr gesprochen. Tränen standen Olivia in den Augen, weil seine Worte so bitter und so abgrundtief zynisch klangen. Aber sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Sie fand keine Worte, um seinen niederschmetternden Prophezeiungen zu widersprechen. Er lief wieder unruhig auf und ab. In hilflosem Schweigen sah sie ihm zu. Sie fühlte sich hin und her gerissen zwischen der Loyalität zu ihren Leuten und ihren Verwandten und zu diesem gejagten Mann, an den sie sich mit Leib und Seele gebunden hatte.
    »Für mich zählt nur Arvind«, erklärte Jai gepreßt, »er kennt natürlich die Wahrheit. Und die anderen – Slocum hat bereits eine Kopie der Aussage, ebenso Ransome und dein Onkel. Wie auch immer sie in der Öffentlichkeit auftreten werden, insgeheim werden sie schwitzen, denn nur Arvind weiß, daß Das tot ist und seiner Aussage so oder so nichts hinzufügen kann.«
    »Und die beglaubigten und beschworenen Zeugenaussagen?« fragte Olivia leise, »was wird aus ihnen?«
    Er lächelte belustigt. »Vermutlich sind sie nicht mehr beglaubigt und beschworen …« Er griff nach einem der Blätter, die auf dem Bett lagen, und sagte: »Ein Geldverleiher hat nur Achtung vor der Buchhaltung und natürlich vor Quittungen. Die ›Zeugen‹ hat er bequemerweise mit Geld vom Templewood-Konto bezahlt, und wie es seinem natürlichen Instinkt entsprach, hat Kashinath Das sich von den ›Zeugen‹ den Betrag quittieren lassen.« Er warf das Blatt verächtlich aufs Bett. »Nicht einmal Barnabus Slocum kann diesen himmelschreienden Gestank in den Duft von Rosen verwandeln!«
    Es fiel ihr schwer, seine Verachtung nicht zu teilen, seinen Zorn nicht zu unterstützen, aber Olivia wiegte trotzdem nachdenklich den Kopf. »Der Tod des alten Mannes war nicht beabsichtigt, Jai …«
    »Er war kein Mann, Olivia, sondern ein Eingeborener ! Und jeder Engländer wird dir sagen, bei den vielen, die es hier gibt, kommt es auf einen

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