Wer Liebe verspricht
ins Ohr. Im Rausch der köstlichen Folter stieß und bewegte er sich in solch unsagbarer Heftigkeit, daß sie aufschrie. Wieder verschloß er ihr den Mund mit seinen Lippen. In ihrem Kopf explodierten Sonnen und blendeten sie mit ihrem Glanz. Sie vermochte den Ansturm der Gefühle und Empfindungen nicht länger zu ertragen und brach in Tränen aus.
Angsterfüllt keuchte er: »Was habe ich getan? Habe ich dich verletzt? War ich zu brutal? O mein Gott, ich bin ein Tier …« Von Reue zerknirscht, bedeckte er sie mit Küssen, schloß sie in seine Arme und wiegte sie. »Weine nicht, um Himmels willen, weine nicht. Ich kann es nicht ertragen …!«
Schwach, in Schweiß gebadet und völlig erschöpft schüttelte Olivia den Kopf. Er machte sich noch immer leise Vorwürfe, preßte sie klagend an sich und umhüllte sie mit seiner stummen, aber genauso beredten Liebe! Allmählich beruhigte sich ihr Atem. Der Friede stellte sich wieder ein und mit ihm eine unaussprechliche Zufriedenheit. Jetzt war ihr Leben wirklich vollkommen. Sie wollte nicht mehr – nichts. Wortlos und unfähig zu sprechen, legte sie ihm den Kopf auf die Schulter. Der Augenblick des Schweigens wurde zu einer Ewigkeit köstlicher Vollkommenheit. Dann ließ er sie los, legte sich zurück, verschränkte die Finger unter dem Kopf und schloß die Augen. An die schweißnasse Schulter gelehnt beobachtete sie das wieder ruhige Heben und Senken seiner Brust. Sie zeichnete mit dem Finger zärtliche Muster über dem Herz und lächelte froh. Plötzlich drang durch ihre unbestimmten Gedanken eine klare und schmerzliche Vorstellung. Sie wand sich unter der Eifersucht, runzelte die Stirn, aber schwieg.
»Stell deine Frage!«
Sie fuhr erschrocken zusammen. »Oh, ich habe vergessen, daß du mit geschlossenen Augen sehen kannst«, murmelte sie, betroffen darüber, daß er sie wieder einmal überrascht hatte.
Der kreisende Finger auf seiner Brust hielt inne. Sie senkte den Kopf und wurde rot. »Wie viele andere haben mit dir hier auf diesem Bett gelegen?«
»Warum, bekümmert dich das?«
Erregt trommelte der Finger auf seiner Brust. »Ja, es bekümmert mich.«
Er lachte, setzte sich auf und schob sich ein Kissen in den Rücken. Dann zog er sie an sich. »Ich habe dich gewarnt. Ich habe nicht behauptet, ein Brahmachari zu sein.«
»Was ist ein Brahmachari?«
»Ein Mann, der das ist, was ich nie sein könnte, selbst wenn ich es wollte, wie du einmal festgestellt hast.« Er legte eine Hand um ihre Brust und küßte die Brustwarze. »Hat es dir nicht gefallen, daß ich es nicht bin?«
Sie wurde noch röter und drehte plötzlich verschämt den Kopf zur Seite. »Warum hast du dann Sujata weggeschickt?«
»Gibt es einen Stein in meinem Leben, den du nicht umdrehst? Ich habe sie weggeschickt, weil ich sie nicht mehr brauche.«
Olivia zuckte zusammen. »Wirst du das auch mit mir tun, wenn du mich nicht mehr brauchst?«
Er starrte sie plötzlich an und durch sie hindurch, als sei sie nicht mehr da. » Du wirst mich nicht mehr brauchen, Olivia«, sagte er ruhig. Er nahm die Kette mit dem Anhänger ab und legte sie ihr um. »Ich habe dir noch nie etwas gegeben, weil ich dir nichts geben kann, was nicht auch für mich einen Wert besitzt. Und so etwas gibt es nicht – mit dieser einen Ausnahme.« Sein Gesicht wirkte wieder schmerzlich berührt. »Es hat meiner … Mutter gehört.«
Sie spürte einen Kloß im Hals. Er hatte noch nie von seiner Mutter gesprochen! Die Bedeutung des Geschenks, das ungeheure Opfer, das sich damit verband, dieser heilige Augenblick taten ihr weh. Sie hob den Anhänger an die Lippen, küßte ihn und drückte ihn an die Wange. Sie war zu bewegt, um zu reden. Der Anhänger hatte die Form eines Kästchens, war schwer, aber hohl. An drei Seiten entdeckte sie einen hauchdünnen Spalt. Mit einem Fingernagel wollte sie das winzige Kästchen öffnen, aber er hinderte sie daran.
»Er gehörte meiner Mutter und darf nicht geöffnet werden – auch nicht von dir«, sagte er erregt und fügte aufgeregt hinzu: »Versprich mir das.«
Sie nickte. Fragen bestürmten sie, aber sie stellte sie nicht. Sie hatte von ihm in dieser Nacht Freude für ein ganzes Leben erhalten. Sie wollte nicht gierig mehr verlangen. Sie drehte den Kopf und küßte ihm beide Augen, die Nase, die geschwungenen Lippen. Ihr fehlten noch immer die Worte. Er hatte ihr einen Blick in seine innerste, persönliche Welt erlaubt, und sie hatte seine Liebe empfangen. O himmlischer Gott,
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