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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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Gesang wurde lauter, der Hahn flatterte irgendwo in der Ferne und krähte zornig. Dann trat Stille ein, und schließlich befahl ihr Kinjal ruhig, etwas zu trinken, das man ihr an die Lippen hielt.
    »Trinken Sie das.«
    Noch immer in der hypnotischen Trance gefangen, trank Olivia. Es war eine warme, rote und dünne Flüssigkeit – wie Blut. Aber ehe sie sich übergeben konnte, war sie eingeschlafen. Sie hörte nur noch Kinjals Worte: »Gut. Es ist geschehen. Morgen früh wird es so sein, als sei nichts gewesen …«
    Es ist geschehen.
    In ihren Schlaf drängten sich Träume und Phantasien wie flatternde und kriechende Insekten. Unbewußt und ungewollt suchte und fand ihre Hand den Anhänger um ihren Hals. Die durch die Berührung ausgelöste Erinnerung führte zu anderen: samtig zarte Finger auf ihren Wangen, seidig feuchte Lippen um ihre Brustwarzen, zärtliche Küsse streiften ihren Mund. Rauchgraue Augen, die wie Seen waren, überfluteten sie mit ihrer Pein, und in ihren Ohren hörte sie leise eine schattenhafte Stimme murmeln: Aber ja, ich liebe dich …
    Olivia schlief und schlief. Als sie erwachte, war sie in Tränen gebadet. Der Anhänger lag kalt wie Eis zwischen ihrem Kinn und einem Arm. Die Kette schnitt ihr ins Fleisch wie eine Anklage. Sie schlug die Augen auf und sah Kinjals Gesicht von Sonnenstrahlen umspielt. Kinjal sah sie zufrieden lächelnd an.
    »Gut! Bis heute abend wird das unerwünschte Anhängsel mit Ihrer normalen Monatsblutung abgehen. Dann wird der schädliche Tumor, der Sie um den Verstand zu bringen drohte, für immer verschwunden sein. Sind Sie jetzt erleichtert?«
    Unfähig zu sprechen, drehte Olivia den Kopf zur Wand und schloß fest die Augen.
    Was habe ich getan? Mein Gott, was habe ich getan …?
    Sie hatte willentlich den Teil von ihm zerstört, den er ihr gegeben hatte! Fleisch von seinem Fleisch, Blut von seinem Blut – wie klein seine Liebe für sie auch sein mochte, alles, auch das war nun vorbei. Mit blutendem Herzen nahm Olivia den Anhänger in die Hand, küßte ihn und begann, leise zu weinen.
    Kinjal beugte sich über sie und sah sie prüfend an. »Tränen?« rief sie überrascht. »Ich hoffe, Tränen der Erleichterung.« Als Olivia keine Antwort gab, sondern nur die Beine bis zum Kinn hochzog und das Gesicht in den Kissen vergrub, nahm Kinjal ihr Gesicht in beide Hände und zwang Olivia, sie anzusehen. »Ich vermute, Sie sind unglücklich, meine Freundin. Bedauern Sie vielleicht die Entscheidung von gestern? Olivia, sagen Sie mir die Wahrheit! Bedauern Sie es?«
    »Warum ist das jetzt noch wichtig?« murmelte Olivia und drehte das Gesicht wieder zur Seite. »Es ist vorbei. Es ist geschehen.«
    »Aber Sie wollten es doch so.« Die sonst sanfte Stimme klang hart.
    »Sie weinen unnütze Tränen, Olivia. Etwas in Liebe Erschaffenes wurde in Zorn ausgelöscht. Sie haben einer Laune geopfert, was als eine Sache von Leben und Tod hätte eingehend bedacht und geprüft werden sollen. Ich kann nicht rückgängig machen, was geschehen ist, Olivia. Sie müssen damit leben.«
    »Ich weiß, oh, ich weiß !« Kinjals Worte trafen Olivia wie Peitschenhiebe. Sie zuckte zusammen, drückte das Gesicht in die Kissen und überließ sich ihren Tränen. »Ich verstehe es, wenn Sie mich jetzt verachten, denn ich verachte mich selbst. Auch ich bin es nicht wert zu leben …«
    Diesmal brachte ihr Kinjal kein Mitgefühl entgegen und versuchte nicht, sie zu trösten. Sie hörte Olivias Selbstanklagen mit strenger Teilnahmslosigkeit an. Erst als der Tränenstrom versiegte und Olivia sich stumm ihrer Seelenqual überließ, fragte Kinjal: »Sie lieben Jai immer noch?«
    Olivia durchlief ein Schauer. »Wie kann ich das nicht, Kinjal?« rief sie, »wie kann ich das nicht? Er ist ein Teil von mir. Er ist in mir, überall um mich herum – ständig, jede Minute, jede Sekunde. Und wenn es nicht so ist, dann nur deshalb, weil ich tot bin wie sein Kind, das ich so gefühllos umgebracht habe.«
    Kinjal setzte sich zu ihr auf das Bett und fragte sanft: »Lieben Sie Jai immer noch genug, um sein Kind zu wollen?« Olivia gab keine Antwort, aber ihr gequältes Gesicht sprach deutlich genug. »Und ist Ihre Liebe groß genug, daß Sie auch die Schande ertragen können, den Bastard eines Bastards als Kind zu haben?«
    Olivia zuckte bei diesen Worten zusammen, die ihre eigenen gewesen waren. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht …« Sie schlug die Hände vor das Gesicht, setzte sich auf und

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