Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
Vom Netzwerk:
wieder in der Armenian Street gefunden und an Bord der Queen of Norway getragen. Das Schiff sei inzwischen auf dem Weg zur Flußmündung. Olivia hatte ohne Freddies Wissen einen Brief an seine Mutter in den Handkoffer gelegt. »Liebe Lady Birkhurst«, hatte sie förmlich geschrieben, »mit Bedauern teile ich Ihnen mit, daß meine Ehrenpflicht Ihrer Familie gegenüber unbeglichen bleibt. Es ist mir auch nicht gelungen, Ihrem Sohn die Rettung zu bringen, die Sie von mir erwartet haben, und die ich zu leichtfertig versprochen habe …«
    Erst sehr viel später wurde Olivia eine andere Ironie des Schicksals bewußt: Sie war jetzt Lady Birkhurst.

Sechzehntes Kapitel
    Jetzt hielt sie nichts mehr in Indien.
    Olivia schob ihr Versagen energisch beiseite und schwor sich, nur noch in die Zukunft zu blicken. Sie hatte sich Mühe gegeben – o Gott, wie sehr hatte sie sich bemüht! –, aber kein Mensch konnte gegen eine so unlösbare Konstellation der Sterne ankämpfen und gewinnen. Ihr Schicksal, Freddies Schicksal und ihre Schwächen hatten sich gemeinsam gegen sie verschworen. Aber bis jetzt war Olivias Leben in Indien wie ein Banjanbaum mit vielen, vielen Luftwurzeln gewesen, die sie an den Boden fesselten. Und nun war sie plötzlich wunderbarerweise frei und konnte ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Sie konnte jederzeit nach Hause zurückkehren! Im Glücksgefühl dieser nicht geforderten und nicht erträumten Freiheit genoß sie das Leben. Reue, Schuld und Bedauern waren ein für allemal überwunden. Jetzt sah sie Freddies Abreise in einem völlig neuen Licht und mit so großer Erleichterung, daß sie sich beinahe schämte. Energisch verbannte sie die Vergangenheit. Selbst der Schock über das, was sie im Haus ihres Onkels begriffen hatte, beunruhigte sie nicht mehr. Es war nicht mehr wichtig. Es war nicht ihr Geheimnis, über das sie sich große Sorgen machen mußte. Das sollten die Betroffenen tun!
    Olivia ließ nur soviel Zeit verstreichen, wie der Anstand erforderte, ehe sie Willie Donaldson bat, eine Fahrt nach Hawaii zu buchen.
    Freddies überstürzte Abreise und der Anlaß dazu bescherte ihr den unvermeidlichen Besucherstrom. Mit Belustigung stellte sie fest, daß die Herren erschienen und aufrichtig ihr Beileid bekundeten, aber die Damen grün vor Neid ihren Ärger nur schlecht tarnten.
    »Was für ein tragischer Verlust, meine liebe Olivia!« Mrs.Smithers, die sich einst ihre Charlotte als künftige Lady Birkhurst in den Kopf gesetzt hatte, konnte ihre Wut kaum verbergen. »Aber wir müssen auch die gute Seite sehen, nicht wahr? Jemand muß sterben, bis ein Titel vererbt werden kann. So ist es doch?«
    »Richtig!« stimmte ihr Mrs.Cleghorne eifrig zu, die für ihre Marie ähnliche Absichten gehegt hatte, und betupfte sich die Augen. »Und welches Glück, einen Titel zu haben, wenn man noch so jung ist! Meine Schwägerin war fünfzig, bevor ihr Schwiegervater auch nur einmal nieste und sieben undfünfzig, als er schließlich starb. Meine Liebe, als er beschloß, den letzten Atemzug zu tun, waren sie beinahe im Armenhaus gelandet.«
    »Nun ja, für die liebe, liebe Olivia bestand nie die Gefahr, im Armenhaus zu landen.« Millie Humphries verglich insgeheim das prächtige Palais mit ihrem eher schäbigen Arztbungalow und glühte vor Neid.
    »Das Armenhaus für Olivia?« rief Arabelle, die alte Jungfer, und putzte sich die Nase, »warum sollte das liebe Mädchen über das Meer gefahren sein, wenn sie dieses Schicksal vor sich gesehen hat? Das ist ja zum Lachen!«
    Olivia lächelte gelassen, bot den Damen immer wieder Tee, Kuchen und Appetithäppchen an und spielte die perfekte Gastgeberin. Sie fragte sich nur im stillen, ob die Damen überhaupt ahnten, wie wenig ihre Spitzen sie berührten.
    »Hören Sie nicht auf diese Hyänen, Kleines. Sie können nichts als geifern und klatschen«, sagte Cornelia Donaldson, als alle gegangen waren, und drückte ihr mitfühlend die Hand.
    Olivia schüttelte die Unverschämtheiten mit einem Lachen ab. »Oh, die tun mir nichts. Da Freddie uns im nächsten Jahr in England erwartet, werde ich ohnehin nicht mehr lange hier sein.«
    Cornelia Donaldson sah sie aufrichtig betrübt an. »Mein Willie wird Sie vermissen, Liebes. Er gibt es vielleicht nicht zu, der alte Brummbär, aber er wird Sie sehr im Kontor vermissen.«
    Olivia war gerührt. »Oh, aber eines Tages kommen wir vielleicht doch zurück.« Das war natürlich eine Lüge. »Aber zunächst einmal kommen Sie zur Taufe,

Weitere Kostenlose Bücher