Wer Liebe verspricht
vernachlässigt hat. Und sie kann sich daranmachen, etwas von dem Scherbenhaufen zu beseitigen, den sie hinterlassen hat!«
Nicht zum ersten Mal spürte Ransome etwas von Olivias Bitterkeit – der unaufhörlich brodelnde Zorn schien dicht unter ihrer Haut zu liegen und hin und wieder wie ein eiterndes Geschwür aufzubrechen. Nun ja, sie hatte genug Gründe dafür. Ohne ihre Schlagfertigkeit, Klarsicht und entschlossene Art hätte der Skandal ihre Welt noch mehr zerstört. Dafür hatte Ransome Verständnis, aber trotzdem verwirrte ihn vieles an Olivia. Diskret wie immer entschloß er sich jedoch zu schweigen und ihr keine weiteren Fragen zu stellen.
Olivia wußte sehr wohl, daß ihre kühnen Worte eine Lüge waren. Sie wäre keineswegs in der Lage, Estelle hier willkommen zu heißen. Und die Rückkehr ihrer Cousine erfüllte sie aus mehr als einem Grund mit Angst. »Eine schnellere Abreise, Eure Ladyschaft?« fragte Willie Donaldson sie erstaunt am nächsten Morgen. »Gibt es einen besonderen Grund für die plötzliche Änderung Ihrer Pläne?«
»Nein. Je früher wir abreisen, desto schneller sind wir bei seiner Lordschaft in London.«
Das verstand und billigte Donaldson. »Ach ja. Richtig. Gut, ich werde mich erkundigen, aber ich bezweifle, daß eine frühe Abreise möglich sein wird.« Er schüttelte den kantigen Kopf. »Wie ich höre, trifft Miss Templewood in Kürze als Mrs.Sturges aus England hier ein? Das wird doch Eure Ladyschaft sicher sehr freuen!«
Es überraschte Olivia nicht im geringsten, daß die Nachricht sich so schnell verbreitet hatte. Sie kannte Estelles Fähigkeit, Informationen zu verteilen, und ahnte, daß ihre Cousine bereits Hinz und Kunz geschrieben hatte. Sie staunte wieder einmal über Estelles Unverfrorenheit – es ging nicht darum, was sie ihren Freundinnen vermutlich schrieb, sondern um das, was sie nicht erwähnte! »O ja«, erwiderte sie knapp. »Übrigens, Mr.Donaldson, wie stehen Ihre Verhandlungen mit diesem Amerikaner, der mein Haus mieten möchte?«
Donaldson sah sie bedrückt an. »Ach ja«, er seufzte, »sein Agent hier erklärt, dem Mann gefällt das Haus, und ein Fünfjahresvertrag ist ihm recht.« Er kämpfte einen Augenblick mit sich und fügte dann tief besorgt hinzu: »Aber ist es wirklich klug, das Palais diesem unbekannten Baumwollfarmer zu überlassen? Wahrscheinlich ist er ein ungehobelter Bauer, der Glas nicht von Kristall unterscheiden kann. Ich will damit natürlich nichts gegen Ihr Land sagen, Mädchen.« In seinem Kummer vergaß er alle Formalitäten und redete wieder wie üblich mit ihr. »Schließlich werden alle Wertsachen im Haus einmal Amos gehören. Vielleicht wird er ja in Indien leben wollen.«
Olivia verstand sehr wohl, daß die drastischen Veränderungen in einer Familie, der er viele Jahrzehnte treu gedient hatte, Willie Donaldson unsagbaren Kummer bereiteten. Im ersten Augenblick wußte sie nicht, was sie erwidern sollte. Es tat ihr leid, daß selbst dieser anständige Mann auf die eine oder andere Weise leiden würde. »In unserer Abwesenheit, Mr.Donaldson, werden alle wertvollen Dinge weggeschlossen«, sagte sie beruhigend, »ich werde alles in den Tresoren aufbewahren, zu denen nur Sie die Schlüssel haben, bis … unsere Pläne für die Zukunft feststehen.« Sie machte Donaldson falsche Hoffnungen – weder sie, noch Freddie, noch Amos, besonders nicht Amos! – würden jemals nach Indien zurückkommen und in dem Palais wohnen. »Also handeln Sie bitte mit dem Agenten die Einzelheiten des Mietvertrags aus. Und jetzt …«
Sie sprachen über andere Dinge, die vor ihrer Abreise mit der Lulubelle – wenn sich kein anderes Schiff fand – geklärt werden mußten. Freddies Großzügigkeit ihr gegenüber kannte keine Grenzen, wie sich an allen Maßnahmen zeigte, die er für ihr Auskommen getroffen hatte. Olivia wollte aber unter keinen Umständen etwas vom Reichtum der Birkhursts annehmen. Donaldson gegenüber erwähnte sie das nicht. Er hätte es nicht verstanden, und es gab keinen Grund, ihn noch mehr zu betrüben. Als sie bereits gehen wollte, kam er zögernd und verlegen noch auf ein anderes Thema zu sprechen.
»Man erzählt sich im Basar, daß Eure Ladyschaft … hm … ja … Templewood und Ransome finanziell unterstützt …«
»Ja, das stimmt.« Sie legte ungerührt wichtige Papiere in den Handkoffer, die sie zu Hause in Ruhe durchlesen wollte.
»Ich habe auch etwas erfahren, was ich nicht glauben kann … Hm, ich kann
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