Wer Liebe verspricht
Rückkehr aus Assam nicht mehr hier anzutreffen. Mach dich nicht noch einmal lächerlich, indem du mich unter einem läppischen Vorwand aufsuchst.« Eine kühle Brise vom Fluß drang in das Zimmer, aber das weiße Musselinhemd klebte schweißnaß an seinem Körper. Der Schweiß rann ihm über den Rücken, aber er hatte sich so gut unter Kontrolle, daß seine Stimme ruhig klang.
»Weshalb? Macht es dich nervös, mich zu sehen?«
»Nein, mir wird übel davon. Und jetzt siehst du auch noch wie eine Hure aus.«
»Ach? Weil ich Freddies Schmuck und seinen Titel trage und sein Kind bekomme?« Sie lachte. »Du kennst doch bestimmt die Vorrechte, die ein Leben als Hure mit sich bringen kann?«
»Ja, die kenne ich. Aber ich habe viele Huren getroffen, die mich nicht angewidert haben.« Es kostete ihn große Mühe, die Beherrschung nicht doch noch zu verlieren. »Ich warne dich, Olivia. Mische dich nicht in Angelegenheiten, die mehr verlangen als deine billigen Tricks. Und an deiner Stelle würde ich auch keine dummen Spielchen spielen, wenn du keine Ahnung davon hast, wie man sie gewinnt.«
Sie erhob sich schließlich. »Wenn du Farrowsham schadest, dann werde ich mich rächen, und zwar so, wie es mir meine ›billigen Tricks‹ erlauben. Deine Drohungen können mich nicht mehr einschüchtern, Jai Raventhorne.« Sie ging durch das Zimmer und blieb an der Tür mit der Hand auf der Klinke stehen. »Ach, ich hätte es beinahe vergessen!« Um keinen Zweifel an dem Grund ihres Besuchs zu lassen, nannte sie ihn noch einmal klar und deutlich. »Ich weiß, was du von der Daffodil haben möchtest. Und ich verspreche dir, du wirst es nie bekommen – es sei denn, zu meinen Bedingungen. Wer weiß? Vielleicht habe auch ich einen Schwur geleistet und erfülle so oder so mein Schicksal.«
Sie verließ das Büro und schlug die Tür heftig hinter sich zu. Kein Mensch in den Büros von Trident konnte den lauten Knall nicht gehört haben. Der letzte Blick auf sein Gesicht belohnte sie jedoch am meisten, denn er hatte nicht damit gerechnet, daß sie sich noch einmal umdrehen würde. Er war verwundet. Und Olivia war mit dem Ergebnis dieses Tages zufrieden.
*
Noch immer in dieser kämpferischen Stimmung erhielt sie die erste Post von Freddie. Aber als sie seinen kurzen und bewußt unpersönlichen Brief las, verließ Olivia der Mut, und sie war wieder niedergeschlagen. Freddies wenige Worte konnten sie nicht täuschen. Hinter den oberflächlichen, unbeholfenen Sätzen und zwischen den Worten spürte sie den unausgesprochenen Schmerz. Es schien, als habe Freddie die Feder in sein Herz getaucht und den Brief mit seinem Blut geschrieben. Und dann ließ er in den letzten Sätzen seiner Qual freien Lauf. »Ich träume, daß ich eines Morgens, wenn ich es am allerwenigsten erwarte, die Augen aufschlagen werde und Du mit einer Tasse Tee an meinem Bett stehst. Das träume ich, Olivia, ich hoffe es inbrünstig, und ich bete darum, aber in der Tiefe meines Herzens weiß ich, es wird niemals geschehen …«
Amos erwähnte er nicht.
Olivia weinte. Sie teilte seine Qual über die Meere und Kontinente hinweg und verwünschte ihre Unfähigkeit, ihm zu helfen. Auch seine Mutter hatte ihr geschrieben. »Freddie sagt mir kein Wort. Aber ich fürchte, er hat Dich verloren, und ich bin untröstlich. Du schreibst, daß Du versagt hast. Vielleicht ist es ein Versagen, das uns allen gemeinsam ist. Meine Enttäuschung ist groß, aber ich bin Frau genug zu verstehen, daß Dein Schicksal nicht in Deinen Händen lag. Ich finde mich nun damit ab, daß dieser schreckliche Cousin eines Tages Farrowsham und den Titel bekommen wird. Es ist eine schlimme Vorstellung, die mich noch immer schmerzt – besonders, weil es früher dazu kommen kann, als ich befürchtet habe. Freddie trinkt hemmungslos …«
Olivia schlug die Hände vor das Gesicht und überließ sich ihrem Kummer. Sie hatte weder Freddie noch ihre Schwiegermutter über die Schwangerschaft informiert. So, wie ihre Sterne standen, drohte ständig das Unheil. Olivia brachte es nicht über sich, erst Hoffnungen zu wecken, um sie dann wieder zu zerstören. Möglicherweise hatten sie es bereits von anderen erfahren. Es gab genug Klatschsüchtige in der Stadt, und Peter Barstow war erst vor kurzem nach England abgereist. Er würde die Neuigkeit den Birkhursts bestimmt bald berichten. Wie auch immer, Olivia hoffte sehr und betete darum, sie würden es erst erfahren, wenn keine bittere Enttäuschung mehr zu
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