Wer Liebe verspricht
Kleid gesehen. Auf dem Rasen hinter dem Bungalow wurde unter einem riesigen Baldachin ein hölzerner Tanzboden gelegt. Für die Militärkapelle, die den ganzen Abend spielen sollte, hatte man ein Podium gezimmert.
In der ungewollten und undankbaren Rolle als Vermittlerin versuchte Olivia, so gerecht wie möglich zu bleiben. Aber das war nicht immer einfach. Im stillen sympathisierte sie oft mit ihrer Tante, doch in einem Punkt stand sie entschlossen auf der Seite ihrer verwöhnten Cousine. »Für Estelle ist der achtzehnte Geburtstag der wichtigste Tag im Leben, Tante Bridget«, sagte sie, nachdem Estelle gerade wieder einmal in Tränen ausgebrochen war. »Könntest du nicht ein paar Zugeständnisse machen und ihr erlauben einzuladen, wen sie möchte?«
Tante Bridget erwiderte kühl: »Polly Drummond ist ein gewöhnliches, dummes Ding, und ihre Mutter ist nicht besser als eine …« Sie sprach das Wort nicht aus. »Und ich habe bereits Zugeständnisse gemacht. Dieser Dave Crichton ist ein Cockney und ein Schmierenkomödiant, der nicht einmal richtiges Englisch spricht und schreckliche Manieren hat. Jeder weiß, daß sein Vater in Whitechapel Hundekämpfe veranstaltet. Er hat nicht einmal ein ordentliches Geschäft, und das ist weiß Gott schlimm genug! Trotzdem ist er eingeladen, oder etwa nicht?«
»Doch. Aber Polly ist nun einmal Estelles beste Freundin, und auch wenn Mrs.Drummond sich, nun ja, zu sehr zurechtmacht, so ist sie doch nicht völlig uninteressant.«
Olivias Feststellung rief bissige Bemerkungen über die Nutzlosigkeit eines reizvollen Äußeren bei inneren moralischen Mängeln hervor. Aber schließlich gab Lady Bridget nach, wenn auch vielleicht aus reiner Erschöpfung. Sir Joshua war der einzige Mensch im Haus, der erfolgreich vermied, sich in die mühsamen Vorbereitungen hineinziehen zu lassen. Lady Bridget beklagte sich bitter über seine ständige, für ihn sehr praktische Abwesenheit von zu Hause, aber da sie ihn ohnehin nie fand, wenn sie ihn suchte, hörte er auch diese Beschwerden nicht. Einmal erschien sie jedoch frühmorgens in seinem Arbeitszimmer mit einer langen Liste von Fragen und verlangte auf der Stelle Antworten.
»Ich habe zerstoßenes Eis bestellt, Josh, für das Sorbet und den Weißwein. Weißt du noch, die Bassetts haben ihren Wein warm serviert und sich damit ganz schön blamiert. Wieviel werden wir wohl brauchen, zwei Man, was meinst du?« Das Brummen, das hinter der Zeitung hervordrang, konnte alles bedeuten. Seine Frau beschloß jedoch, es als Bestätigung ihrer Schätzung zu deuten, und hakte auch diesen Punkt auf der Liste ordentlich ab. »Und ich habe hundert Diener zum Servieren angefordert. Glaubst du, das wird reichen?«
»Völlig, Liebes.« Hätte sie zwei oder zweitausend gesagt, wäre seine Antwort vermutlich nicht anders ausgefallen.
»Wirst du deinen maronenfarbigen oder den marineblauen Rock tragen? Ich habe für alle Fälle beide bürsten und bügeln lassen.«
»Gut.«
»Und du mußt mir verraten –«, sie holte tief Luft und runzelte die Stirn, »was trinken diese eingeborenen Fürsten? Verstößt es nicht gegen ihre Religion oder so etwas, wenn sie Alkohol trinken?«
Zum ersten Mal schenkte ihr Sir Joshua seine volle Aufmerksamkeit.
»Soweit ich weiß«, sagte er, legte die Zeitung beiseite und dachte nach, »schätzt Arvind Singh einen guten Scotch ebenso wie jeder vernünftige Mann. Stell den Glenmorangie für ihn beiseite, ja? Es ist kein alter Whisky, aber Willie Donaldson empfiehlt ihn sehr. Man hat mich davon in Kenntnis gesetzt, daß Seine Hoheit mit einem Gefolge von fünfundzwanzig Personen kommen wird. Das Rindfleisch werden sie natürlich nicht anrühren, ebensowenig wie das Schweinefleisch. Laß einen separaten Tisch für sie herrichten mit viel Fisch, Geflügel und Gemüse.«
Lady Bridgets Lippen wurden schmal und verrieten ihre Mißbilligung. »Was für ein albernes Getue, Josh! Je mehr du sie in ihren Eigenarten bestärkst, desto mehr steigt es ihnen zu Kopf.«
Sir Joshua wandte sich wieder der Zeitung zu. »Arvind Singh ist eine Investition, Bridget. Gib dich damit zufrieden.«
»Und dieser Das, der eitle, aufgeblasene Schnösel?«
Sir Joshua wurde wieder nachdenklich und spielte mit seinem Bart, während er aus dem Fenster blickte. »Wenn man einen Affen fangen will, Liebes, muß man jedes Mittel benutzen, das einem zur Verfügung steht«, sagte er leise. »Das Fest ist ein Mittel, nicht mehr und nicht weniger. Außerdem ist er
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